Jetzt doch wieder mit VerbrennerErste Testrunde im neuen Benziner-Fiat-500 – alte Zeiten, neue Zeiten28.11.2025, 06:21 Uhr Patrick-portraetfotoPatrick BroichFiat_500_Hybrid_VOOb der grundsätzlich beliebte Fiat 500 als Verbrenner dem Konzern mehr Erfolg beschert? Vielleicht ist die Entscheidung, den Benziner zu bauen, ja auch ein Pyrrhussieg am Ende. CO2-Strafzahlungen lassen grüßen. (Foto: Fiat)TeilenFolgen auf:whatsappwhatsapp

Fünf Jahre nach Markteinführung des neuen 500 mit rein elektrischem Antrieb kommt Fiat entgegen dem ursprünglichen Plan doch noch mit einer Verbrenner-Version um die Ecke. ntv.de hat sie nun erstmals ausführen dürfen.

Manchmal brauchen Entscheidungen Zeit, um zu reifen. In diesem Fiat-Fall sogar fünf Jahre. So lange hat es nämlich gedauert, bis sich die Einsicht durchgesetzt hat, dass es mit einem ausschließlich elektrisch angetriebenen Fiat 500 wohl doch nicht geht. Rein wirtschaftlich betrachtet ist das allerdings ein Ritt auf der Rasierklinge, wie Fiat selbst sagt.

Produktspezialist und Ingenieur Francesco Morosini sagt, es sei eine Wette auf die Kundennachfrage. So stelle die Entwicklung der Verbrennervariante das Entwicklerteam vor eine kniffelige Aufgabe. Schließlich war der Fiat 500 seinerzeit auf einer reinen Elektro-Plattform entstanden. Als er auf den Markt kam, wusste noch niemand, dass es mal einen Benziner geben würde. Und jetzt mussten die Techniker ans Eingemachte gehen – Akku raus und zusehen, wo die Komponenten für den Verbrenner-Strang untergebracht werden könnten. Das ist schon eine Herausforderung.

Und dann ist die elektrische Variante auch noch bis zu 400 Kilogramm schwerer, legt ein völlig anderes Fahrverhalten an den Tag. Also auch mal eben das ganze Fahrwerk-Layout auf den Kopf gestellt bitte, lautete die Ansage.

Fiat_500_Hybrid_SEFür die Stadt ist der deutlich unter vier Meter messende Zwerg ein Segen. (Foto: Fiat)

Doch was bewegt einen Konzern überhaupt zu einem solchen Kraftakt? Schließlich sind die Entwicklungen in der Autoindustrie gerade schwer vorhersehbar. Was, wenn die Kunden in zwei Jahren doch vermehrt dem Verbrenner den Rücken kehren? Und: Sieht man den elektrischen 500 nicht an jeder Ecke hierzulande, feiert er also nicht schon große Absatzerfolge? Reicht das nicht?

Gar nicht so leicht zu sagen, im Jahr 2020 beispielsweise, als der elektrische 500 noch keine Rolle spielt, wurden hierzulande im Zeitraum von Januar bis Oktober knapp 24.000 Exemplare des 500 zugelassen – damals umfasste die Statistik allerdings auch noch den 500 L. Dieses Jahr zählt das Kraftfahrtbundesamt für den gleichen Zeitraum gerade einmal etwas mehr als 7500 Exemplare des 500 – da könnte man schon von einer deutlichen Sprache sprechen.

Fiat_500_Hybrid_HIBis auf den Schriftzug unterscheidet sich die Verbrennervariante nicht von der Stromerausführung. (Foto: Fiat)Neuer Fiat 500 mit Schaltknüppel ist ungewohnt

Aber ist die Verbrenner-Ausgabe überhaupt eine solche Offenbarung? Schreit nach einer Probefahrt! Und tatsächlich ist es erst mal ein ungewohntes Bild, den aktuellen Cinquecento mit einem Schaltknüppel in der Mittelkonsole zu sehen. Um so gewohnter ist der Sound, wenn der 1.0-Dreizylinder sich zu Wort meldet und seine Technik mit charakteristischem Sirren kommuniziert. Die Leistung der mild hybridisierten Einheit ist im Zuge der Abgasoptimierung auf 65 PS zusammengeschrumpft. Doch macht ja nichts, die Knutschkugel wiegt ja bloß eine Tonne und setzt sich daher quirlig genug in Bewegung. Es gibt außerdem ein paar zusätzliche Newtonmeter vonseiten des Riemenstarters.

