München – Schneeregen peitscht über den Eisbach in München, Gischt schäumt, Surfer in Neoprenanzügen harren am Ufer. Dort, wo sonst Jubel über die berühmteste stehende Welle Deutschlands hallte, dokumentiert ein Professor am Freitag jede Bewegung des Wassers – den Laptop auf den Knien, die Finger rot vor Kälte.

Professor Robert Meier-Staude, Strömungsmechaniker von der Hochschule München, könnte der Mann sein, der die verlorene Eisbachwelle zurückbringt. Seit der Bachauskehr im Herbst ist Münchens Wahrzeichen am Haus der Kunst verschwunden. Keine aufgebäumte Welle mehr – nur noch Schaum. Die Reinigung des Bachbetts, bei der laut Stadt Unrat, Ablagerungen und Sedimente entfernt wurden, ließ die Welle kollabieren. Warum genau, weiß bislang niemand.

Surfer führen mit verschiedenen Materialien eine Reihe von Versuchen an der Welle durch

Surfer führen mit verschiedenen Materialien eine Reihe von Versuchen an der Welle durch

Foto: Malin Wunderlich/dpa

Könnte Kies die Eisbachwelle zurückbringen?

Nun startet der Professor einen Versuch: Mit einem Gremium der Stadt, dem Surf Club München und weiteren Experten prüft Meier-Staude, ob Kies die Lösung sein könnte. Surfer werfen kleine Holzbretter ins Wasser – winzige Kicker an Seilen. Dort, wo sie eine Mini-Welle erzeugen, könnte künftig Schotter eingebracht werden. Entscheidend sei, „ob dieser Kies dort auch liegen bleibt“, sagt Martin Grün vom Surf Club München zur „tz“.

Die Forscher vereinen vor Ort Theorie und Praxis, um herauszufinden, wie sie die Welle retten könnten

Die Forscher vereinen vor Ort Theorie und Praxis, um herauszufinden, wie sie die Welle retten könnten

Foto: Malin Wunderlich/dpa

Forscher tüfteln stundenlang an der Welle

Stundenlang arbeiten die Forscher in der eisigen Gischt, Meier-Staude hält jede Veränderung fest. Nach zwei Stunden ein Moment, der Mut macht: ein Ansatz einer glatten Welle. „Wir hoffen, dass wir es mit Kies hinbekommen“, sagt ein Surfer der Zeitung.

Scheitern die Versuche, müsste man über technische Einbauten nachdenken. Doch die seien „wegen Denkmalschutz und Haftung schwierig“, so der Surfer. Eine technische Lösung sei aus Sicherheitsgründen aktuell wasserrechtlich nicht genehmigt, betont die Hochschule.

Mehr zum ThemaWissenschaftler aus Hamburg forschen an Labormodell

Während in München am Ufer getüftelt wird, läuft die Forschung in Hamburg im Warmen: An der Helmut-Schmidt-Universität untersucht Professor Mario Oertel die Eisbachwelle in einem 20 Meter langen Labormodell. Oertel prüft, wie sich Strömung und Wellenform verändern – und welche Maßnahmen die Welle sicher zurückbringen könnten.

Als die Eisbachwelle noch intakt war, standen Generationen von Surfbegeisterten, Einheimische und Touristen auf ihren Surfbrettern in der Strömung

Als die Eisbachwelle noch intakt war, standen Generationen von Surfbegeisterten, Einheimischen und Touristen auf ihren Surfbrettern in der Strömung

Foto: Peter Kneffel/dpa

Münchens OB Dieter Reiter betont seit Wochen, dass die Stadt „mit Hochdruck“ an einer Lösung arbeitet. Für viele ist die Eisbachwelle mehr als ein Surfspot – ein Stück Münchner Seele. Jetzt ist sie verschwunden, „weggeputzt“, sagen Surfer. Doch der Versuch des Professors macht Hoffnung. Vielleicht wird er am Ende tatsächlich der Held, der ihnen die Welle zurückbringt.