Manchmal geht doch schneller als man denkt. Obwohl es 2017 so aussah, als ob das Projekt scheitern würde, erfolgte im Mai 2023 der erste Spatenstich für das neue Werk der Deutschen Aircraft. Hier soll, in der Nähe des Flughafens Halle-Leipzig, ab 2026 das neue Regionalflugzeug „D328eco“ gebaut werden. Ende 2025 beginnt das Recruiting für die Arbeitskräfte, obwohl eigentlich ist es schon in vollem Gange. Dazu später mehr. Wir nahmen also gern das Gesprächsangebot von Seiten des Unternehmens an und stellten einige Fragen.

Am 12. November trafen wir uns zu einem Zoom-Interview mit dem Standortleiter für Leipzig Sebastian Böhnl und der Personalleiterin für Oberpfaffenhofen und Leipzig, Juliane Finke. Zwei Tage später, am 14. November, fand das Richtfest für die neue Endmontagelinie (Final Assembly Line, FAL) statt.

Richtfest FAL - Gruppenbild mit allen Teilnehmern. Foto: Deutsche AircraftRichtfest FAL – Gruppenbild mit allen Teilnehmern. Foto: Deutsche Aircraft

Über die Notwendigkeit eines neuen Flugzeugtyps und des Flugverkehrs im Allgemeinen lässt sich trefflich streiten, wir haben uns auf die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und den Baufortschritt konzentriert.

Baufortschritt

Die Stützen stehen, die Dächer sind drauf und fast geschlossen, jetzt werden die Außenschalen montiert. In den nächsten Monaten wird das Equipment geliefert, es wird eingerüstet und im Januar wird mit den ersten Leuten das Equipment in Betrieb genommen und getestet. Ab Dezember beginnt der Aufbau der Logistik. So berichtete uns Sebastian Böhnl. Wie geht es jetzt weiter?

Gesprächspartner Sebastian Böhnl. Foto: Deutsche AircraftGesprächspartner Sebastian Böhnl. Foto: Deutsche Aircraft

„Das Gebäude wird April, Mai komplett fertig sein. Das heißt, dort ist dann der letzte Baum gepflanzt, das letzte Gartentor steht. Es wird ein automatisiertes Logistikzentrum neuer Art, das muss man natürlich auch in Betrieb nehmen, aufbauen, et cetera. Da muss viel Aufwand betrieben werden, aber wir haben gesagt: Wir machen das parallel und haben das auch gut abgestimmt. Wir wollen Risiken minimieren, nicht dass wir am Ende ein Gebäude stehen haben und dann feststellen: Da fehlt irgendwo noch eine Steckdose.“

Solaranlagen kommen auf die Dächer und das Office-Gebäude bekommt ein Gründach. Momentan prüft die Firma noch, welche Kapazitäten ins Netz eingespeist werden können und ist dazu mit dem Energieversorger und dem Flughafen in der Abstimmung.

Baustelle FAL. Foto: Deutsche AircraftBaustelle FAL. Foto: Deutsche Aircraft
Personalaufbau

Parallel dazu geht jetzt auch das Mitarbeiter-Recruiting los, wir fragten Juliane Finke nach dem Stand der Dinge.

„Wir haben aber eigentlich schon viel früher beim Recruiting angefangen, die ersten Mitarbeiter für Leipzig werden schon ausgebildet. Das sind Azubis, die wir im Großraum Leipzig rekrutiert haben. Diese werden bei uns in Oberpfaffenhofen zu Fluggerätemechanikern ausgebildet werden und haben im nächsten Jahr ihre Prüfung. Dann kommen sie als fertige Absolventen ihrer Fachausbildung nach Leipzig.

Wir haben aktuell Ausschreibungen laufen, insbesondere für unsere Produktionslinie und auch einzelne administrative Positionen. Im Bereich Logistik haben wir schon Mitarbeiter vor Ort. Wir starten 2026 mit einer kleinen Kernmannschaft von acht bis zehn Leuten, bauen diese bis Mitte des Jahres auf etwa 50 auf und dann geht der Aufbau sukzessive über die nächsten Jahre weiter.“

Gesprächspartnerin Juliane Finke. Foto: Deutsche AircraftGesprächspartnerin Juliane Finke. Foto: Deutsche Aircraft

Wie der Aufbau vonstattengeht, dazu sagte Frau Finke:

„Der Personalaufbau findet über die nächsten Jahre statt. Wir gehen momentan davon aus, dass wir 2028/29, um die 300 Leute sein werden. Wir müssen mit unserer Organisation den Aufbau verdauen und wollen eine Mannschaft bilden, die sich miteinander wohlfühlt und Qualität liefert. Wir werden eine Kernmannschaft haben und auch eine gewisse Flexibilisierung von etwa 10 Prozent, die bei Spitzen dazu kommen. Dafür werden wir auch mit lokalen Arbeitnehmer-Überlassungsfirmen zusammenarbeiten.

