Cyril Ramaphosa und Donald Trump bei einem Treffen im Weißen Haus.

Stand: 21.11.2025 14:22 Uhr

Der G20-Gipfel am Wochenende in Johannesburg findet ohne Trump statt. Dessen Regierung ist seit Monaten mit Südafrika zerstritten. Möglicherweise liegt im Fortbleiben des unberechenbaren US-Präsidenten aber auch eine Chance.


Nina Barth

„Südafrika empfängt seine Gäste mit offenen Armen“, heißt es in einem Werbespot für den G20-Gipfel, der zurzeit im US-Fernsehen läuft. Doch bei der US-Regierung war jegliches Werben vergeblich: Es ist der erste G20-Gipfel in Afrika – und es ist der erste G20-Gipfel, an dem die USA nicht teilnehmen.

US-Präsident Donald Trump erklärt: „Schauen Sie sich an, was in Südafrika passiert. Ich fahre da nicht hin, ich werde unser Land da nicht repräsentieren.“ Und auf einer Veranstaltung Anfang des Monats ergänzt er noch, Südafrika solle noch nicht mal mehr Teil der G20 sein. Es sei übel, was da passiert sei.

Unbelegte Behauptungen

Trump behauptet, in Südafrika würden Weiße diskriminiert, es fänden Menschenrechtsverletzungen statt, sogar ein Genozid an Weißen, gegen den die südafrikanische Regierung nichts unternehme. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass an Trumps Vorwürfen etwas dran ist. Es ist ein Narrativ, das seit Jahren auch von rechten Kreisen in den USA bedient wird, um Ängste der weißen Bevölkerung politisch zu nutzen.

Die USA haben sogar schon weiße Landbesitzer aus Südafrika unter dem Flüchtlingsstatus aufgenommen. Sie sollten die Möglichkeit haben, der Gewalt zu entfliehen, erklärt Trump im Mai. Von der südafrikanischen Regierung kommt Kritik.

Vor Kurzem erklärten die USA außerdem, insgesamt nur noch bis zu 7.500 Flüchtlinge im Jahr aufzunehmen. Dabei sollen Südafrikaner bevorzugt behandelt werden.

Beziehungsstatus: Eiszeit

Das Verhältnis beider Länder ist an einem Tiefpunkt angelangt. Im März wiesen die USA den südafrikanischen Botschafter nach Kritik an den USA aus. Bei einem Besuch von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa im Weißen Haus führte Trump ihn öffentlich vor. Die USA kritisieren Südafrika auch wegen seiner Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof, in der Südafrika Israel Völkermord im Gazastreifen vorwirft.

US-Präsident Trump nimmt Politik oft persönlich. Und so ist Robin Brooks, Experte für globale Wirtschaft und Entwicklung von der Denkfabrik Brookings, über den US-Boykott des Gipfels nicht überrascht. Südafrika gehöre offensichtlich zu den Ländern, von denen sich die USA brüskiert fühlten, so Brooks gegenüber der ARD.

Unmittelbare Konsequenzen für den G20-Gipfel sieht er durch die Absage der USA nicht. Das Multilaterale habe im vergangenen Jahrzehnt sehr gelitten, so Brooks. In der globalen Wirtschaftskrise seien die G20-Gipfel ausschlaggebend gewesen. Aber das sei inzwischen hinfällig. Die Länder zögen sich global zurück.

„Ich meine: Wenn die Amerikaner tatsächlich an diesem Gipfel teilnehmen würden, würde sich dann am Ergebnis groß etwas ändern? Nein, weil das globale Umfeld eben ein ganz anders ist.“ Aber das Signal, das durch diesen Boykott gesendet werde, sei natürlich noch mal eine Nummer stärker.

Einigung ohne USA möglicherweise leichter

„Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit“ ist das Motto des Gipfels – Themen, für die es keine schnelle Lösung gibt. Darum sieht auch Joshua Rovner, Politikwissenschaftler und Außenpolitikexperte von der American University in Washington, durch den US-Boykott keine direkten Auswirkungen auf das G20-Treffen:

Die Ironie ist: Wenn die Probleme kleiner wären, würde es einen großen Unterschied machen, wenn die USA nicht teilnehmen. So macht es keinen großen Unterschied.

Joshua Rovner, American University in Washington

Möglicherweise sei es ohne die USA sogar einfacher, zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung zu kommen, so Rovner. Trump wolle mit der Absage offensichtlich auch einmal mehr die Unberechenbarkeit der USA demonstrieren, ergänzt er.

„Er mag es, für andere Länder unberechenbar zu sein, dass sie sich nie sicher sein können, wie stark sich die USA wirklich engagieren.“ Das gelte nicht nur für die G20, sondern auch für Verbündete in Asien und Europa. Aus Trumps Sicht sei das gut. Sie sollten ruhig ein bisschen nervös sein wegen Trump und den USA, so Rovner.

Schuldenerlass – „Europäer könnten Signal senden“

Für Robin Brooks von der Denkfabrik Brookings beinhaltet die Abwesenheit der USA aber auch eine Chance für die Europäer. Dieser G20-Gipfel sei eine Möglichkeit für Europa, die Länder daran zu erinnern, dass Europa auch ein wichtiger Standort sei.

Es sei eine Gelegenheit für Europa, ein bisschen aufzutrumpfen. Als Beispiel nennt Brooks: „Was die afrikanischen Länder vor allem brauchen, ist Schuldenerlass. Und ich glaube, da könnte von der europäischen Seite sicherlich ein Signal gesendet werden.“

Nächster Gipfel im Trump-Ressort

So wenig Interesse die Amerikaner in diesem Jahr am G20-Gipfel zeigen, so groß wird es im kommenden Jahr sein. Denn dann richten die USA den Gipfel aus, in Miami in einem von Trumps Golf-Ressorts.

Das sei für den US-Präsidenten sicher kein Problem, sagt Brooks. Er habe ja schon öfter gezeigt, dass er kein Problem damit habe, Reden zu halten vor Institutionen, die er nicht besonders achte.

Für Trump werde der G20-Gipfel in den USA eine weitere Gelegenheit sein, noch eine Rede zu halten und die Errungenschaften seiner Präsidentschaft vorzutragen. „Aber dass da irgendwie ein multilateraler Ansatz gestartet wird, da ist die Wahrscheinlichkeit gleich Null.“

Politikwissenschaftler Rovner betont, man müsse unterscheiden zwischen einem G20-Gipfel als Treffen internationaler Staats- und Regierungschefs zur Koordinierung der globalen Politik und einem G20-Gipfel als Besuch einer Gruppe von Staats- und Regierungschefs bei Donald Trump in Florida. Aus Trumps Sicht handele es sich ganz klar um Letzteres.