Unten in den Stachus-Passagen wimmelt es von Leuten. Vor den Imbissläden stehen Schlangen, in den Geschäften ist gut was los. Nicht alle sind zum Einkaufen hier, aber viele sind doch mal mehr, mal weniger schwer bepackt mit Einkaufstüten. Es ist Viertel nach acht am Freitagabend, normalerweise hätten die Läden schon alle zu, die Verkäuferinnen und Verkäufer Feierabend. Doch an diesem Abend herrscht allenthalben Gedränge: Der Verein City Partner, in dem viele Unternehmen in der Altstadt organisiert sind, hat zusammen mit den Kaufleuten die „Black Friday Shopping Nacht“ auf die Beine gestellt.

Nicht alle Läden im Zentrum sind dabei, die großen aber schon. Etwa 70 Unternehmen beteiligen sich und haben bis 22 Uhr oder 23 Uhr geöffnet. Und das reicht, um die Menschen massenhaft in die Fußgängerzone zu locken. Wer vom Stachus durch das Karlstor schaut, sieht eine Fußgängerzone, die so gut besucht ist wie sonst nur bei schönem Wetter am Samstag. Man kommt nur langsam voran, und ob nun beim Hugendubel am Stachus oder beim Saturn in der Neuhauser Straße: Bücherwürmer oder solche, die lieber auf Tablet-Displays Unterhaltung suchen, finden ihr Freitagabendvergnügen beim Einkaufen – Shopping als großes Kino.

SZ Good News

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Beim Begriff „Black Friday“ denken heute wohl hauptsächlich Geschichtsinteressierte noch an den großen Börsencrash von 1929 und die darauffolgende Weltwirtschaftskrise. Jetzt steht er für Rabatte und Schnäppchen, Kasse und Konsum. Und eigentlich ist dieser Black Friday in München fast schon der Abschluss einer ganzen Black Week, bei der viele Läden ihre Waren um 15, 20, 30 Prozent oder sogar noch mehr reduziert haben. Am Samstag läuft die finale Rabattrunde.

Gabriela und Valentin, sie wollen nur ihre Vornamen verraten, haben am Abend groß zugeschlagen. Sie hat sich einen Teddybären von respektablem Format gegönnt, „für nur 40 Euro“, wie sie erzählt. Jetzt feiern die beiden das plüschige Schnäppchen mit einem Glühwein.

Gabriela und Valentin freuen sich über den Riesenteddy, den sie ergattert haben.Gabriela und Valentin freuen sich über den Riesenteddy, den sie ergattert haben. (Foto: Stephan Rumpf)

Auch Susann Göpel und Christian Kutzer sind mit großen Tüten beladen: Eine Wolldecke, Pfannen, ein Wanderoutfit. Sie sind heute hier, weil es fast überall Günstiges abzugreifen gibt. Und weil es abends entspannter zugehe als am Samstag. Auch sie belohnen sich mit einem Glühwein, der Christkindlmarkt hat extra seine Öffnungszeit um anderthalb Stunden bis 22.30 Uhr verlängert.

Kritiker der Rabattschlacht freilich unterstellen, dass Leute mit Rabatten zum Kaufen von Dingen animiert werden, die sie eigentlich gar nicht brauchen. Und dass manche Unternehmen gar keine echten Nachlässe bieten, sondern auf Preistafeln einfach viel zu hohe Fantasiepreise schreiben, diese durchstreichen und so ein Schnäppchen nur suggerieren. Den Menschen, mit denen man an diesem Abend spricht, ist das egal, viele haben sich vorher online über die Preise schlau gemacht. Und viele wollen weder mit Namen noch mit Fotos in die Zeitung. Denn sie erledigen bereits ihre Weihnachtseinkäufe, und die sollen eine Überraschung bleiben.

Wie zufrieden sind nun die Händler mit dem Andrang so spät in der Nacht? Im zweiten Stock des Kaufhauses Oberpollinger trifft man gegen 21 Uhr Wolfgang Fischer, den Geschäftsführer von City Partner, und Oberpollinger-Chef Andreas Römer. Ob Römer mit der großen Resonanz gerechnet hat? „Wir haben uns auf jeden Fall darauf vorbereitet“, sagt er. Um den Kunden außer Rabatten etwas zu bieten, lässt das Kaufhaus unter anderem im ersten Stock einen DJ auflegen und hat in den Verkaufsräumen Cocktail-Bars aufgebaut. Solche langen Verkaufsabende, meint Römer, seien extrem gut für den Handel, vor allem wenn man es mit einem schönen Event verbinden könne, wie eben jetzt mit dem Black Friday. So könnten auch Menschen entspannt einkaufen, die bis abends arbeiten müssten. „Wenn man das mit einem Rahmenprogramm begleitet, ist das ein toller Effekt für alle.“

