Grundsätzlich sei Russland zu Verhandlungen über den künftigen Status der Ukraine bereit, versichert Wladimir Putin. Doch der Versuch, europäischer Politiker die 28-Runde-Agenda zu redigieren, weckt Zweifel am Verständigungswillen
Zwei die sich verstehen könnten: Wladimir Putin und Steve Witkoff
Foto: Gavriil Grigorov/POOL/AFP via Getty Images
Mit Schneeregen und Temperaturen knapp über Null ist zu rechnen, wenn Donald Trumps Emissär Steve Witkoff in der anstehenden Woche in Moskau sein wird. Zwar war zuletzt offiziell noch kein Termin vereinbart, doch Vizeaußenminister Sergej Rjabkow zeigt sich zuversichtlich: Es gäbe „keinen Grund, die Reise in Frage zu stellen“. Die russische Führung werde „mit dem Arbeiten, was Witkoff mitbringt“.
Bisher gäbe es „keine Klarheit“ darüber, was zwischen den USA und den EU-Politikern in Genf hinsichtlich möglicher Verhandlungen über die Ukraine vereinbart worden sei. Man wisse, in Europa wirkten „destruktive Kräfte, welche den Verhandlungsprozess sprengen wollen“. Der erfahrene Diplomat Rjabkow, seit 2008 zweiter Mann im Außenministerium am Smolensker Platz, ließ damit etwas von der Erwartung durchschimmern, dass Trump und sein Vertrauter Witkoff die Friedensbemühungen nicht aufgeben wollen. Vorerst jedenfalls nicht.
Von maximalistischen Postionen hat sich die russische Führung offensichtlich verabschiedet
Was man in Moskau aber von europäischen Forderungen hält, die Grenzen der Ukraine aus dem Jahre 1991 nicht zu verändern und dem Land den NATO-Beitritt offenzuhalten, hatte Präsident Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow bereits in den Satz gekleidet: „Das passt uns nicht.“ Was Moskau passt, und wo die Grenzen russischer Kompromissbereitschaft genau liegen, darüber herrscht Schweigen vor und hinter den Kremlmauern.
Doch wenn man den Aussagen regierungsnaher Medien und Äußerungen Putins aus den vergangenen Wochen mosaiksteinartig nebeneinanderlegt, ergibt sich folgendes Bild: Weder Putin noch Journalisten wiederholen derzeit Forderungen, wie sie im Juni 2024 auf einer Tagung des Außenministerium erhoben wurden. Damals hatte Putin als Voraussetzung für eine Friedensregelung verlangt, die Ukraine solle Russland nicht nur Gebiete im Donbass, die sie noch kontrolliere, übergeben, sondern auch die Großstädte Cherson und Saporischija und deren Umgebung, in der noch ukrainische Truppen stehen. Von diesen maximalistischen Positionen hat sich die russische Führung offensichtlich verabschiedet.
Gleiches gilt für Ansprüche auf Charkiw und Odessa, die zeitweise vollmundig vorgetragen wurden. Moskau sei bereit, „den größten militärischen Konflikt in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu beenden“, bilanziert der gutvernetzte Kommentator Michail Rostowskij von der populären Tageszeitung Moskowskij Komsomolez die Stimmung in der russischen Elite.
Rostowskij, dessen Artikel in Moskau als Indikator für die Stimmung im Kreml gelesen werden, zweifelt daran, ob US-Außenminister Marco Rubio ebenso konstruktiv gesinnt unterwegs ist wie Trump und Witkoff. Rubio habe der ukrainischen Führung bei den Gesprächen am 23. November in Genf Anlass gegeben, „sich wahrer Großmannssucht hinzugeben“. Zu den Chancen der Europäer, sich bei Verhandlungen durchzusetzen, schreibt Rostowskij: „Der Führer eines Landes, das den Gegner auf dem Kampffeld zurückdrängt, hat keinen Anlass, einem ‚Friedensplan’ zustimmen, der nicht seine essentiellen Forderungen berücksichtigt.“ Dennoch hält Rostowskij für die Zeit nach den Witkoff-Konsultationen in Moskau „eine neue Runde von Verhandlungen“ für wahrscheinlich.
Bei einer Waffenruhe würde man verstärktem westlichen Druck ausgesetzt sein
In der Zeitschrift Russia in Global Affairs schreibt deren Chefredakteur Fjodor Lukjanow, die „Aufregung im Westen“ über die Friedensbemühungen der US-Administration sei „damit verbunden, dass die Vorschläge zu einer Regelung nicht auf Wünschen, sondern auf Realitäten basieren“. Diese sähen so aus: „Die Ukraine kann den Krieg nicht gewinnen, sie kann ihn aber vollständig verlieren und dabei schwerste Verluste verschiedener Art erleiden.“
Dies aber, so Lukjanow, gelte es durch Verhandlungen zu vermeiden. Es sollte ein „Status Quo“ fixiert werden, „wenn auch ein betrüblicher für Kiew“. Ähnlich wie Rostowskij erwartet auch Lukjanow „eine weitere Runde“ von Verhandlungen, wobei „die Lage an der Front Kiew zum Realismus bringen soll“, was derzeit noch nicht der Fall sei. Russland stehe vor dem Problem, dass es durch die Kriegführung über einen Hebel zur politischen Einflussnahme verfüge. Entfalle dieser Hebel, dann würde Russland „dem koordinierten politisch-diplomatischen Druck“ des Westens gegenüberstehen. Es gäbe „keinen Zweifel, dass man dies in der politischen Führung gut versteht“.
