Der November könnte zum Monat der multikulturellen Entdeckungen werden. Jedenfalls erweckt das angekündigte Programm einiger Münchner Museen diesen Eindruck. Allen voran dieses Mal das Lenbachhaus. Los ging es gleich Anfang November mit der Ausstellung Leonore Mau und Haiti (bis 15. Februar 2026). Dorthin reiste in den Siebzigerjahren die deutsche Fotografin zusammen mit dem Schriftsteller Hubert Fichte. Die Reise war Teil eines langjährigen Rechercheprojekts zu afrodiasporischen Religionen.

Es war die Zeit der Diktatur von Jean-Claude „Baby Doc“ Duvalier. Es war aber auch die Zeit, in der man sich in Deutschland im Zuge der Esoterikwelle für Voodoo interessierte. Das Schweizer Künstlerkollektiv U5, das die Ausstellung kuratiert hat, stellt sich die Frage: Kann Leonore Maus Werk ein Bild von Haiti vermitteln, das nicht von Stereotypen geprägt ist? Mit „Out of Focus“ überführen U5 die Bilder Leonore Maus, die 2013 gestorben ist, in ein multimediales, sinnliches Environment.

Zum Ende des Monats wartet das Lenbachhaus dann mit der Ausstellung Lass uns spielen von Iman Issa auf (25. November bis 12. April). Die ägyptische, 1979 in Kairo geborene Künstlerin studierte zunächst Philosophie sowie Politik und arbeitete zu Beginn vorwiegend fotografisch. Heute sind Issas Arbeiten meist installativ. Ihre „Displays“, wie sie diese nennt, bestehen aus Texten, Fotos, Büchern, Videos und Objekten, die sich aufeinander beziehen. Damit hinterfragt sie ihre künstlerischen Arbeiten, die oft in Serien entstehen.

Es sind Fragen wie: Was ist ein Kunstwerk? Wie verhält sich ein Objekt oder ein Bild zu den Fragen seiner Zeit? Welche Rolle kommt Künstlerinnen und Künstler in ihrer jeweiligen Gegenwart zu? Klingt ein wenig theoretisch, aber der Titel „Lass uns spielen“ sollte für die nötige Leichtigkeit sorgen. Ebenso wie die Tatsache, dass Iman Issa für ihr Spiel mit Sehgewohnheiten Anfang des Jahres mit dem Ernst-Rietschel-Kunstpreis für Skulptur ausgezeichnet wurde.

Zwischen Haiti und Ägypten geht es nach Chile und zwar mit der Künstlerin Sandra Vásquez de la Horra und ihrer Ausstellung Soy Energía im Haus der Kunst. Die chilenische Künstlerin (Jahrgang 1967) vereint in ihrer Kunst transnationale und indigene Perspektiven. In ihr zeichnerisches und malerisches, aber auch filmisches und performatives Lebenswerk fließen Ereignisse, Geschichten, Riten und Glaubensvorstellungen ein, die ihre Ursprünge sowohl in ihrer Heimat Chile als auch in Deutschland haben, wo sie seit vielen Jahren lebt.

Ihre Werke sind oft gekennzeichnet von fabelhaften Mischwesen mit menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zügen und geprägt von ihrem Engagement für Selbstbestimmung, Frauen- und Menschenrechte. Erfahrungen von Verfolgung, Unterdrückung und Migration spielen dabei eine wesentliche Rolle. „Soy Energía“ ist die erste institutionelle Überblicksausstellung von Sandra Vásquez de la Horra in Europa. Sie hat am 14. November eröffnet und ist noch bis Mai kommenden Jahres im Haus der Kunst zu sehen.

Zwischen all diesen transnational geprägten Ausstellungen gibt aber auch noch eine Sache, die sich inzwischen zur festen Institution entwickelt hat: die Ausstellung Denkraum Deutschland in der Pinakothek der Moderne (noch bis 14. Dezember). Dieses Mal widmet sich der Denkraum Deutschland dem Thema „Ego, Kunst, Gesellschaft und das Ich“. Dazu gibt es in unserer selbstreflexiven Gesellschaft garantiert einiges zu sagen.

Und wer sich für Technik und Design interessiert, sollte auf keinen Fall die Schau Robotic Worlds der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne verpassen, die am 28. November beginnt, aber als Dauereinrichtung sehr, sehr lange läuft. Die Neue Sammlung verfügt nicht nur über wichtige Roboter, die als Pioniere für die Einführung der Robotik in Haushalten und im medizinischen Bereich gelten. Auch Gaming- und Spiele-Roboter sind im Bestand, zudem mehr als 400 Spielzeugroboter aus den Siebziger- bis Neunzigerjahren. Leihgaben wie lebensgroße Roboter der TU München richten den Blick in die Zukunft und ergänzen die Schau, die Teil Programms zum 100-jährigen Bestehen des Designmuseums ist.

Und sollte jemandem der Sinn nach Giganten anderer Art stehen: In der Archäologischen Staatssammlung ist seit 21. November (und bis Mai 2026) die Ausstellung Gladiatoren – Helden des Kolosseums zu sehen.