So voll wie sonst Samstagnachmittag bei schönem Wetter: Das abendliche Black-Friday-Shopping kommt bei den Münchnern und Münchnerinnen an.So voll wie sonst Samstagnachmittag bei schönem Wetter: Das abendliche Black-Friday-Shopping kommt bei den Münchnern und Münchnerinnen an. (Foto: Stephan Rumpf)Die großen Geschäfte machen alle mit und sind gut besucht. Viele haben sich für diesen Abend etwas Besonderes für ihre Kunden ausgedacht.Die großen Geschäfte machen alle mit und sind gut besucht. Viele haben sich für diesen Abend etwas Besonderes für ihre Kunden ausgedacht. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Einzelhandel will sich mit solchen Aktionen gegen den Online-Handel behaupten, auch beim Männermoden-Händler Hirmer ist deshalb etwas geboten. Im Erdgeschoss zum Beispiel schenkt das Gastro-Unternehmen Inselkammer an alle, die sich an einem Gewinnspiel beteiligen, den Szene-Drink Espresso Martini aus, den die Kunden zwischen aufgestapelten Pullovern und Hemden schlürfen. In vielen Läden spielt Musik, am Viktualienmarkt haben außer dem dortigen Winterzauber mit seinen Glühweinbuden auch einzelne Händler bis spätabends geöffnet und schenken Getränke aus. Das breite und über das Zentrum verteilte Angebot kommt an.

„Das ist der Vorteil von der Innenstadt“, sagt Wolfgang Fischer, der sich seit 21 Jahren für ein prosperierendes Zentrum einsetzt und den viele nur den „City Fischer“ nennen. Der geöffnete Christkindlmarkt mit seinen Ess- und Trinkständen, die Aktionen in den Kaufhäusern, die ganze Atmosphäre: „Das kriegst du halt online nicht“, wirbt Fischer. Der Handel habe sich den Zeiten angepasst. Viele, vor allem die alteingesessenen Häuser Münchens, arbeiteten daran, das Einkaufen immer mehr zu einem Erlebnis zu machen, und nicht nur muffig auf Tradition zu setzen.

Dieses Erlebnis wird zurzeit allerdings deutlich durch die Baustellen in der Fußgängerzone getrübt. Die Alte Akademie, das ehemalige Stammhaus des Schuhhändlers Thomas, der frühere C&A: Umgeben von Bauzäunen, abgehangen mit Planen – schöner wird das Zentrum dadurch nicht.  Er freue sich sehr, dass es nun neue Investoren für die Alte Akademie gebe und dort wohl weitergebaut werde, sagt Fischer. Nach der Pleite der Signa-Gruppe des Immobilienunternehmers René Benko stand die Baustelle der Alten Akademie seit 2023 still. Wie es mit der Ruine des ehemaligen Karstadt am Stachus weitergeht, ist dagegen ungewiss. Auch hier herrscht seit der Benko-Pleite Stillstand, ein neuer Investor ist noch nicht gefunden.

Abschrecken lassen sich die Menschen von diesen unschönen Anblicken nicht, auch die Gasthäuser sind gut besucht. Vor dem Augustiner Klosterwirt in der Fußgängerzone stehen die Menschen am Abend Schlange. Die üppige Weihnachtsdeko und die vielen bunten Lichter an den Fassaden der meisten anderen Häuser bringen trotz der Baustellen ein bisschen weihnachtlichen Glanz in die Neuhauser Straße und die Kaufingerstraße. Auch in der Sendlinger Straße, in der es etwa ruhiger zugeht, glitzert und blinkt es.

Am Samstag, dem Finale der Black Week, wuselt es in der Fußgängerzone wieder, das Parkhaus am Oberanger und das City Parkhaus am Färbergraben sind schon am Vormittag voll, wie an den Auslastungsanzeigen zu sehen ist. Auch in den Läden drängeln sich die Menschen. Am dritten Adventssamstag, 13. Dezember, ist ein weiterer verkaufsoffener Abend geplant. Dann wird es zwar keine Rabattschlacht mehr geben, Wolfgang Fischer geht aber davon aus, dass gegen Ende des Weihnachtsgeschäfts einiges los sein wird, wenn die Last-Minute-Käufer ihre letzten Geschenke besorgen.