Mit anderen Worten: Je massiver der Versuch, aus dem Westen Druck auf Russland auszuüben, desto geringer die Neigung in Moskau, einen Kompromiss für ein Kriegsende zu suchen.
ruktive Kräfte, welche den Verhandlungsprozess sprengen wollen“. Der erfahrene Diplomat Rjabkow, seit 2008 zweiter Mann im Außenministerium am Smolensker Platz, ließ damit etwas von der Erwartung durchschimmern, dass Trump und sein Vertrauter Witkoff die Friedensbemühungen nicht aufgeben wollen. Vorerst jedenfalls nicht.Von maximalistischen Postionen hat sich die russische Führung offensichtlich verabschiedetWas man in Moskau aber von europäischen Forderungen hält, die Grenzen der Ukraine aus dem Jahre 1991 nicht zu verändern und dem Land den NATO-Beitritt offenzuhalten, hatte Präsident Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow bereits in den Satz gekleidet: „Das passt uns nicht.“ Was Moskau passt, und wo die Grenzen russischer Kompromissbereitschaft genau liegen, darüber herrscht Schweigen vor und hinter den Kremlmauern.Doch wenn man den Aussagen regierungsnaher Medien und Äußerungen Putins aus den vergangenen Wochen mosaiksteinartig nebeneinanderlegt, ergibt sich folgendes Bild: Weder Putin noch Journalisten wiederholen derzeit Forderungen, wie sie im Juni 2024 auf einer Tagung des Außenministerium erhoben wurden. Damals hatte Putin als Voraussetzung für eine Friedensregelung verlangt, die Ukraine solle Russland nicht nur Gebiete im Donbass, die sie noch kontrolliere, übergeben, sondern auch die Großstädte Cherson und Saporischija und deren Umgebung, in der noch ukrainische Truppen stehen. Von diesen maximalistischen Positionen hat sich die russische Führung offensichtlich verabschiedet.Gleiches gilt für Ansprüche auf Charkiw und Odessa, die zeitweise vollmundig vorgetragen wurden. Moskau sei bereit, „den größten militärischen Konflikt in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu beenden“, bilanziert der gutvernetzte Kommentator Michail Rostowskij von der populären Tageszeitung Moskowskij Komsomolez die Stimmung in der russischen Elite.Rostowskij, dessen Artikel in Moskau als Indikator für die Stimmung im Kreml gelesen werden, zweifelt daran, ob US-Außenminister Marco Rubio ebenso konstruktiv gesinnt unterwegs ist wie Trump und Witkoff. Rubio habe der ukrainischen Führung bei den Gesprächen am 23. November in Genf Anlass gegeben, „sich wahrer Großmannssucht hinzugeben“. Zu den Chancen der Europäer, sich bei Verhandlungen durchzusetzen, schreibt Rostowskij: „Der Führer eines Landes, das den Gegner auf dem Kampffeld zurückdrängt, hat keinen Anlass, einem ‚Friedensplan’ zustimmen, der nicht seine essentiellen Forderungen berücksichtigt.“ Dennoch hält Rostowskij für die Zeit nach den Witkoff-Konsultationen in Moskau „eine neue Runde von Verhandlungen“ für wahrscheinlich.Bei einer Waffenruhe würde man verstärktem westlichen Druck ausgesetzt seinIn der Zeitschrift Russia in Global Affairs schreibt deren Chefredakteur Fjodor Lukjanow, die „Aufregung im Westen“ über die Friedensbemühungen der US-Administration sei „damit verbunden, dass die Vorschläge zu einer Regelung nicht auf Wünschen, sondern auf Realitäten basieren“. Diese sähen so aus: „Die Ukraine kann den Krieg nicht gewinnen, sie kann ihn aber vollständig verlieren und dabei schwerste Verluste verschiedener Art erleiden.“Dies aber, so Lukjanow, gelte es durch Verhandlungen zu vermeiden. Es sollte ein „Status Quo“ fixiert werden, „wenn auch ein betrüblicher für Kiew“. Ähnlich wie Rostowskij erwartet auch Lukjanow „eine weitere Runde“ von Verhandlungen, wobei „die Lage an der Front Kiew zum Realismus bringen soll“, was derzeit noch nicht der Fall sei. Russland stehe vor dem Problem, dass es durch die Kriegführung über einen Hebel zur politischen Einflussnahme verfüge. Entfalle dieser Hebel, dann würde Russland „dem koordinierten politisch-diplomatischen Druck“ des Westens gegenüberstehen. Es gäbe „keinen Zweifel, dass man dies in der politischen Führung gut versteht“.Mit anderen Worten: Je massiver der Versuch, aus dem Westen Druck auf Russland auszuüben, desto geringer die Neigung in Moskau, einen Kompromiss für ein Kriegsende zu suchen.