„Guten Tag, mein Name ist Todt“
Dabei begegnet die 39-Jährige einem Thema mit Humor und Offenheit, das viele lieber meiden. „Spoiler: Alle sterben“, sagt sie trocken – und trifft damit einen Nerv. „Wir planen unser ganzes Leben durch. Nur halt das Ende nicht. Das ist so absurd.“
Wir planen unser ganzes Leben durch. Nur halt das Ende nicht. Das ist so absurd.
Anne Todt
Gute Reise – Bestattungen
Immer wieder erlebt Todt, wie überfordert Angehörige sind, wenn keine Wünsche hinterlassen wurden. Sie sagt: „Lasst uns über den Tod reden, so selbstverständlich wie über den nächsten Urlaub. Dann können wir besser trauern.“ Also versucht sie den Tod mit Leichtigkeit greifbarer zu machen und so vor ihm die Angst zu nehmen.
Lasst uns über den Tod reden, so selbstverständlich wie über den nächsten Urlaub.
Anne Todt
Gute Reise – Bestattungen
Morten, das Skelett mit Charme
Unterstützung in Sachen Leichtigkeit bekommt sie von Morten, dem Plüsch-Skelett. Auf Instagram klärt das Gerippe neuerdings einmal wöchentlich über Bestattung, Trauer und Tod auf: Darf man eine Urne mit nach Hause nehmen? Was darf eine Urne überhaupt sein? Ekeln sich Bestatter eigentlich?
Todt bezeichnet Morten als plüschgewordene Erinnerung, dass wir alle sterblich sind. „Der Tod ist jetzt nicht so grausam, da darf man durchaus auch drüber reden“, sagt sie. „Und Morten macht es mit Wissen und Witz“. Noch sind ihre Follower-Zahlen niedrig – Todt ist motiviert, sich eine Community aufzubauen.
Kein Job, sondern Berufung
Für Todt ist ihr Beruf mehr als ein Job – er ist Berufung. Mit 18 Jahren machte sie ein Praktikum bei einem Bestatter. Danach kam ein Studium und die Öffentlichkeitsarbeit am Theater. Nach der Corona-Pandemie reifte in ihr der Entschluss, Bestatterin zu werden. „Das ist die beste Entscheidung meines Lebens gewesen,“ sagt Anne Todt heute. Der Beruf habe Sinn und Mehrwert.
Sie spüre eine große Dankbarkeit, dass sie die letzte Person sei, die einen Menschen auf seine letzte große Reise schicke. Dankbarkeit, wenn sie dem Menschen noch einmal über die Wange streichelt oder ihm die Haare schön legt. Das sei es, was Bestattung ausmache, findet Anne Todt. „Den Menschen, egal ob er lebt oder verstorben ist, als solchen noch zu sehen und ihm die Würde zu erweisen, die er oder sie braucht.“
Den Menschen, egal ob er lebt oder verstorben ist, als solchen noch zu sehen und ihm die Würde zu erweisen, die er oder sie braucht.
Anne Todt
Gute Reise – Bestattungen
Eine Branche im Wandel: Mehr Frauen, mehr Auszubildende
Die Branche wandelt sich. Und der Beruf der Bestattungsfachkraft wird immer populärer. 2024 gab es laut Statistischem Bundesamt bundesweit 890 Auszubildende, so viele wie nie zuvor. Auch der Anteil der Frauen ist demnach gestiegen. So lag der Frauenanteil im vergangenen Jahr bei 57 Prozent, zehn Jahre zuvor waren es noch 45 Prozent.
Den größten Berufsschulstandort gibt es in Bad Kissingen (Bayern). Dort lernen Auszubildende aus 14 der 16 Bundesländer. Die Schülerzahlen seien nach 2018 jährlich deutlich gestiegen, hieß von Berufsschule. Sie hätten sich jetzt bei rund 600 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang eingependelt.
Auch die Formen der Bestattung ändern sich, werden immer individueller, wie Anne Todt erzählt. Bestattungswälder sind nichts Neues mehr. Aus der Asche der Verstorbenen Kristalle herstellen – auch das ist möglich. Oder Reerdigung – eine Form der Bestattung, bei der der Verstorbene in 40 Tagen zu Kompost wird. Theoretisch möglich, in Sachsen aber nicht gestattet.
Sächsisches Bestattungsgesetz
Das Gesetz (SächsBestG) regelt die Fristen und Abläufe von Bestattungen, wie die Frist von acht Tagen für die Erd- oder Einäscherungsbestattung (ohne Samstage, Sonn- und Feiertage). Zudem legt es die Ruhefristen für Gräber fest (zehn bzw. 20 Jahre). Es gilt eine Bestattungspflicht für die nächsten Angehörigen und es gibt Vorschriften bezüglich der Leichenschau und der Beisetzung der Asche innerhalb von sechs Monaten nach der Einäscherung.
Sächsische Bestattungsgesetz
Abschied mit Urne im Kleingarten
Neben veränderten Bestattungsformen, werden auch Trauerfeiern immer individueller. In Sachsen dürfen Verstorbene bis zu 24 Stunden zu Hause bleiben – Zeit, die Anne Todt bewusst mit den Angehörigen nutzen will. „Wir müssen nicht auf dem Friedhof feiern. Wir können ein Boot chartern oder in die Lieblingskneipe gehen. Wir können durchaus die Urne mit zur Abschiednahme in den Kleingarten nehmen“, erklärt Bestatterin Todt.
Wir müssen nicht auf dem Friedhof feiern. […] Wir können durchaus die Urne mit zur Abschiednahme in den Kleingarten nehmen.
Anne Todt
Gute Reise – Bestattungen