Die Doku „Being Jérôme Boateng“ des Bayerischen Rundfunks (BR) sorgt für heftige Diskussionen. Laut einer Recherche des „Spiegel“ erheben jetzt mehrere Gesprächspartner schwere Vorwürfe und äußern Empörung.
Worum geht es genau?
In der dreiteiligen Dokumentation geht es um Jérôme Boateng (37). In der Beschreibung heißt es: „Being Jérôme Boateng erzählt die Geschichte eines Fußballweltmeisters zwischen Triumph und Absturz. Vom Bolzplatz zum Weltmeistertitel 2014, vom gefeierten Integrationssymbol zum verurteilten Täter wegen vorsätzlicher Körperverletzung gegen seine Ex-Partnerin.“
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Boateng spricht in der Doku auch über den Tod seiner Ex-Freundin Kasia Lenhardt (†25). Lenhardt hatte im Februar 2021 in Berlin Suizid begangen. Die Beziehung zwischen dem langjährigen Bayern-Profi und der früheren „Germany’s Next Topmodel“-Finalistin hatte monatelang für Schlagzeilen gesorgt.
Kurz nach der Trennung hatte Boateng ein Interview in BILD gegeben, in dem er seiner Ex-Freundin Vorwürfe machte. Sechs Tage danach nahm sich Lenhardt das Leben.
Der spätere BILD-Chefredakteur Johannes Boie hatte sich von der Veröffentlichung distanziert, sagte gegenüber Correctiv und SZ: „Wir würden heute dieses Interview nicht mehr veröffentlichen.“
Jetzt wird die Doku kontrovers diskutiert und kritisiert.
Der Vorwurf: Boateng, der 2024 wegen vorsätzlicher Körperverletzung an seiner Ex-Freundin schuldig gesprochen und verwarnt wurde, werde eine zu einseitige Plattform geboten, um seine Geschichte selbst gestaltet zu erzählen. Bei Social Media hagelt es Kommentare wie „Ihr gebt einem Straftäter eine Bühne!“ oder „Als Opfer häuslicher Gewalt bin ich maßlos enttäuscht.“
In einem internen Dokument für „Community Management Strategie“, welches dem „Spiegel“ vorliegt, heißt es hingegen unter anderem: „Die Doku will Boateng in seiner Ambivalenz zeigen und dafür kommen auch explizite Kritiker:innen wie Gabriela Keller, Gizem Çelik und Daniel Müksch zu Wort.“
Doch zwei der drei genannten Personen distanzieren sich mittlerweile – und üben harte Kritik an der Produktion.
Journalistin Gabriela Keller, hier im Interview bei der Boateng-Doku, wurde 2024 vom „Medium-Magazin“ als Journalistin des Jahres ausgezeichnet
Foto: BR
Investigativ-Reporterin Gabriela Keller zum „Spiegel“: „Es ist für mich sehr irritierend, in so einer Krisen-PR der ARD aufzutauchen. Dafür habe ich nicht mein Einverständnis gegeben.“ Ihre schärferen Aussagen seien kaum verwendet worden: „Drei, vier sehr allgemeine Sätze.“ Sie fragt sich: „Welche Rolle spiele ich da? Als Feigenblatt?“
Auch TikTokerin Gizem Çelik kritisiert: „Als ich das Interview gegeben habe, war der Stand zu 100 Prozent: Jérôme Boateng ist nicht Teil dieser Doku.“ Dass am Ende nur neutrale Passagen von ihr verwendet wurden, irritierte sie: „Ich hatte das Gefühl, das kommt meiner Haltung überhaupt nicht nahe. Wo sind diese klaren Worte?“
Gizem Çelik ist in den sozialen Medien aktiv, hat unter anderem bei TikTok rund 390.000 Follower
Foto: BR
Vom „Spiegel“ konfrontiert, schreibt die ARD, zu der der BR gehört: „Die Doku wirft einen differenzierten, kritischen und multiperspektivischen Blick auf Jérôme Boatengs ganzes Leben. Wir erzählen eine komplexe Lebensgeschichte in ihrer Gesamtheit. Über den Einzelfall hinaus geht es in der Doku-Serie am Beispiel Boateng um Fragen zum Umgang mit Sporthelden im System Fußball, die Dynamiken von Social Media und gesellschaftliche Erwartungshaltungen.“
Doch es gibt noch mehr Kritik!
Auch Anwalt Dr. Alexander Stevens, der in der Doku zu Wort kommt, meldete sich bei Instagram zu Wort, kritisiert dort: „Geschätzt 95 Prozent meines Interviews sind schlicht rausgeschnitten worden. Übrig geblieben sind drei kurze Statements, die völlig aus dem Kontext gerissen und zum Teil in neue Zusammenhänge hineinkopiert wurden.“
Es nennt sich „load based“: Karl hat einen besonderen Bayern-Vertrag
Quelle: BILD30.11.2025
Stevens weiter: „Dass genau jene Passagen herausgeschnitten wurden, in denen ich mich sehr kritisch mit den bisherigen Entscheidungen und der öffentlichen Bewertung des Falls Jérôme Boateng auseinandersetze, ist schwer anders zu deuten, als dass bestimmte Narrative geschützt werden sollten – und zwar auf Kosten einer fairen juristischen Einordnung.“
Eine Woche nach Erscheinen der Doku geht die Kritik damit weit über Kommentare auf Social Media hinaus.
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