
Wer ist die Nummer 1 in Europa? Diese Frage wurde vorübergehend in London ganz klar beantwortet. Denn der FC Arsenal überrannte beim 3:1 (1:1) in der Champions League den FC Bayern in beeindruckender Manier. Nach den Treffern von Jurrien Timber (22. Minute) und Lennart Karl (32.) überforderten die Gastgeber den deutschen Rekordmeister mit ihrer Spielweise, Noni Madueke (69.) und Gabriel Martinelli (77.) entschieden die Partie.
„Arsenal ist ein sehr starker Gegner, sie hatten nicht umsonst auch alle Spiele vorher gewonnen. Sie sind sehr spielstark, sehr dominant und hatten eine Phase, in der sie uns hinten reingepresst haben. In der zweiten Halbzeit ist uns nach vorne nicht viel gelungen“, sagte Serge Gnabry bei „DAZN“. „Man muss auch mal akzeptieren, wenn man verliert. Bis jetzt hatten wir eine super Serie, deswegen müssen wir nicht an irgendwas arbeiten, sondern weitermachen wie bisher.“
Gegnerische Eckbälle sind für den FC Bayern ein Problem
Arsenal und die Bayern zeigten zunächst, was häufig passiert, wenn zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die in der Defensive und Offensive ein außergewöhnliches Niveau haben. Die erste Halbzeit hatte ohne Ruhephasen eine ungeheure Intensität und war zu jeder Zeit hochklassig, sie war allerdings nichts für den Zusammenschnitt eines Highlight-Clips. Es mangelte an Chancen, aber beileibe nicht an Unterhaltungswert.
Und wenn sich Mannschaften so sehr in ihrer Klasse neutralisieren, entscheiden häufig Standardsituationen – und da ist es nunmal so, dass Arsenal dieses Metier in der Offensive sehr gut beherrscht und die Bayern erst kürzlich große Schwächen gezeigt hatten. Gegen Freiburg (6:2) hatte das Team von Trainer Vincent Kompany zwei Gegentore nach Ecken kassiert und auch in London klingelte es nach einer solchen Situation.
Bukayo Saka brachte den Ball in die Mitte, wo Manuel Neuer kurzzeitig – aber nicht strafbar – geblockt wurde, wodurch Jurrien Timber vor dem bayrischen Torhüter an den Ball kam und ihn einnickte (22.). Neuer tippte mit beiden Zeigefinger auf seine Brust, zeigte seinen Mitspielern direkt an, dass dieser Treffer auf seine Kappe geht.
Kimmich knackt Arsenal-Defensive mit Super-Pass
Dann brauchten die Bayern ein wenig Glück, als Eberechi Eze, der am Wochenende gegen Tottenham Hotspur (4:1) noch einen Hattrick erzielt hatte, einen blitzartigen Angriff zu ungenau abschloss (31.), fast im Gegenzug zeigte das Kompany-Team dann seine große Klasse. Joshua Kimmich spielte einen punktgenauen Ball über 60 Meter, den Serge Gnabry mit einer Volley-Direktabnahme in die Mitte flankte, wo Lennart Karl wiederum mit einem Kontakt den Ausgleich erzielte (32.).
Lennart Karl jubelt: FC Bayern gegen Arsenal
Die Bilder glichen sich, sofern die beiden Mannschaften kombinierten und versuchten, die gegnerische Defensive zu zermürben, passierte nichts. Es brauchte unübersichtlichere Momente, eine schnelle Überwindung großer Distanzen oder Einstudiertes bei ruhenden Bällen. Die ersten 45 Minuten waren kein Feuerwerk, aber sie waren qualitativ das, was vom Duell der überlegenen Tabellenführer aus England und Deutschland sowie des Spitzenduos der Champions-League-Grupppenphase erwartet worden war.
Ein anderes Top-Spiel nach der Halbzeitpause
Nach der Pause veränderte sich das Spiel und Arsenal übernahm die Kontrolle, setzte die Bayern unter Druck. Neuer rettete in dieser Phase mehrfach und weiterhin wurde es für ihn besonders brenzlig, wenn die „Gunners“ Standardsituationen hatten. Erst konnte Mikel Merino seinen Kopfball aus fünf Metern nicht mehr platzieren (51.), beim nächsten Eckstoß kam er wieder frei zum Abschluss, der knapp am Pfosten vorbei ging (58.).
Kurz danach rettete der Keeper dann gegen Timber, der nach einem Freistoß aus dem Halbfeld kurz vor ihm zum Kopfball gekommen war (60.). Seinen ganz großen Moment hatte Neuer aber zwei Minuten später, als Declan Rice über 50 Meter marschierte und bis zu ihm durchdrang, es dann mit einem Schuss ins lange Eck versuchte. Der ehemalige DFB-Nationaltorhüter fuhr aber sein linkes Bein aus und wehrte grandios ab (62.).
Madueke trifft, Neuers Ausflug geht in die Hose
Doch dann belohnten sich die Engländer auch. Kurz nach seiner Einwechselung schlug Riccardo Calafiori eine perfekte Flanke, die Noni Madueke am zweiten Pfosten verwertete (69.). Die Führung war mehr als verdient für die „Gunners“, deren Leistung in der zweiten Halbzeit bis zu diesem Zeitpunkt einer Machtdemonstration glich. Nach einem weiteren tollen Schlag von Kimmich hätte Gnabry diese aber wieder zunichte machen können, bei seiner Flugeinlage trat er jedoch am Ball vorbei (72.).
Manuel Neuer geschlagen: FC Bayern gegen Arsenal
Und dann flog auch ein anderer Bayern-Profi am Ball vorbei und entschied damit die Partie. Bei einem langen Ball von Gabriel Martinelli stürmte der Keeper rund 40 Meter aus seinem Tor, was der Brasilianer nutzte, um das Spielgerät aus der Luft an ihm vorbeizulegen und dann ins leere Tor zu schieben – das 3:1 und die Entscheidung (77.). Und angesichts der Urgewalt der Londoner war sogar zu befürchten, dass es noch deutlicher wird.
Bekommt St. Pauli nun Bayerns Arsenal-Frust zu spüren?
Es war aber nicht nur eine Glanzleistung der Spieler, sondern auch von Arteta. Denn Martinelli kam einige Minuten zuvor zeitgleich mit Calafiori in die Partie – die beiden Joker sorgten für die Entscheidung. Und die sorgte beim FC Bayern, der seine erste Saisonniederlage erlitt, ein ganz neues Gefühl nach dem Durchmarsch in den vergangenen Wochen.
Der FC Arsenal, der jetzt Tabellenführer in der Champions-League-Gruppenphase ist, war sogar für den deutschen Rekordmeister an diesem Abend eine Nummer zu groß. Beim nächsten Liga-Gegner FC St. Pauli (Samstag, 15.30 Uhr), der die vergangenen acht Spiele verloren hat, könnte man das mit Sorgen wahrgenommen haben, denn da werden die Münchner Wiedergutmachung betreiben wollen.
