„Ich orientiere mich an den Bedürfnissen der Katzen. Schon deswegen ist mein Alltag nicht berechenbar“, sagt Miriam Kuhl. Tatsächlich stehen in ihrem Berufsleben die Tiere im Mittelpunkt. Die gebürtige Kölnerin zog nach dem Germanistik-Studium nach Düsseldorf und begann, als Catsitterin zu arbeiten. Dass sie also vorerst nicht in ihrem Studienfach promovierte, sondern ihre Expertise beim Thema Katzen vertiefen wollte, lag nahe. „Während meiner Zeit als Catsitterin habe ich gemerkt, dass es viele Katzenhalterinnen und -halter gibt, die nicht genau wissen, wie man mit den Tieren gut umgeht, wie man sie am besten hält, mit ihnen kommuniziert“, berichtet die heute 51-Jährige. Schnell wurde ihr klar, dass der Bedarf über die reine Betreuung und Pflege hinausreicht.
„Immer wieder wurden Tiere krank, ohne dass dem unbedingt organische Ursachen zugrunde lagen. Und da bin ich auf den Trichter gekommen, dass natürlich auch bei Tieren die psychosomatische Ebene eine Rolle spielt – wie bei uns Menschen auch.“ Heute betreibt sie in Lohausen ein Katzenhotel.
„Für mich war der Startpunkt die Erkenntnis, dass es den Tieren – gegen die weitläufig verbreitete Meinung – gar nicht guttut, wenn man sie alleine zu Hause lässt, beispielsweise bei einer Fahrt in den Urlaub.“ Kuhl entschied, ihr Businessmodell umzustellen und Betreuung anzubieten, die einem Ferienaufenthalt auch für die Tiere ähnelt. Ist man mehr als drei Tage am Stück verreist, kann man sein Tier im Katzenhotel unterbringen, Kuhl und ihre drei Mitarbeitenden kümmern sich dann rund um die Uhr. Das gesamte Untergeschoss des Einfamilienhauses ist den Katzen gewidmet, in einem großen Rundlauf gibt es Kratzbäume, Klettermöglichkeiten, Futterstellen, Spielzeug – und bei angemessener Witterung steht der weitläufige Garten zur Verfügung. „Wir gestalten oft um, so dass es für unsere Gäste auch immer spannend bleibt“, erzählt Kuhl mit einem Lachen.
Das Angebot wird gut angenommen – und kann auch die Beziehung zu Halterinnen und Haltern verbessern. „Ich bekomme oft rückgemeldet, dass die Tiere nach Aufenthalten hier im Hotel selbstbewusster sind, wieder mehr Kontakt suchen, insgesamt ausgeglichener wirken.“ Auch als Katzenpsychologin und -verhaltenstherapeutin ist Miriam Kuhl seit nunmehr 25 Jahren tätig. Die Berufsbezeichnung sei nicht geschützt, zahlreiche Weiterbildungsangebote, Seminare und Studiengänge sorgten aber dafür, dass die Ausbildung eine umfassende sei, argumentiert sie.
Immer wieder falle ihr im Rahmen ihrer Fortbildungen und im Berufsalltag auf, dass das Bild, das allgemein noch immer über Katzenhaltung und auch die Tiere an sich gezeichnet werde, ein überholtes sei. „Katzen bleiben am liebsten alleine, mögen keine Veränderung, sind Einzelgänger – das ist ein totaler Mythos.“ Katzen bräuchten viel Gesellschaft, Kommunikation, Auslastung. Die Ernährung spiele ebenfalls eine große Rolle, auch hier bietet Miriam Kuhl Beratung an. „Mittlerweile würde ich sagen, eine Katze ist das am schwersten zu haltende Haustier.“ Ein klassischer Zustand, zu dem sie gerufen würde, sei zum Beispiel, wenn die Katze unsauber würde, das Verhalten sich ins Negative ändere – oder wenn Tierärztin oder Tierarzt keine physischen Symptome feststellen könnten.
„Es gibt viele Punkte, bei denen sich die Problematiken ähneln. Futter, Equipment, Beschäftigung – das sind meist Dinge, an denen man schnell was ändern kann.“ Am Ende sei das eine Frage der Bereitschaft bei den Haltern – und natürlich des Budgets. Nicht nur für Ausstattung und Nahrung, auch für die katzenpsychologische Beratung. Mehr als 100 Euro kostet das Erstgespräch, im Regelfall inklusive Hausbesuch. Danach gehe es mit sehr persönlich auf die einzelnen Fälle zugeschnittenen Angeboten weiter. „Da gilt die Frage des Bedarfs. Können die Halterinnen und Halter die erforderlichen Änderungen gut alleine umsetzen? Oder braucht es weiter Begleitung?“ Die Kosten müssen meist privat getragen werden.
Die Sitzungen nimmt Kuhl am liebsten in der gewohnten Umgebung der Tiere wahr – immer mit den dazugehörigen Menschen. „Man therapiert ja auch das Umfeld mit. Auch Dinge, die vordergründig vielleicht erstmal gar nicht problematisch erscheinen.“ Sei zum Beispiel der Schallpegel in einer Wohnung sehr hoch, könne das für eine Katze sehr verstörend sein. Nicht nur beim Tier seien die Verhaltensweisen zu hinterfragen und zu ändern. Habe sie sich ein umfassendes Bild gemacht, „bleiben wir weiter in telefonischem Kontakt. Bei Katzen dauert es vier bis sechs Wochen, bis Gewohnheiten sich ändern, diesen Prozess betreue ich engmaschig.“
Medikamente verschreibt Kuhl nicht, die Regelung sei ähnlich wie in der Humanpsychologie. Einen typischen Arbeitsalltag oder ein „Durchschnittsklientel“ habe sie nicht. „Wer sein Tier liebt, findet sicher Mittel und Wege, dafür zu sorgen, dass es diesem gut geht.“
Im Idealfall würde Kuhl gerne schon früher gerufen werden, präventiv quasi. Wenn ein neues Tier angeschafft werde, zum Beispiel. „Damit könnten wir viele Probleme schon im Keim ersticken oder sogar verhindern.“