In der Ratsversammlung im Oktober wurde die Beschlussfassung des CDU-Antrags zur Weidenhofsiedlung noch einmal vertagt. Obwohl alle Beteiligten wussten, dass sich in den vier Wochen bis zur Ratsversammlung am 26. November nichts Neues ergeben und auch niemand wundersamerweise frisches Geld im Stadtsäckel entdecken würde.

Und so recht scheinen einige Ratsfraktionen noch nicht verstanden zu haben, dass Leipzig keine finanziellen Spielräume mehr hat. Oder sie haben es verstanden, machen aber trotzdem vorwurfsvolle Klientelpolitik. Ja, auch zur Weidenhofsiedlung.

Auch wenn das Anliegen, das die beiden CDU-Stadträte André Möllmer und Stefan Artmann im Januar in ihrem Antrag formulierten, nur zu berechtigt ist: „Die als Weidenhofsiedlung bekannten drei Wohnhöfe im südlichen Mockau wurden in den Jahren 1919 bis 1924 im Backsteinstile erbaut und erfreuen sich auch mit über 100 Jahren weiterhin großer Beliebtheit bei den Hauseigentümerinnen und -eigentümern.

Mehr als 230 Wohneinheiten umfassen die drei Wohnhöfe, die neben dem namensgebenden noch den Erker- und den Pappelhof umfassen. Damals wurde diese sehr kleinen Reihenhäuser einheitlich errichtet und mit einem gemeinsamen Innenhof als eine Art kleines Rundmeilerdorf umgesetzt. Dies eröffnet und fördert ein gemeinsames Miteinander in der Nachbarschaft.

Die bauliche Struktur hat aber auch Nachteile: Es handelt sich immer um ganz enge, kleine Wohneinheiten; mit dem heutigen Standard sind Wohnraumschnitte und -größen aber nicht mehr bzw. nur mit großem Aufwand zu vereinen. So müssen für die Abwasser- und Wasserversorgung enorme Eingriffe in der Infrastruktur und im Hausbestand nötig.

Da auch die öffentlichen Flächen viele Jahre nicht angefasst wurden, kann das nun stattfindende Bauvorhaben gleich genutzt werden, um die öffentlichen Flächen grundhaft zu erneuern.

Damit die vorwiegend älteren Eigentümer nicht durch die notwendigen Planungen und Baumaßnahmen zur Verlegung von Wasser und Abwasser überfordert werden, soll das System der sog. Beraterarchitekten für die Weidenhofsiedlung wiederbelebt werden. Hierbei werden die Eigentümer in Bezug auf die Planung, Finanzierung und Umsetzung der Baumaßnahmen sowie zur Bildung von Baugemeinschaften beraten und unterstützt.“

Für Beraterarchitekten muss Geld umverteilt werden

So weit, so verständlich. Und das hatte Leipzigs Baubürgermeister Thomas Dienberg so auch schon im Oktober zugesagt. Die Stadt hat einen Fonds für solche Beraterleistungen. Einziges Problem: Auch dieser Fonds ist haushaltsgebunden. Die 100.000 Euro müsste man also aus anderen Projekten abziehen, so Dienberg.

Herr Thomas Dienberg (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan KaeferThomas Dienberg (Bündnis 90/Die Grünen), Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer

Diesen Spielraum hat die Stadt noch. Aber Möllmer und Artmann forderten noch mehr: „Im Zuge der Sanierung des Gontardweges (und später der anderen Straßen) werden alle öffentlichen Bereiche wie Gehwege, Straßen, Grünflächen u.ä. der als Weidenhofsiedlung bekannten drei Wohnhöfe in Mockau-Süd erneuert und das Gesamtareal damit einer Aufwertung zugeführt.

Hierbei sollen die Anpassungen und Veränderungen im Laufe der 100-jährigen Nutzung mit berücksichtigt werden. Dazu prüft die Stadtverwaltung die Möglichkeit, wie Fördermittel aus dem Bereich der Städtebauförderung oder ähnlichen Programmen eingesetzt werden können.“

Und genau das sagte das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung im Verwaltungsstandpunkt auch zu. Weshalb unverständlich war, warum André Möllmer dann am 26. November in seinem Redebeitrag so vorwurfsvoll tat. Er hatte mit Artmann zusammen eine Prüfung beantragt, ob hier Fördermittel aus dem Städtebauprogramm eingesetzt werden können. Nicht mehr und nicht weniger. Und schon gar nicht eine Komplettsanierung des Gontardweges, wenn die Kommunalen Wasserwerke (KWL) dort 2026 die Leitungen komplett erneuern.

Der Gontardweg ist im Haushalt 2025/2025 nicht vorgesehen

Das Problem dabei: Die KWL haben zwar die Leitungserneuerung geplant. Aber sie haben das Projekt nicht mit einem Antrag an die Stadt zur Komplettsanierung der Straße gekoppelt. Deshalb stehen – so Thomas Dienberg – im Doppelhaushalt 2025/2026 dafür keine Gelder bereit. Sie hätten im Doppelhaushalt mit beantragt werden müssen. Dafür aber war es im Januar schon deutlich zu spät.

Und dazu kommt: Der mit Ach und Krach von der Landesdirektion genehmigte Haushalt unterliegt seit September auch einer Haushaltssperre. Das heißt: Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) dürfte eine Sanierung des Gontardweges gar nicht genehmigen, selbst wenn er das wollte.