Der gesamte Qualifizierungsbereich und die Personalsuche soll in Leipzig und Umgebung stattfinden. In der Region Sachsen haben wir wenig Flugzeugfachkräfte. Das heißt, wir setzen darauf, dass wir interessierte Fachkräfte aus anderen Industrien, qualifizieren. Da werden wir verschiedene Konzepte entwickeln und wollen dann mit diesen motivierten neuen Mitarbeitern in unserer Industrie tätig sein.“

Die Qualifizierungen werden vier bis fünf Monate dauern. Eine Frage war selbstverständlich, ob wieder mal die gesamte Führungsmannschaft aus den alten Bundesländern kommen wird. Dazu sagte Frau Finke:

„Wir wollen Leute finden, die einen Bezug zu der Region haben, die auch wirklich hier leben, oder herziehen und leben wollen. Wir bringen keine fertige Management-Mannschaft mit, das wollen wir nicht, sondern wir wollen wirklich etwas Eigenes schaffen, mit einer eigenen Identifikation.“

Herr Böhnl ergänzte: „Wir wollen keine Mitarbeitenden ‚auf der Durchreise‘. Unsere Prämisse war schon immer: Wir wollen in der Region Leute suchen und dort so sozial verankern, mit Freunden, Familie etc., dass sie auch bleiben. Das sind die Mitarbeiter, die wir längerfristig brauchen.“

Sebastian Böhnl fügte noch hinzu, dass es auch Fachkräfte aus der Region gibt, die anderswo arbeiten und vielleicht gern zurückkommen würden.

Ausbildung

Wir fragten auch, ob die Deutsche Aircraft zukünftig am Standort ausbilden will. Dazu Sebastian Böhnl:

„Ich hatte in den letzten Jahren schon einige Runden, mit den örtlichen zuständigen Gemeinden, mit der Stadt Schkeuditz zusammen, mit der Berufsschule Schkeuditz, mit dem Kultusminister und anderen Beteiligten. Wir haben über Konzepte gesprochen, wie wir den Standort Mitteldeutschland zum Luftfahrtstandort aufbauen können. Das ist bedarf einer längeren Planung, das muss man verstehen. Es geht um Ausbildungsplätze, die etabliert werden müssen, das Kultusministerium muss das absegnen. Wir sprechen hier von fünf bis zehn Jahren, bis zu diesem Horizont muss man planen.

Für uns ist es wichtig, dass wir das in die Zukunft tragen wollen, es geht nicht nur um die Fluggerätemechaniker, sondern es bedarf hier auch der Umschulung, der Weiterbildungen und des Trainings von allem, was man luftfahrtrechtlich braucht. Wir wollen längerfristig mit der Gemeinde, dem Land Sachsen und natürlich Leipzig etwas aufbauen.“

Frau Finke ergänzte, dass es in Sachsen, mit den Elbe-Flugzeugwerken, schon einen Ausbildungsbetrieb gibt. Die Ausbildung am Standort Leipzig soll kein konkurrierendes, sondern ein ergänzendes Angebot darstellen.

Problemkind ÖPNV

Der Standort liegt zwischen zwei Autobahnen, auf den Bildern sind Parkplätze zu sehen und, wie die meisten wissen, ist die S-Bahn, mit der man den Standort erreichen kann, meist jetzt schon überfüllt. Wir fragten Herrn Böhnl, ob sich die Deutsche Aircraft für eine Verbesserung einsetzen wird.

Viele Parkplätze sind am FAL geplant. Grafik: Deutsche AircraftViele Parkplätze sind am FAL geplant. Grafik: Deutsche Aircraft

„Wir haben bereits mit der Stadt Leipzig und dem Landkreis gesprochen, wie wir die ÖPNV-Anbindung verbessern können. Das heißt, ob es eine Buslinie geben wird, oder die S-Bahn mehr Waggons bekommt. Ich fahre selber S-Bahn und bekomme das in den Stoßzeiten mit, ich kann es nachvollziehen. Wir sind im Gespräch, man muss aber leider sagen, dass die Bürokratie bei solchen Themen schwerfällig ist.

Für ein Verkehrskonzept braucht es erst ein Gutachten, wir sind natürlich schon dabei, aber das können nicht wir alleine treiben. Das heißt, das muss als Verbund passieren, es müssen sich die Firmen am Flughafen zusammentun. Für ein Verkehrskonzept und das Gutachten muss beispielsweise belegt werden, zu welchen Stoßzeiten es wie viele Personen gibt. Wir unterstützen das und wir bleiben auch dran.“

Fazit: Es werden neue und qualifizierte Arbeitsplätze, voraussichtlich auch Ausbildungsplätze, in der Region entstehen. Hoffentlich gibt es auch ein tragbares Konzept für den ÖPNV bis dahin, das wäre nicht nur für die künftigen Beschäftigten der Deutschen Aircraft erforderlich.