Galerie mit 27 Bildern: Ghost – Skeletour World Tour 2025 in Frankfurt
Sicher haben GHOST auch nicht vorhersehen können, dass Papst Franziskus versterben würde kurz vor Veröffentlichung ihres neuen Albums „Skeletá“ – das Timing hierfür könnte wohl ironischer nicht sein. Aber jetzt ist es nun mal passiert und die Band um den nunmehr nicht länger „emeritierten“ sondern nun also „ewigen“ Pontifex schickt ihr neues Album ins Rennen, den Nachfolger zum Chartbreaker „Impera“ und eine neue musikalische Inkarnation der Band um Tobias Forge. Introspektiver sollen die Texte dieses Mal ausgefallen sein, in der Presseinfo ist von einem Dialog mit dem eigenen Spiegelbild die Rede, von einem inneren Kampf gegen die Besessenheit und die eventuelle Einsicht der eigenen Blasphemie.
Das Timing für „Skeletá“ hätte kaum ironischer sein können
Musikalisch scheint man dagegen ein neues Zeitalter einläuten zu wollen, denn „Skeletá“ klingt so richtig massiv nach Achtziger-Worship. Der AOR ist vielleicht stärker als je zuvor, der „Square Hammer“ schwingt mächtig und prominent durch den Äther und der Papst und seine Ghule riechen so richtig intensiv nach Haarspray – Obacht vor offenem Feuer! Der Vorredner attestierte der Band zur Besprechung von „Impera“ bereits die vollendete Transformation in eine Arena-Band. Vor dem Hintergrund wirkt „Skeletá“ fast so, als wollten Forge und Co. genau diesen Aspekt ihrer Präsenz hervorheben und werfen so ziemlich alles in diese Waagschale. Der noch etwas trockenere, okkulte Rock zu „Meliora“-Zeiten scheint mittlerweile nur noch eine Randnotiz zu sein, die allenfalls mal kurz in „Lachryma“ oder „De Profundis Borealis“ und deren etwas Hard Rock-affineren Gitarren auftaucht.
Die GHOST-Inkarnation aus dem Jahr 2025 will definitiv vermehrt mit dem Herz gefühlt denn mit dem bloßen Ohr gehört werden. Bands wie NESTOR und THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA zeigten bereits, dass sich große Eighties-Arena-Gesten hervorragend durch skandinavische Melancholie aufwerten lassen. Davon schneiden sich Forge und Co. nun auch eine dicke Scheibe ab. Beseelt von den großen Vorbildern der Marke JOURNEY, STYX, ASIA und vielen anderen schlängelt sich ein kühler, blasphemischer AOR-Cocktail elegant aus den Boxen, der dank Forges Präsenz jedoch unmissverständlich dem schwedischen Vorzeigeketzern zuzuordnen ist – anno 2025 nur halt mit deutlich mehr Zucker und Haarspray.
Dabei überzeugen GHOST anno 2025 vor allem mit großem Eighties-Worship
Und erneut muss man GHOST einfach zugestehen, dass ihr Handwerk viel zu souverän ist, als dass man hier besonders viele Angriffspunkte für Kritik fernab der sehr offensichtlichen Eighties-Anbiederung finden kann. Und selbst diese macht sich diese Entität komplett zu eigenen und klingt trotz garantiert perfekt geföhnter Dauerwelle unter der Mitra doch vor allem nach GHOST. Man kann natürlich versuchen, sich dagegen zu wehren und jedes locker aus der Hüfte gezockte Riff wie den redensartlichen Groschen mehrfach umdrehen und vielleicht die etwas langatmige Power-Ballade „Guiding Lights“ ankreiden. Doch es hilft einfach wenig: Großartige, Klang gewordene Sahnetörtchen werden der Hörerschaft halt einfach unablässig in die Gehörgänge geschoben und irgendwann gibt die verbissene Verteidigung nach.
Der Opener „Peacefield“ umgarnt bereits die Herzen auf Empfängerseite und zwingt sie sanft aber bestimmt in die Knie. In „Cenotaph“ dürfen die Gitarren in geradezu sinnlicher Ekstase aufjauchzen, während spätestens „Marks Of The Evil One“ den Gnadenstoß setzt mit seinem eleganten Hüftschwinger-Rhythmus und einer Hook, die runter geht wie Öl. Anno 2025 ist diese Entität immer noch weit davon entfernt, die seelenlose Hitfabrik zu sein, die man Tobias Forge uns seinen untoten Rock-Legionären nur zu gerne unterstellen möchte. Während demnächst also ein neuer Papst in den Vatikan gewählt wird, zeigt sich Papa V Perpetua in unverändert guter, aufgeweckter Verfassung – und es ist wirklich schwer, „Skeletá“ laufen zu lassen und dabei nicht ein meterbreites Grinsen im Gesicht zu haben. Darauf ein Amen.