Bei dem Täter soll es sich um einen 29-jährigen Mann aus Afghanistan handeln. Donald Trump macht die Flüchtlingspolitik von Joe Biden verantwortlich – und ordnet an, 500 zusätzliche Nationalgardisten nach Washington zu beordern.

US-Präsident Donald Trump äussert sich zum Anschlag auf die Nationalgardisten.Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

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Nur wenige Häuserblöcke vom Weissen Haus entfernt hat ein Mann zwei Nationalgardisten durch Schüsse schwer verletzt. Mit einer Handfeuerwaffe eröffnete der Täter am Mittwoch, einen Tag vor Thanksgiving, gegen 14 Uhr 15 Ortszeit das Feuer auf die beiden Soldaten. Zehn bis fünfzehn Mal drückte er ab. Laut dem Direktor des FBI, Kash Patel, befinden sich die Nationalgardisten, die aus dem Gliedstaat West Virginia nach Washington verlegt worden waren, in kritischem Zustand.

Zunächst hatte West Virginias Gouverneur Patrick Morrisey auf X vermeldet, sie seien ihren Verletzungen erlegen. Wenige Minuten später korrigierte er sich. Er erhalte widersprüchliche Berichte, schrieb er.

Präsident Donald Trump, der sich wegen des anstehenden Feiertags auf seinem Anwesen in Palm Beach in Florida aufhält, erklärte derweil, dass der mutmassliche Täter ebenfalls durch Schüsse verletzt und in ein Spital eingeliefert worden sei. Trump bezeichnete ihn in einem Beitrag auf Truth Social als «Tier», das «einen sehr hohen Preis zahlen» werde.

Später bestätigte der Präsident in einer Videoansprache Medienberichte, wonach es sich bei dem Attentäter um einen 29-jährigen Mann aus Afghanistan gehandelt hat, der 2021 nach Amerika gekommen ist. In jenem Jahr hatte sich das amerikanische Militär überstürzt aus dem kriegsversehrten Land zurückgezogen.

Biden habe ein «Monster» einfliegen lassen

Offenbar ermöglichte die Operation «Allies Welcome» dem Verdächtigen die Einreise in die USA. Das Programm der Biden-Regierung half afghanischen Staatsangehörigen, die nach dem Abzug der US-Truppen vor der Machtübernahme der Taliban flohen, in die USA zu reisen. «Niemand wusste, wer in unser Land kommt», schrieb Trump nun, der umgehend die Flüchtlingspolitik der Vorgängerregierung für die Tat verantwortlich machte. Biden habe ein «Monster» einfliegen lassen, schrieb er und kündigte an, alle Afghanen, die unter seinem demokratischen Amtsvorgänger in die USA gekommen waren, neu überprüfen zu lassen.

20 Millionen «unbekannte und ungeprüfte Ausländer von überall in der Welt» seien wegen Joe Biden in die USA gekommen, behauptete Trump weiter. «Sie kamen von Orten, von denen Sie nicht einmal wissen wollen.» Während Trump anschliessend abschweifte und auf «Hunderttausende Somali» schimpfte, die angeblich gegenwärtig den Gliedstaat Minnesota «auseinandernehmen», war über den Hintergrund des mutmasslichen Attentäters in Washington zunächst nichts Weiteres bekannt. Das Motiv des Anschlags bleibt vorerst unklar.

Die amerikanische Einwanderungsbehörde USCIS erklärte auf der Plattform X, die Bearbeitung aller Einwanderungsanträge afghanischer Staatsangehöriger werde mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres ausgesetzt. Vizepräsident J. D. Vance kündigte an, die Regierung werde die Bemühungen um Abschiebungen verstärken. «Zuerst werden wir den Schützen vor Gericht bringen und anschliessend müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, Leute ohne das Recht in unserem Land zu sein, zu deportieren», schrieb er auf X.

Ein «Hinterhalt»

Jeff Carroll, stellvertretender Leiter der Polizeibehörde des Hauptstadtbezirks, hob einzig hervor, dass es sich bei dem Anschlag um einen «Hinterhalt» in einer belebten Ecke der Stadt gehandelt habe. Unweit des Tatorts befindet sich nicht nur der Amtssitz des Präsidenten, der kurzzeitig abgeriegelt wurde, sondern auch das Eisenhower Executive Office Building, in dem viele Mitarbeiter des Weissen Hauses arbeiten.

Eine Abordnung der Nationalgarde, so schilderte Carroll den Tathergang, sei in der Nähe der Kreuzung 17th Street Northwest und I Street Northwest auf Patrouille gewesen, als der Täter um die Ecke gebogen sei, eine Schusswaffe gezogen und dann auf die beiden Gardisten geschossen habe.

Sogleich seien andere Soldaten zu ihren Kollegen geeilt. Nach einem Schusswechsel hätten sie den Attentäter überwältigen und festnehmen können. Gemäss ersten Berichten wurde er von vier Kugeln getroffen. Carroll erklärte zudem, dass aufgrund von Videoaufnahmen davon auszugehen sei, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt habe. Derzeit gebe es keine weiteren Verdächtigen.

Von der Gewalttat alarmiert, kündigte der Verteidigungsminister Pete Hegseth umgehend an, dass Donald Trump 500 zusätzliche Nationalgardisten nach Washington berufen werde. Auf den Stufen des Pentagons bezeichnete Hegseth die Tat als «feige» und «abscheulich» und sagte, dass sie die «Entschlossenheit, Washington sicher und schön zu machen, nur noch verstärken» werde.

Nationalgarde ist rechtswidrig in Washington

Im Rahmen einer umfassenden Offensive zur Verbrechensbekämpfung hatte Trump im August mehr als 2000 Soldaten der Nationalgarde in die Hauptstadt beordert. Ebenso wurden in den vergangenen Monaten Reserveeinheiten des amerikanischen Militärs nach Chicago, Los Angeles und Portland entsandt. Landesweit sorgte ihre Mobilisierung jedoch auch für Proteste, vielerorts wurde sie juristisch angefochten. In Washington steht der Einsatz der Nationalgarde gegenwärtig auf der Kippe. Eine Bezirksrichterin erklärte ihn vergangene Woche für rechtswidrig.

Anstatt jedoch einen sofortigen Abzug der Truppen anzuordnen, setzte die Richterin ihre Anordnung bis zum 11. Dezember aus, um der Regierung die Möglichkeit zu geben, Berufung einzulegen. Tatsächlich beantragte diese keine Stunde nach dem Anschlag bei einem Bundesberufungsgericht eine einstweilige Verfügung, die es der Nationalgarde nun erlaubt, in Washington zu bleiben.

«Die Nationalgarde hat in diesem Jahr rund um die Uhr heldenhafte Arbeit geleistet», schrieb der republikanische Speaker des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nach dem Anschlag auf X. Sie habe geholfen, die Hauptstadt «wieder sicher zu machen». Er bat die Amerikaner, sich ihm im Gebet für die Nationalgardisten und ihre Angehörigen anzuschliessen.

Pete Hegseth hob ebenfalls hervor, dass sich die Sicherheit in der Stadt dank der Nationalgarde stark verbessert habe. Aber «wenn Kriminelle solche Taten begehen wollen, Gewalt gegen Amerikas Beste», dann werde der Präsident niemals zurückweichen, sagte Hegseth.