Das heißt: Die Vorwürfe, die André Möllmer und Falk Dossin am 26. November in Richtung Baubürgermeister äußerten, waren reines politisches Theater. Oder mit den Worten von Thomas Dienberg: „Das ist unlauter, Herr Dossin.“

Herr Falk Dossin (CDU) im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan KaeferFalk Dossin (CDU) im Leipziger Stadtrat am 26.11.2025. Foto: Jan Kaefer

Denn damit suggerierten Möllmer und Dossin, die Stadt könne eben doch schnell mal Mittel zur Komplettasphaltierung des Gontardweges bereitstellen. Was sie aber gar nicht darf.

Straßensanierung frühestens 2031

Und was AfD-Stadtrat Udo Bütow dann seiner Rede suggerierte, war erst recht heiße Luft. Er meinte, Gelder aus dem Pilotprojekt Wärmewende in der Südvorstadt könnten ja auch umverteilt werden, um die Straßen in der Weidenhofsiedlung zu sanieren. Aber Bauprojekte werden im Stadtrat nun einmal projektgenau beschlossen.

Über die Durchführung des Pilotprojekts in der Südvorstadt wird gerade in den Ausschüssen des Stadtrates beraten. Mit 50 Millionen Euro ist es natürlich umfangreich. Aber wer den Bürgern suggeriert, dass man da einfach Gelder nach Mockau umverteilen könnte, weckt falsche Erwartungen. So funktionieren Projektbeschlüsse im Stadtrat nicht.

Was nicht heißt, dass der Gontardweg und die anderen Straßen in der Weidenhofsiedlung in den nächsten Jahren nicht saniert werden sollen. Aber dafür braucht die Stadt Fördermittel, wie Dienberg am 26. November mehrfach betonte. Und die muss man erst einmal beantragen und eine Genehmigung von der Landesdirektion abwarten. Das passiert nicht in vier Wochen, sondern braucht Jahre, wird also wohl eher in den (frühen) 2030er Jahren passieren.

Im Verwaltungsstandpunkt des Amtes für Wohnungsbau und Stadterneuerung heißt es dazu: „Die Sanierung der öffentlichen Verkehrsflächen in der Weidenhofsiedlung ist nicht im Umsetzungsprogramm (Rahmenplan Mobilität) des Mobilitäts- und Tiefbauamts verankert. Es sind weder Personal noch Haushaltsmittel im aktuelle Doppelhaushalt geplant. Sie könnte frühestens mit dem kommenden Doppelhaushalt als Vorhaben aufgenommen und für eine Umsetzung priorisiert werden.

Die zur Verfügung stehenden Mittel werden über den Rahmenplan und dem sich anschließenden Haushaltsverfahren priorisiert. Durch die aktuelle Haushaltskrise, dem freiwilligem Haushaltssicherungskonzept, Personalumlenkung und anstehenden Stellenkürzung, sowie dem bestätigten Invest-Moratorium sind jedoch deutliche Einschnitte in den zur Verfügung stehenden Ressourcen festzustellen.

In der Wirtschaftsplanung der Leipziger Wasserwerke ist das Vorhaben Neuverlegung Abwasserkanal Gontardweg für 2026 enthalten, nicht jedoch künftige Entsorgungslösungen für die übrigen Straßenzüge und Höfe in der Weidenhofsiedlung. Laut Mittelfristplanung sollen die weiteren Straßen der Siedlung ab 2027 planerisch untersucht werden. Eine bauliche Umsetzung ist derzeit frühestens ab 2031 geplant. Letztere Vorhaben stehen auch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der für die Wirtschaftsplanung der Leipziger Wasserwerke zuständigen Unternehmensgremien. Hier ist neben der Stadt Leipzig auch der Mitgesellschafter ZV WALL vertreten.“

Daran änderten dann auch die Vorwürfe von Falk Dossin und SPD-Stadtrat Andreas Geisler nichts, die Stadt würde sich hinter „Prüfungen“ verstecken. Die ganze Debatte änderte nichts daran, dass die Wasserwerke für ihre Leitungserneuerung 2026 keine Straßensanierung bei der Stadt beantragt hat und die Stadt dafür nicht einfach mal so Gelder freigeben darf.

Was wurde da also beschlossen, auch wenn die Stadtratsmehrheit mit 28:31 Stimmen den Verwaltungsstandpunkt ablehnte?

Nichts anderes, als was auch im Verwaltungsstandpunkt steht: Die 100.000 Euro für Beraterleistungen, mit denen die Bewohner der Weidenhofsiedlung unterstützt werden (in der Variante des SPD-Änderungsantrags). Und die Zusage, dass die Stadt das Einwerben von Fördermitteln für die Straßensanierung in der Weidenhofsiedlung ab 2031 prüft. Etwas anderes hatten Artmann und Möllmer nicht beantragt. Was am 26. November inszeniert wurde, war also nichts anderes als politisches Theater.

Oder um den mit 37:23 Stimmen angenommenen ersten Antragspunkt aus dem Antrag von Möllmer und Artmann noch einmal zu zitieren: „Im Zuge der Sanierung des Gontardweges (und später der anderen Straßen) werden alle öffentlichen Bereiche wie Gehwege, Straßen, Grünflächen u.ä. der als Weidenhofsiedlung bekannten drei Wohnhöfe in Mockau-Süd erneuert und das Gesamtareal damit einer Aufwertung zugeführt.

Hierbei sollen die Anpassungen und Veränderungen im Laufe der 100-jährigen Nutzung mit berücksichtigt werden. Dazu prüft die Stadtverwaltung die Möglichkeit, wie Fördermittel aus dem Bereich der Städtebauförderung oder ähnlichen Programmen eingesetzt werden können.“

Die Fördermittel müssen erst eingeworben werden, die Straßensanierung geplant werden und dann auch noch im Haushalt der Stadt verankert werden. Da könnte 2031 wohl ein realistischer Termin für die Umsetzung sein.