„Einer meiner klarsten Erinnerungen an meine Schulzeit ist, wie er mir gegenüber trat, und sagte…“, erzählte der 61-jährige preisgekrönte jüdische Filmproduzent Peter Ettedgui am vergangenen Montag der BBC. Die Rede war von dem Parteiführer der britischen rechtspopulistischen Partei Reform-UK Nigel Farage. Der habe gewusst, so Ettedgui, dass er Jude sei.

Dass Farage sich auf der Londoner Privatschule Dulwich College rassistisch und antisemitisch geäußert haben soll, ist nicht neu. Als der britische TV-Sender Channel 4 im Jahr 2013 Farage mit diesem Vorgang zum ersten Mal konfrontierte, gestand er: „Ja klar, ich habe wirklich lächerliche Sachen gesagt. Aber es kommt darauf an, wie man das interpretiert.“ Es stimme, dass man ihn dutzende Male der Klasse verwiesen habe, aber er habe „nur seine Kritiker provozieren wollen.“ Er sei ein aufmüpfiger Teenager gewesen, der die Grenzen des Sagbaren habe austesten wollen.

Es soll Aussagen von 20 ehemaligen, teils namentlich bekannten, Schülern geben, die gehört haben wollen, wie Farage Juden, Schwarze und pakistanische Schüler rassistisch anging. Auch im Lehrerkollegium war der Charakter von Farage ein Thema.

Wieso kommt all das nun wieder hoch? Zum einen, weil Reform-UK seit einem Jahr in den Meinungsumfragen führt. Zum anderen, weil auch andere Reform-Politiker vor kurzem rassistisch aufgefallen waren. Die Unterhausabgeordnete Sarah Pochin hatte in einer Livesendung im Oktober ein Problem mit „zu vielen“ schwarzen und asiatischen Menschen im britischen Werbefernsehen. Auch die walisische Sennedd-Abgeordnete Laura Anne Jones hatte chinesische Menschen rassistisch beleidigt. Sie wurde vom Parlament für zwei Wochen von den Plenarsitzungen ausgeschlossen.

Politische Schmutzkampagne

Was Nigel Farage betrifft, war er sich am 7. Oktober 2025 seiner noch sehr sicher. In der jüdischen Wochenzeitung JC erklärte er sich mit den britischen Juden solidarisch. Als der Guardian schließlich die alten Vorwürfe wieder auspackte, schien das Problem weniger Farages heutige politische Ansichten zu sein, denn seine Einlassungen zu den alten Vorwürfen.

Er behauptet nun, Mitschüler niemals absichtlich direkt verletzend angesprochen zu haben. Er sei damals noch „ein Kind“ gewesen und habe sich womöglich falsch artikuliert. Die heutigen Vorwürfe bezeichnete er als politische Schmutzkampagne gegen ihn. Diejenigen, die ihm Rassismus unterstellten, sagten nicht die Wahrheit.

Reform-UK gab zu Protokoll, den Vorwürfen gegen Farage fehle jegliche Grundlage. Der britische Antisemitismusbeauftragte John Mann wies Farage darauf hin, dass Antisemitismus nicht als Kindergeschwätz auf dem Spielplatz verharmlost werden dürfe.

Derzeit büßt Reform-UK laut aktueller Umfragen zum ersten Mal seit einem Jahr an Zustimmung ein und hat laut des Meinungsforschungsinstituts YouGov nur noch sieben Punkte Vorsprung auf Labour.

Doch es sind nicht nur Rassismusvorwürfe, die die Partei in Bedrängnis bringen, der ehemalige Chef der Reform-UK in Wales, Nathan Gill, wurde vor wenigen Tagen zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Während seiner Zeit als Europaabgeordneter für Farages Vorgängerpartei Brexit Party hatte er russische Bestechungsgelder angenommen.