Bochum (Nordrhein-Westfalen) – Nur langsam dringt ans Licht, was bei den Schüssen der Polizei in Bochum auf ein Kind (12) vor der Wohnung seiner Mutter wirklich passiert ist. Die Ermittlungen sind schwierig, denn alle Personen, die zur Tatzeit in der Wohnung waren – Tochter, Mutter und Bruder – sind gehörlos.
Jetzt wurden bei einer Anhörung des Innenministers vor dem Landtag von Düsseldorf neue Einzelheiten bekannt.
Mädchen bedrohte auch 21-jährigen Bruder
Herbert Reul (CDU), oberster Dienstherr der Polizei in Nordrhein-Westfalen, informierte in einer gemeinsamen Sondersitzung von Innen- und Familienausschuss die Abgeordneten über den Ermittlungsstand.
Demnach soll das Kind mit den beiden Fleischermessern, durch die sich auch die vier Polizeibeamten bei dem Einsatz bedroht fühlten, zuvor auf ihren Bruder losgegangen sein. Ministeriumssprecher Christoph Wickhorst zu BILD: „Der Bruder ist 21 Jahre alt, welcher Streit dem Vorfall vorausgegangen ist, wissen wir nicht.“
Das Haus in Bochum, in dem das Mädchen niedergeschossen wurde
Foto: Justin Brosch
Kind war aus Einrichtung zur Mutter getürmt
Die Mutter des zuckerkranken gehörlosen Kindes, der das Sorgerecht für ihr Mädchen entzogen worden war, hatte zuvor einem Fernsehsender mitgeteilt, dass ihre Tochter sie mit den Messern aus der Küche habe schützen wollen.
Die vier eingesetzten Beamten schilderten den Vorfall in den frühen Morgenstunden gegen 0.30 Uhr so: Sie fuhren zur Wohnung der Mutter, da das Kind aus einer Einrichtung nach Hause zu seiner Familie geflüchtet war. Es hatte dabei offenbar die überlebenswichtigen Medikamente nicht eingenommen.
Verletzte stabil und ansprechbar
Als das Kind mit zwei Fleischermessern auf die Polizisten zuging, hätten die Beamten sich ins Treppenhaus zurückgezogen und Schüsse aus einem Taser und aus der Dienstpistole abgegeben. Durch den Pistolenschuss sei das Mädchen lebensgefährlich verletzt worden. Mittlerweile liege sie im Krankenhaus und sei stabil und ansprechbar.
Inwieweit das gehörlose Mädchen gewarnt war, ist unklar.
Der Innenminister im Landtag: „Weil die Situation letztlich nur die Familienmitglieder auf der einen Seite und die Polizeibeamten auf der anderen Seite unmittelbar mitbekommen haben, ist es sehr schwierig.“