Berlin – Zehn Jahre ist es her, dass Europa Griechenland vor der Staatspleite retten musste. Heute wächst die Wirtschaft, die Schulden schrumpfen – Finanzminister Kyriakos Pierrakakis (42) kommt mit guten Nachrichten nach Berlin: Griechenland will im Dezember 5,29 Milliarden Euro Schulden vorzeitig zurückzahlen – 2,2 Milliarden davon an Deutschland.

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Griechenland hat noch immer die höchste Schuldenquote in der EU, aber das Land kommt schneller aus den roten Zahlen als gedacht. 2024 legte die griechische Wirtschaft um 2,3 Prozent zu, während das deutsche Bruttoinlandsprodukt im selben Jahr um 0,2 Prozent sank.

Währenddessen türmen sich in Deutschland die Schulden weiter auf. In den kommenden Jahren will die Bundesregierung Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe aufnehmen. Gleichzeitig steigen die Zinsen – doch die Steuereinnahmen stagnieren. Denn die Wirtschaft tritt auf der Stelle: Laut Jahresgutachten wächst das Bruttoinlandsprodukt 2025 nur um 0,2 Prozent, für 2026 erwarten die Experten 0,9 Prozent.

„Griechenland nicht mehr das Schmuddelkind“

Top-Ökonom Sebastian Dullien analysiert: „Griechenland profitiert ganz stark davon, dass es endlich nicht mehr als Schmuddelkind an den Finanzmärkten wahrgenommen wird.“ Es hole nach, was es in der Krise verloren habe: „Von niedrigerem Niveau lässt es sich einfach wachsen.“

▶︎ Deutschlands Problem sei die schwächelnde Auslandsnachfrage: „Als früherer Exportweltmeister leiden wir besonders unter Donald Trumps Zöllen und Chinas aggressiver Industriepolitik“, erklärt Dullien.

Aber: „Deutschland hat viel, viel niedrigere Schulden als Griechenland und auch deutlich niedrigere Schulden als alle anderen großen Industrieländer. Deutschland muss sich deshalb um seine Schuldentragfähigkeit keine Sorgen machen.“

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▶︎ Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, erklärt, warum der Vergleich der beiden Schuldenberge hinkt:

„Deutschland hat sich bei privaten Investoren verschuldet. Griechenland wurde während der Staatsschuldenkrise gerettet. Heißt: Der größte Teil der griechischen Staatsschulden besteht aus öffentlichen Krediten – vor allem vom Internationalen Währungsfonds und vom Rettungsfonds der EU. Das können Sie in keiner Weise mit Deutschlands Staatsschulden vergleichen.“

▶︎ Wirtschaftsprofessor Jan Schnellenbach sieht Griechenlands Aufschwung als Ergebnis harter Reformen: „Entsprechend wächst es jetzt auch robust und kann seine Schulden schnell reduzieren.“

Deutschland stehe keine große, akute Krise bevor. Aber: „Wir sind eher in einem langsamen Abstieg, was vielleicht noch gefährlicher ist.“ Es gebe auf absehbare Zeit nicht das „große Krisensignal“. Stattdessen „einen schleichenden Wohlfahrtsverlust, den die Politik leider weniger dringlich wahrnimmt als eine akute Krise“, warnt Schnellenbach.

▶︎ Griechenland habe seinen Bürgern schmerzhafte Reformen zugemutet, meint ifo-Präsident Clemens Fuest. Das verdiene Respekt. „In Deutschland werden Reformen auf die lange Bank geschoben“, so Fuest. Allerdings: Von einem Staatsbankrott, wie er Griechenland einst drohte, sei Deutschland „glücklicherweise weit entfernt“.