US-Präsident Donald Trump ist bekannt für seine Vorliebe für Spitznamen. Seit einer Weile gibt es bei ihm auch einen „drone guy“, einen Drohnen-Typen. Und der ist in diesen Tagen mit einer heiklen Aufgabe betraut: der diplomatischen Kommunikation zwischen den Parteien des Ukraine-Kriegs.

Eigentlich heißt der Mann Dan Driscoll. Als Secretary of the Army, vergleichbar mit einem Staatssekretär in Deutschland, ist er hauptsächlich zuständig für administrative Fragen, Personal, Budget und Materialanschaffung und -pflege beim US-Militär.

Anfang November kündigte Driscoll in seiner Funktion an, dass die US-Armee in den kommenden zwei bis drei Jahren mindestens eine Million Drohnen kaufen will und in den darauffolgenden Jahren zwischen einer halben und einer Million pro Jahr anschaffen könnte.

Donald Trump nennt ihn unter anderem deswegen seinen „drone guy“ – auch weil Driscoll wohl ein Faible für neue Technologien hat.

Ein Top-Verhandler im Ukraine-Krieg

In den vergangenen Tagen ist der ehemalige Investmentbanker darüber hinaus zu einem der Top-Verhandler der USA im Hinblick auf den Ukraine-Krieg geworden.

Am Donnerstag wurde Driscoll dann zum Überbringer schlechter Nachrichten. In Kiew überreichte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den 28-Punkte-Plan der US-Regierung.

Ukrainer, Europäer und Experten sahen darin eine Kapitulation gegenüber Moskau. In Genf konnte die US-Regierung an diesem Montag wohl dazu bewegt werden, den Plan zu verändern. Am Dienstag wurde bekannt, dass der Plan nun noch 19 Punkte haben soll.

Dan Driscoll (rechts) überbrachte am vergangenen Donnerstag dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj den 28-Punkte-Plan der US-Regierung.

© AFP/HANDOUT

In jedem Fall hat Driscoll in dieser Woche einiges zu tun. Seit Montag führt in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, Abu Dhabi, Gespräche mit dem Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes und einer russischen Delegation. Er soll zwischen den Kriegsparteien vermitteln.

Dass er eine derart herausgehobene diplomatische Stellung in einer so komplexen Situation bekommt, war dabei alles andere als vorgezeichnet.

Driscoll stammt aus einer militärisch geprägten Familie

Im Februar 2025 war Driscoll zum Secretary of the Army ernannt worden. Überraschend dabei: Er wurde mit großer parteiübergreifender Zustimmung ins Amt eingesetzt.

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Das ist keine Selbstverständlichkeit. Einer der Hauptkonfliktpunkte nach Trumps Amtsantritt im Januar war die Verteilung der Posten, bei denen der US-Präsident teilweise hochumstrittene Personalentscheidungen traf.

Driscoll kommt aus einer vom Militär geprägten Familie. Der Vater des 38-Jährigen kämpfte im Vietnamkrieg, der Großvater im Zweiten Weltkrieg. Er selbst war dreieinhalb Jahre beim Militär und wurde 2009 im Irak als Soldat eingesetzt.

Nach seiner Rückkehr studierte er Rechtswissenschaften an der Yale Law School, wo er den heutigen Vizepräsidenten, J.D. Vance, kennenlernte.

US-Vizepräsident J.D. Vance ging mit Dan Driscoll auf die Yale Law School.

© Getty Images via AFP/TASOS KATOPODIS

Schnell stellten sie fest, dass sie viel gemeinsam haben. Beide sind rund um die Appalachen aufgewachsen und kamen über das Militär an ihren Platz im Jurastudium. Sie gelten als befreundet, Driscoll soll Vance auch politischen Rat gegeben haben.

Für Driscolls Karriere könnte das gute Verhältnis zu Vance von Vorteil sein. Dem Vizepräsidenten dürfte er es zu verdanken haben, dass er nun zwischen Europäern und Ukrainern verhandelt. Vance selbst ist den Ukrainern gegenüber extrem kritisch eingestellt.

