
„Let Lando pass for the championship“ – solch einen legendären Satz soll es bei McLaren beim Formel-1-Showdown in Katar (alle Trainings-Sessions sowie der Sprint am Samstag/29.11.2025 ab 15 Uhr und der Grand Prix am Sonntag ab 17 Uhr im Live-Ticker bei sportschau.de) nicht geben. Doch das kann teuer werden.
Wie teuer, das wissen noch viele im McLaren-Rennstall, auch wenn es schon 18 Jahre her ist. 2007 duellierten sich an der Spitze des Fahrerfeldes die beiden McLaren-Piloten: ein frecher und und unfassbar talentierter Newcomer namens Lewis Hamilton und der erfahrene Platzhirsch Fernando Alonso.
Weil sich der Brite partout nicht unterordnen wollte und die Teamführung nicht konsequent durchgriff, eskalierte der Kampf der Kollegen am Saisonende komplett. Die Folge war, dass dem Team der sicher geglaubte Titel tatsächlich noch entglitt: Hamilton und Alonso lagen letztlich mit jeweils 109 Punkten gleichauf, die WM-Krone sicherte sich aber Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen mit 110 Zählern.
Verstappen könnte der Nutznießer sein
Nicht die Feindschaft der beiden Piloten, aber die Ausgangslage ist durchaus vergleichbar mit der jetzigen. Lando Norris führt das Fahrerfeld mit 24 Punkten Vorsprung an, es gibt noch zwei Große Preise und einen Sprint. Dahinter folgen gleichauf sein Teamkollege Oscar Piastri und der Viermal-in-Serie-Weltmeister Max Verstappen im Red Bull – der in der Sommerpause noch praktisch aussichtlos zurückgelegen hatte, nun aber plötzlich in Schlagdistanz ist.
Piastri könnte nun für Norris fahren. Er könnte, wenn es der Rennverlauf hergäbe, Verstappen ausbremsen, ihm Zeit wegnehmen, er könnte aktiv dazu beitragen, dass der Titel an McLaren und nicht an die Bullen geht. Ähnliche Fälle hat es in der Geschichte der Formel 1 immer wieder gegeben.
Teamchef Jean Todt als „allerhöchste Autorität“
Der berühmteste Funkspruch in der Causa „Stallorder“ ereignete sich 2001 im österreichischen Spielberg. Der Brasilianer Rubens Barrichello war das gesamte Rennwochenende über schneller als sein Ferrari-Kollege Michael Schumacher gewesen, doch der Deutsche führte die WM-Wertung an und brauchte die volle Punktzahl. Vor dem Rennen soll es einen Deal gegeben haben: Barrichellos Vertrag wurde verlängert, er sollte aber – wenn beide Autos am Rennende vorn liegen – Schumacher gewinnen lassen.
Doch Barrichello, der selbst keine Titelchance mehr hatte, fuhr seelenruhig an der Spitze, hatte sechs Runden vor Schluss immer noch 3,8 Sekunden Vorsprung. Der Ferrari-Kommandostand wurde immer nervöser, ehe sich schließlich Teamchef Jean Todt höchstpersönlich auf den Boxenfunk schalten ließ: „Let Michael pass for the championship!“, herrschte er den Brasilianer an, der schließlich gehorchte: Schumacher gewann das Rennen und wurde Weltmeister. Todt sagte später: „Ich redete nur am Funk, wenn die allerhöchste Autorität gefragt war.“
Klarstellung von Teamchef Andrea Stella
Allerhöchste Autorität soll 2025 bei McLaren aber tatsächlich weiter allein der faire Wettkampf der beide Piloten haben. Das sehen die „Papaya-Regeln“ des orangefarbenen Teams vor. Teamchef Andrea Stella verneinte die Frage nach einer möglichen Stallorder bereits, ehe sie gestellt werden konnte. „Nein, es gibt keinen Grund, die Herangehensweise zu ändern. Wir haben immer gesagt, dass wir es den beiden Fahrern überlassen, um ihre Chance zu kämpfen – solange die Mathematik nichts anderes sagt. Und so wird es auch in Katar sein.“
Piastri fährt also weiter auf eigene Rechnung, solange er selbst noch die theoretische Chance zur Aufholjagd besitzt – auch wenn seine Leistungskurve seit Wochen einen gegenteiligen Verlauf hat.
Verstappen feiert die McLaren-Entscheidung
Piastri verrät, dass eine mögliche Stallorder tatsächlich kurz diskutiert worden sei: „Aber die Antwort lautet nein.“ Verstappen ist davon natürlich begeistert, er bezeichnete die Entscheidung McLarens als „perfekt“. Seine Begründung: „Man kann nicht besser entscheiden, als die beiden fahren zu lassen. Warum sollte man Oscar das plötzlich verbieten? Wenn mir das jemand gesagt hätte, wäre ich gar nicht erst aufgetaucht. Ich hätte ihm gesagt, er solle sich verpissen. Also ja, wenn man als Fahrer ein echter Gewinner ist, dann gibt man alles – selbst wenn man hinten liegt.“
Red Bulls Max Verstappen streckt die Trophäe in die Höhe
Das klingt überzeugend. So überzeugend, dass man Verstappen beinahe abnehmen muss, dass er in einem vergleichbaren Fall auch jegliche Hilfestellung des eigenen Teamkollegen oder seiner Rennstrategen ablehnen würde.
