20251127 Runder Tisch Amalie Foto DWLammer
Mannheim/Metropolregion Rhein-Neckar – Beim Runden Tisch Prostitution, zu dem die Beratungsstelle Amalie regelmäßig einlädt, stand der kommunale Umgang mit dem Prostitutionsgeschehen im Fokus.

Zu Gast waren die Wiesbadener Frauenbeauftragte Saskia Veit-Prang und die Soziologin Manuela Schon, die eindrücklich darlegten, wie Wiesbaden die Istanbul-Konvention umsetzt, um Prävention, Schutz und Ausstiegshilfen zu stärken und gleichzeitig die Nachfrage nach Prostitution zu senken. Innerhalb eines Jahres konnte dort die Zahl der in der Stadt tätigen Prostituierten von 150 auf rund 88 wöchentlich reduziert werden – nicht durch Repression, sondern durch Information, Aufklärung und Kooperation.

Frauen in der Prostitution erfahren ein Mehrfaches an Gewalt

Studien zeigen: Frauen in der Prostitution erfahren sexualisierte, körperliche und psychische Gewalt in einem weitaus höheren Ausmaß als die weibliche Durchschnittsbevölkerung. Wenn über Femizide gesprochen wird, ist festzuhalten, dass prostituierte Frauen einem um ein Achtzehnfaches erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Opfer eines tödlichen Angriffs zu werden, bestätigen die beiden Kolleginnen aus Wiesbaden. Die Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt ist seit Februar 2018 völkerrechtlich bindend für Bund, Länder, Kommunen, Gerichte und Behörden. Sie hat damit auch für den Schutz besonders vulnerabler Gruppen wie prostituierte Frauen eine wichtige Bedeutung.

Die Marktanalyse in Wiesbaden zeigt, dass sich der Großteil der Prostitution in Terminwohnungen, Hotels, Boardinghäusern, Airbnb und anderen Orten abspielt. Mehr als 70 Prozent findet damit im Verborgenen statt, jenseits der genehmigten Einrichtungen und damit außerhalb staatlicher Kontrolle. Der Kontakt zwischen Freiern und Prostituierten wird in anonymen Buchungsplattformen und digitalen Räumen hergestellt. Dies erschwert den Zugang zu den Frauen und macht flächendeckende Schutz- und Präventionsarbeit zu einer kommunalen Herausforderung. „All diese Erfahrungen machen wir auch in Mannheim“, sagt Astrid Fehrenbach, Amalie-Leiterin. „Auch hier hat sich die Prostitution längst im ganzen Stadtgebiet ausgebreitet.“

Multiprofessionelle Zusammenarbeit als Schlüssel

Die Erfahrungen aus Wiesbaden zeigen, dass Zusammenarbeit Wirkung entfalten kann – selbst dort, wo Prostitution nicht auf den ersten Blick sichtbar ist. Manuela Schon erläutert im Runden Tisch, dass anonyme Kurzzeitvermietungen für die Prostitution eine wachsende Rolle spielen. „Airbnb-Gastgeber und Hotels sind oft dankbar, wenn wir sie kontaktieren. Viele haben bereits Vermutungen, trauen sich aber nicht, etwas anzusprechen. Frauen werden häufig von Dritten in die Wohnungen oder Hotels gebracht und im Hintergrund kontrolliert oder bestraft. Deshalb gehen wir aktiv auf sie zu, bieten Beratung an und klären auf, statt zu sanktionieren. Unser Ziel ist es nicht, Menschen unter Druck zu setzen, sondern Prostitution zu verhindern, bevor sie sich verfestigt“, sagt Manuela Schon.

Magistratsdirektorin und Frauenbeauftragte Saskia Veit-Prang ergänzte: „In Wiesbaden beobachten wir, dass solche Interventionen Wirkung zeigen. Nicht, weil wir repressiv vorgehen, sondern weil wir informieren, Alternativen aufzeigen und die Strukturen des Systems sichtbar machen. Das verändert etwas Grundsätzliches.“ (JeLa)

Quelle: Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche Mannheim

Zuletzt aktualisiert am 2. Dezember 2025, 22:03