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Russlands Forstwirtschaft in Bedrängnis: Sanktionen und hohe Zinsen verursachen ernste Probleme. Experten sagen einen dramatischen Rückgang der Produktion voraus.

Moskau – Die russische Forstwirtschaft steht vor erheblichen Herausforderungen. Vizeminister für Industrie und Handel Mikhail Yurin warnte am Donnerstag, dem 27. November, vor einem Ausschuss des Föderationsrates vor einem möglichen Produktionseinbruch von 20 bis 30 Prozent im Jahr 2026, wie die oppositionelle Moscow Times berichtet. Die Branche befinde sich in einem „Abwärtstrend“, der sich bei einer Verschlechterung der geopolitischen Lage bis 2027 fortsetzen könnte.

Laut Yurin wirken mehrere Belastungsfaktoren zusammen: Der hohe Leitzins der russischen Zentralbank, verschärfte Sanktionen, ein anhaltend starker Rubel sowie der schrumpfende Zugang zu verbliebenen Exportmärkten durch sekundäre und tertiäre Beschränkungen setzen dem Sektor massiv zu. Die bereits rückläufige Produktion werde sich voraussichtlich weiter verschlechtern, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax den Vizeminister.

Ministerium prognostiziert starken Rückgang: Mehrere Faktoren belasten die Holzindustrie

Russische Holzexporte sind seit Kriegsbeginn um mehr als 20 Prozent gefallen – von 12,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 auf aktuell 9,8 Milliarden US-Dollar. Das Wirtschaftsentwicklungsministerium stuft die Holzverarbeitung als einen der schwächsten Bereiche der russischen Industrielandschaft ein. Die Produktion sank im dritten Quartal um 4,3 Prozent, im Oktober beschleunigte sich der Rückgang bereits auf 7,8 Prozent. Die Holzeinschlagmengen werden voraussichtlich in diesem Jahr mit 182 Millionen Kubikmetern einen Tiefststand der vergangenen vier Jahre erreichen.

Die Krise macht sich bereits bei einzelnen Unternehmen bemerkbar. Im September 2025 leitete der föderale Steuerdienst ein Insolvenzverfahren gegen Tobol ein, das größte Holzunternehmen in der Region Tjumen. Im selben Monat stellte das Birkensperrholzwerk Svyezha-Tyumen, Teil der Sveza-Gruppe des Milliardärs Alexei Mordaschow, den Betrieb ein und entließ 323 Mitarbeiter. Das Mutterunternehmen begründete dies mit einem starken Produktionsrückgang und einer gesunkenen Kapazitätsauslastung, die das Werk tief in die roten Zahlen getrieben hätten.

Das Foto zeigt das Industriegelände der Center of Siberia LLC in der Nähe des Dorfes Razdolnoye in der Region Krasnojarsk, Russland, wo jährlich rund 120.000 Kubikmeter Holz verarbeitet und ein erheblicher Teil exportiert wird.Die Kombination aus wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Inland und internationalen Sanktionen stellt mehrere Schlüsselbranchen der russischen Wirtschaft vor ihre größten Herausforderungen der vergangenen Jahre. © IMAGO / SNA
Energiesektor unter massivem Druck: Handelspartner wenden sich ab, Einnahmen brechen ein

Die Forstwirtschaft ist nicht die einzige Branche, die unter den Sanktionen leidet. Besonders das Öl- und Gasgeschäft gerät zunehmend unter Druck. Laut Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters vom 24. November könnten die russischen Staatseinnahmen aus dem Energiegeschäft im November im Vergleich zum Vorjahr um etwa 35 Prozent auf 520 Milliarden Rubel (etwa 6,61 Milliarden US-Dollar) sinken. In den ersten elf Monaten des Jahres könnten die Einnahmen den Berechnungen zufolge um 22 Prozent auf acht Billionen Rubel (circa 102,6 Milliarden US-Dollar) zurückgehen.

Besonders problematisch für Moskau: Selbst langjährige Partner zeigen sich zunehmend zurückhaltend. Der chinesische Staatskonzern Yanchang Petroleum hat seine Ölkäufe aus Russland eingestellt und stattdessen drei Millionen Barrel Rohöl aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kasachstan für Januar-Lieferungen erworben. Auch Sinopec hatte bereits im Oktober seine russischen Rohölkäufe gestoppt, um das Risiko von Sekundärsanktionen zu reduzieren.

Rückkehr zu Tauschgeschäften zeigt Ausmaß der Krise – Goldreserven werden angegriffen

Die Sanktionen zwingen russische Unternehmen zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Wie berichtet, greifen russische Firmen verstärkt auf Tauschgeschäfte zurück – eine Entwicklung, die an das wirtschaftliche Chaos der 1990er Jahre erinnert. „Wir bieten innovative Kooperationsmodelle zur Reduzierung von Abwicklungsrisiken“, erklärte Xu Xinjing von der Hainan Longpan Oilfield Technology Co. Sein Unternehmen liefert Schiffsmotoren im Austausch gegen Stahlmaterialien oder Aluminiumlegierungen aus Russland. Reuters identifizierte acht konkrete Tauschgeschäfte, darunter chinesische Autos gegen russischen Weizen.

Die angespannte Haushaltslage zeigt sich auch an einem beispiellosen Schritt: Russlands Zentralbank verkauft erstmals physisches Gold aus ihren Reserven auf dem Markt, berichtet The Bell. Vor der Ukraine-Invasion hielt der Staatsfonds National Wealth Fund 405,7 Tonnen Gold. Seither wurden mehr als die Hälfte verkauft, um Budgetausgaben zu decken. Zum 1. November 2025 verblieben Berichten zufolge noch 173,1 Tonnen Gold im Fonds. Sollten sich die geopolitischen Rahmenbedingungen nicht verbessern, rechnet das Ministerium mit einer Fortsetzung des negativen Trends bis mindestens 2027. (ls)