Fiat_500_Hybrid_INDas Fiat-500-Interieur rangiert irgendwo im Spannungsfeld zwischen ordentlicher Bedienbarkeit, Digitalität und Wohnlichkeit. Aber USB-A-Anschlüsse sind heute eigentlich nicht mehr Standard. (Foto: Fiat)

Auf dem Display kann man außerdem immer sehen, ob die kleine Batterie noch Saft zum Boosten bereitstellt, aber das ist eher theoretischer Natur. Denn eine Rakete ist dieser Italiener sowieso nicht. Als Kraftübertragung dient ein klassisches Sechsganggetriebe – ist das eigentlich Fluch oder Segen? Fans alter Schule feiern das natürlich. Aber beim Cinquecento ist es fast ein bisschen schade, denn im Stadtverkehr darf man den linken Fuß ruhig mal ruhen lassen.

Doch eine Automatik ist einstweilen nicht in Sicht. Der Kompromiss hier: Alles ist auf Leichtgängigkeit ausgelegt. Das Kupplungspedal, die Lenkung und auch der Schalthebel selbst. Und so fährt sich der 3,63 Meter lange Kleinwagen im Grunde unspektakulär-easy mit einem Hauch Federungskomfort. Das hat die Technikabteilung schon ordentlich umgesetzt. Aber auf der Schnellstraße kann es auch mal langatmig werden, und wenn dann noch eine Steigung dazukommt, sowieso.

Fiat_500_Hybrid_BedienungEine halbwegs gut erreichbare induktive Ladeschale für Smartphones gehört heute zum guten Ton. (Foto: Fiat)

Also, Hand aufs Herz – lieber Stromer oder Benziner? Es kommt darauf an. Der Stromer ist leiser und als 118-PS-Version deutlich dynamischer unterwegs (9 statt 16,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h) – außerdem entfällt das Schalten. Und die Basis-Elektroausgabe mit 95 PS? Muss man schon wollen mit 24 kWh Akkukapazität und einer Realreichweite auf der Autobahn von vielleicht etwas mehr als 100 Kilometern.

Gut möglich, dass am Ende der Preis entscheidet. Ja, mit 19.990 Euro Listenpreis ist der Cinquecento Hybrid weit davon entfernt, als absoluter Preiskracher durchzugehen – aber Neuwagen sind eben nicht mehr vierstellig zu haben. Selbst ein alternder Pandina liegt schon bei über 16.000 Euro. Andererseits: Der elektrische Panda kostet 5000 Euro mehr als der jetzt eingeführte Benziner – dann aber mit dem kleinen Akku. Wählt man eine brauchbare Reichweite (42 kWh), geht unter 30.000 Euro gar nichts.

Und am Ende ist der Verbrenner auch die Wahl mit der höheren Alltagstauglichkeit. Denn Kleinstwagen hin oder her – zur Not reißt der süße Cinquecento auch mal eben eine Strecke wie von Köln nach Berlin ohne Schwierigkeiten ab. Drei Minuten tanken, und weiter gehts. Mit dem Stromer ginge das auch, aber eben nicht ohne rund zweistündigen Ladeaufwand – das ist ein deutlicher Unterschied in der Praxis, denn eben viele Kunden nicht hinnehmen wollen. Müsste ich wetten, würde ich darauf setzen, dass der Fiat-500-Absatz in den nächsten Monaten wieder steigt. Und das wäre ja gar nicht so schlecht für Stellantis.

Quelle: ntv.de