Das Hörbuch „Menschen Bilder – Wider das Vergessen“ führt mitten in ein Stück dunkelster deutscher Geschichte. Zugleich begegnet man dort einer Lichtgestalt: dem Maler Otto Pankok.
Anfang der 1930er-Jahre baute er eine besondere Beziehung zu den Düsseldorfer Sintizze und Sinti auf, die damals in der Nähe seines Ateliers auf dem sogenannten Heinefeld am Stadtrand lebten. Er verbrachte viel Zeit mit ihnen, knüpfte Freundschaften und verewigte sie in Kohlezeichnungen und Holzschnitten. Als diese Werke dann 1932 in der Düsseldorfer Kunsthalle gezeigt wurden, konnte noch niemand ahnen, dass Pankoks porträtierte Freunde die bevorstehende Zeit entweder nicht überleben oder schwer gezeichnet aus polnischen Konzentrationslagern zurückkehren würden. So sagt seine Frau Hulda Pankok (gesprochen von Claudia Mischke) wissend zu ihrem Mann: „Deine Hand hat ein Leben lang gezeichnet, was andere auslöschen wollten.“
Es sind gerade die liebevoll-bewussten Originalzitate der Familie Pankok – eindringlich spricht Thomas Balou Martin den Otto Pankok – die Räume des Mitfühlens öffnen. Sie stehen damit in hartem Kontrast zu den unmenschlichen Fakten des Völkermords und den Aussagen einiger Zeitzeugen, die über ihre Pein in Auschwitz berichten und die den Hörerinnen und Hörern unweigerlich durch Mark und Bein gehen.
Wie ein treuer, unverwüstlicher Freund sorgen immer wieder musikalische Beiträge für ein wenig Versöhnlichkeit und Wärme. Oft sind es Klänge der Roma mit seufzenden Geigen, aber auch mutige, treibende Gitarren, die selbst tiefste Emotionen abfedern und behutsam spiegeln. Sie tragen durch die mehr als zweistündige Hörwelt, die vom Leiter der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte, Bastian Fleermann, initiiert und von Jan Rohlfing, Komponist und Musiker, produziert wurde und bei der Special Guests wie Marianne Rosenberg und Lulo Reinhardt mitwirken.
Es entsteht ein dichtes Panorama jener Menschen, deren Gesichter Pankok festhielt: Verfolgte, Vergessene, Außenseiter. Aber auch im Nachkriegsdeutschland waren die „Sinti und Roma“ nicht willkommen. Und wieder ist es der Künstler, der sich ihrer annimmt und Überlebende zeichnet. Eine nachdenkliche, das Licht suchende Frau, ebenso wie unbeugsame Männer mit Sehnsucht nach Freiheit. Erst 1982 wurde der Völkermord an den „Sinti und Roma“ von Deutschland anerkannt, und noch bis heute müssen sie oft ankämpfen gegen Klischees.
„Menschen Bilder“ ist gerade deshalb eine Einladung, genauer hinzusehen – in die Geschichte, in jedes einzelne Gesicht, das uns begegnet, um gleichzeitig das eigene Mitgefühl zu weiten.
Ein außergewöhnliches Hörbuch, das vom Hessischen Rundfunk als bestes Hörbuch des Monats ausgezeichnet wurde und nicht nur Kenner von Otto Pankok anspricht. Sondern alle, die verstehen wollen, wie Kunst zu einem Akt der Menschlichkeit werden kann.
Info „Menschen Bilder – Wider das Vergessen. Menschenbilder: Otto Pankok – Bilder und Erzählungen einer Freundschaft zu den Düsseldorfer Sintizze und Sinti “, zwei CDs, Griot Verlag, 24,90 Euro.