Standdatum: 22. November 2025.

Autorinnen und Autoren:
Immo Maus

Mit luftigen Höhen kennen sich Zimmermänner wie Gordon Osmers aus. Dieses Projekt ist aber besonders.

Bild: Radio Bremen

Im Tabakquartier entsteht aktuell ein Gebäude, das es so in Bremen kein zweites Mal gibt: Sieben Stockwerke, komplett aus Holz. Ein herausforderndes Projekt für alle Beteiligten.

Es gibt angenehmere Tage für einen Zimmermann, als bei nass-kaltem Novemberwetter in luftiger Höhe arbeiten zu müssen. Die gute Laune lässt sich Gordon Osmers aber nicht nehmen und setzt wieder den Akkuschrauber an. Wie viele Schrauben er hier schon versenkt hat? Er kann es nur grob schätzen: „Wir sind jetzt bei 12.000 Schrauben, von unten bis hier. Vielleicht auch 12.500“. „Von unten bis hier“ sind sieben Stockwerke.

Ein Zimmermann steht vor der Kamera und gibt ein Statement.

Seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitet Osmers als Zimmermann.

Bild: Radio Bremen

Der Zimmermann und seine Kollegen sägen und schrauben am finalen siebten Stockwerk des sogenannten Lighthouse. So nennt der Investor das mehr als 20 Meter hohe Bürogebäude, das in Bremen einzigartig sein wird. Gebaut komplett in Holzmassivbauweise. Decken, Wände, Böden – alles aus Holz. Nur das Treppenhaus und der Aufzugschaft wurden aus Brandschutzgründen klassisch mit Beton gefertigt.

Seit Monaten arbeitet Osmers auf der Baustelle in Woltmershausen und setzt Holzplatte auf Holzplatte, Stockwerk für Stockwerk. Seit mehr als 30 Jahren ist er schon Zimmermann und hat am Bau vieler Häuser mitgewirkt. Ein Gebäude wie dieses ist aber eine besondere Herausforderung, meint er. Für ihn als Zimmermann sei vor allem der erste Stock entscheidend gewesen. Werde dort bei den Höhen unsauber mit dem Holz gearbeitet, wirke sich das später auf die folgenden Stockwerke aus.

Dann haben wir ein Problem. Denn wenn eine Lunke drin ist, wird die von mal zu mal mehr. Also da muss man gewaltig aufpassen.

Gordon Osmers, Zimmermann

Holz ist für ihn der schönste aller Werkstoffe. Es freut ihn, dass er nun auch bei solchen Gebäuden verwendet wird. „Es muss ja nicht immer Beton sein“, so Osmers.

Schwierigkeiten beim Bau mit Holz

In einem unteren Stockwerk bespricht sich unterdessen Cora Becker mit dem Chef der Zimmerei, für die Gordon Osmers arbeitet. Becker ist seit Beginn an als Projektleiterin des Investors für den Bau verantwortlich. Der Investor ist das Unternehmen Justus Grosse. Es ist neben Zech und Meier einer der größten Immobilieninvestoren in Bremen.

Eine Frau hat einen Bauhelm auf.

Für die Projektleiterin Cora Becker ist der Bau verbunden mit einer großen Lernkurve.

Bild: Radio Bremen

So besonders dieses Gebäude auch sein mag, hinter Becker liegen Monate mit vielen Unwegbarkeiten. Ihr Arbeitgeber hat schon einige Bürogebäude gebaut, aber eben noch nie aus Holz. Man habe sich mit viel Optimismus an die Sache gemacht. „Die Herausforderungen haben sich dann eher so auf dem Weg ergeben“, erzählt Becker. Man habe lernen müssen, was der Unterschied sei zu einem Gebäude aus Beton, Stahl und Stein.

Grundsätzlich sind die ganzen DIN-Normen, die man zur Herstellung eines solchen Gebäudes braucht, für den Holzbau noch nicht ausgelegt. Wir haben erst relativ spät festgestellt, was uns da eigentlich noch alles so fehlt.

Cora Becker, Justus Grosse Real Estate

Diese unvorhersehbaren Komplikationen sind laut der Projektleiterin der Grund dafür, dass man den ursprünglichen Zeitplan nicht halten konnte. Beim Immobilienunternehmen Justus Grosse traut man sich daher momentan noch nicht, weitere Holz-Projekte dieser Größenordnung anzugehen. „Aber ich mache bei uns schon die ein oder andere Werbung intern, denn es hat auch Vorteile“, meint Cora Becker.

Ein Entwurf eines neuen Gebäudes im Tabakquartier.

Wenn alles fertig ist, soll das Gebäude so aussehen.

Bild: Justus Grosse

Sollten formale Hindernisse eines Tages beseitigt sein, steckt in Holz-Gebäuden grundsätzlich viel Potenzial. Sie sind nachhaltig und vor allem können sie schnell errichtet werden. Die Holz-Bauteile werden in einer Spezialfabrik bei Osnabrück maßgefertigt und auf der Baustelle nur noch zusammengebaut. Das spart Investoren Geld.

Bald ist es geschafft

Im kommenden Jahr soll der Bau mit 3.700 Metern Nutzfläche abgeschlossen sein. Dann zieht der Mieter von Justus Grosse ein: Das Kaffee- und Teeunternehmen JDE Peet’s wird hier seine Firmenzentrale mit 300 Mitarbeitern haben. Vom Holz wird man dann übrigens nicht mehr allzu viel sehen. Böden und Wände müssen verkleidet werden, auch eine Brandschutzvorgabe. Nur an den Decken bleibt die Holzoptik erhalten.

Zimmermann Gordon Osmers wird dann schon wieder auf einer anderen Baustelle den Akkuschrauber ansetzen. Er würde sich darüber freuen, sollte es noch mehr Holz-Häuser diesen Kalibers geben. „Meinetwegen können wir noch höher, aber dann im Sommer und nicht bei diesen Temperaturen.“ Er lacht herzlich, während der kalte Novemberwind durch die Balken pfeift. Aber dann geht es auch schon weiter mit dem Schrauber in der Hand: Osmers setzt die nächste 20-Zentimeter-Schraube an – und rein ins Holz.

Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 22. November 2025, 19:30 Uhr