Kiel. Morgen ist der 1. Advent. Für Besinnlichkeit hat Kiels Kommunalpolitik aktuell aber keine Zeit. Denn während in den Wohnzimmern der Stadt die ersten Kerzen entzündet werden, brennt in der Kooperation die Hütte. Die Kieler SPD hat den Grünen und damit deren Kandidaten Samet Yilmaz keine Wahlempfehlung ausgesprochen. Ein Vertrauensentzug erster Güte, verpackt als erster Schritt einer eigenen Selbstfindung.
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Nun kann sich, wer möchte, entspannt zurücklehnen und sagen: Was ändert eine Wahlempfehlung daran, wo ich, die mündige Wählerin oder der mündige Wähler, mein Kreuz mache? Ist der Rat einer Partei überhaupt entscheidend für das Ergebnis? Schwer zu sagen. Leichter zu sagen ist allerdings, was es politisch bedeutet: Die Kooperation ist seit dieser Woche nur noch eine Zweckehe. Und vermutlich auch eine Beziehung auf Zeit.
Grüne und SPD in Kiel stimmten bereits dreimal unterschiedlich ab
Trotzdem beschwören beide, weitermachen zu wollen: nicht nur bis zur OB-Stichwahl am 7. Dezember, sondern bis zum Ende der Wahlperiode 2028. Dieser Weg kann ein langer werden, denn inhaltlich sind sich beide ohnehin nicht immer eins. Dreimal schon stimmten beide unterschiedlich ab, das vorletzte Mal mit bundesweiten Schlagzeilen, als die Mehrheit der Grünen nur mit der Stimme der AfD zustande kam. Zuletzt hoben Grüne zusammen mit der CDU die Arme, als es darum ging, ob sofort oder erst im Dezember über eine Erhöhung der Aufwandsentschädigung für die Ratsleute in Höhe von 75 Prozent entschieden werden soll.
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Die Kreis-SPD hat mit ihrer Entscheidung, Yilmaz gegen den Wunsch ihrer Ratsfraktion nicht zu unterstützen, darauf verzichtet, der Ehe in schwierigen Zeiten neuen Schwung zu geben. Stattdessen endete die Loyalität mit dem Partner vor aller Augen – und das, nachdem die Grünen zweimal, in den Jahren 2012 und 2019, den SPD-Kandidaten Ulf Kämpfer unterstützten.
Und nun: Was hält Grüne und SPD in Kiel noch zusammen? Mehr als nur der Machterhalt, der noch wichtig wird, wenn es um die Besetzung der frei werdenden Dezernate geht? Oder ist es eher die Aussicht auf eine Minderheitenregierung mit wechselnden Mehrheiten, die noch mühsamer scheint als sich mit dem jeweils anderen ins Ziel zu schleppen?
Es sind noch acht Tage bis zur Stichwahl. Noch achtmal schlafen bis zum 2. Advent. Das Fest der Liebe naht.
KN