Unvergessen ist dessen Auftritt im Februar, als er Selenskyj im Weißen Haus vor der Weltöffentlichkeit Undankbarkeit vorwarf. Den Krieg will er – ebenso wie Trump – so schnell wie möglich beendet sehen.

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Mit Driscoll könnte Vance nun jemanden am Verhandlungstisch sitzen haben, der die Positionen des Vizepräsidenten vorträgt.

Der Secretary of the Army könnte folgerichtig somit den bisherigen Sondergesandten für die Ukraine, Keith Kellogg, ablösen. Der 81-Jährige wird sich Ende des Jahres von seiner Rolle komplett verabschieden, offiziell, weil seine Amtszeit dann endet.

Keith Kellogg wird noch bis Ende des Jahres US-Sondergesandter für die Ukraine sein.

© dpa/Boris Roessler

Kellogg gilt als Ukraine-freundlich, was der US-Regierung von Trump aufstößt. Allerdings hat sich auch Driscoll zuletzt anerkennend über die Ukraine geäußert, insbesondere mit Blick auf deren Innovationen auf dem Feld der Drohnen-Produktion.

Netzwerk und Arbeitsmoral

Doch scheint er nicht nur durch gute politische Kontakte seinen Weg nach oben zu gehen. Er gilt Medienberichten zufolge neben seiner Beziehung zu Vance zwar als gut vernetzt und beliebt im Weißen Haus. Doch soll das Berichten zufolge hauptsächlich mit Driscolls Arbeitsmoral und Kompetenz zusammenhängen, die auch von Trump selbst geschätzt werden soll.

Neben seiner Rolle als Verwalter von Vermögen und der riesigen zivilen und militärischen Belegschaft des US-Militärs, bekam er etwa zusätzlich den Posten des amtierenden Direktors des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives.

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„Dans Beziehung zu J.D. hat ihm sicherlich geholfen, den Job (beim Militär) zu bekommen, aber sein ganzer Erfolg beruht auf seinen Verdiensten“, sagte eine dem Weißen Haus nahe stehende Person dem US-Medium „Politico“.

Anerkennung aus dem Weißen Haus scheint in diesem Zusammenhang Driscolls Vorgesetzter immer weniger zu genießen: Verteidigungs- beziehungsweise Kriegsminister Pete Hegseth. Der ehemalige Fox-News-Moderator war in den ersten zehn Monaten seiner Amtszeit bereits in mehrere Skandale verwickelt.

Im März hatte er etwa einen Journalisten in eine Chat-Gruppe eingeladen, in der vertrauliche Informationen zur Planung amerikanischer Militärschläge ausgetauscht wurden.

Zweifel an Hegseths Stellung in der US-Regierung

Dass nun ein ihm Untergebener und nicht er selbst eine so zentrale Rolle einnimmt, sät Zweifel an seiner Stellung innerhalb der US-Regierung – gerade bei der für Trumps Agenda so wichtigen Lösung des Ukraine-Kriegs.

„Es gibt nicht viel Vertrauen in Hegseth, diese Botschaften an die wichtigsten Führungskräfte zu übermitteln“, sagte eine anonyme Quelle, die sich mit Vorgängen in der Regierung gut auskennt, gegenüber „Politico“. „Es gibt mehr Vertrauen in Dan, dies im Moment zu tun.“ Das Weiße Haus allerdings lobte den Minister zuletzt öffentlich und bestreitet jegliche Spannungen.

Dennoch wird Driscoll als Favorit auf das Amt Hegseths gehandelt, sollte dieser zurücktreten oder entlassen werden.

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Driscoll kann sich derweil auf intensive Wochen einstellen. Trump will den Ukraine-Krieg schnell beenden oder zumindest eine Waffenruhe herbeiführen. Dabei hat er nach wie vor mit Russland als Aggressor zu tun, der seine Maximalforderungen durchsetzen will. Und einer Koalition um die Ukraine, die diese nicht akzeptieren will.

Und mittendrin ist Dan Driscoll als Verhandler und Nachrichtenüberbringer. Ob er sich in dieser Woche auf den Weg nach Moskau oder nach Kiew machen muss, ist noch unklar. Für eine der beiden Parteien dürfte er aber schlechte Nachrichten dabei haben.