Mainz – Mit 37 Messerstichen tötete er im April seinen Kontrahenten in einem Park – und wird jetzt freigesprochen. Wie ist das möglich?
Die Bluttat am 20. April im Hartenbergpark in Mainz: Laut Anklage kam es an dem Sonntagabend zunächst zum Streit, dann zu einer ersten tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen. Das spätere Opfer (39) soll mit einer Eisenstange zurückgekehrt sein, um die Verletzung seines Bruders zu rächen. Daraufhin zog der Angegriffene (29) das Messer und stach 37 Mal zu.
Opfer starb durch Blutverlust und Ersticken
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden unter anderem der Kopf- und Brustbereich getroffen. Aber auch die Körperrückseite. Verletzt wurden dabei etwa die Drosselvene am Hals, der Herzbeutel, die Lungen, Nieren und der Darm. Der 39-Jährige verstarb noch vor Ort an seinem Blutverlust in Kombination mit der kollabierten Lunge. Aber die Richter am Landgericht in Mainz befanden: Das war kein Totschlag.
Am Landgericht in Mainz wurde am Donnerstag das Urteil verkündet
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Notwehr und Freispruch – so lautete das Urteil der Kammer am Donnerstag. Laut Gerichtssprecherin wären 29 der Stiche nur oberflächlich gewesen, acht Stiche tiefer. In welcher Reihenfolge sie ausgeführt wurden und welcher davon letztlich tödlich war, konnte demnach nicht ermittelt werden. Er hätte Angst um sein Leben gehabt, erklärte der Angeklagte im Verlauf des Prozesses.
Reaktion sei erforderlich gewesen
„Die Auseinandersetzung dauerte nur etwa zwei Minuten. Die Kammer befand, dass die Dynamik des Geschehens die Reaktion des Angeklagten erforderlich machte“, so die Sprecherin des Mainzer Landgerichts zu BILD. Er hätte ungezielt gehandelt und keine Zeit gehabt, Abwägungen über die Anwendung anderer Mittel machen. Ferner hätte keine Verpflichtung bestanden, „zurückhaltender zu agieren“.
Der Angeklagte, wie alle anderen Beteiligten ein Ukrainer, konnte von der Polizei noch in Tatortnähe am frühen Montagmorgen vorläufig festgenommen werden und befand sich seither in Untersuchungshaft.
Für unrechtmäßige U-Haft gibt es in Deutschland eine Entschädigung, die sich aus einer täglichen Pauschale und möglichen Vermögensschäden zusammensetzt. Die tägliche Pauschale beträgt derzeit 75 Euro pro angefangenem Tag, soll in Zukunft aber noch deutlich steigen.