Vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin haben linke Aktivisten des „Zentrums für politische Schönheit“ (ZPS) sowie grüne und linke Politiker am Mittwoch eine umstrittene lebensgroße Statue des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke eingeweiht. Zuvor hatte es aus Kreisen der CDU scharfe Kritik an der Aktion gegeben.
„Diese Statue ist keine Spaßaktion, sie ist auch keine Provokation. Sie ist ein Mahnmal“, erklärte Vassili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „Es ist fünf vor 1933. Wäre es nicht so, wären Walter Lübcke und so viele andere noch am Leben“, sagte Franco weiter.
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Die Bezirksbürgermeisterin von Mitte, Stefanie Remlinger (Grüne), wies in ihrer Rede auf die Kunstfreiheit hin. „Wir kuratieren keine Kunst, die auf private Initiative aufgestellt wird“, sagte Remlinger. Deutschland sei der Kulturförderung verpflichtet. Deshalb habe das Straßen- und Grünflächenamt dem ZPS eine Genehmigung für das Aufstellen des Denkmals erteilt.
Vassili Franco, innenpolitischer Sprecher der Berliner Grünen, bei der Einweihung des Denkmals.
© Dominik Lenze
Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärte Remlinger, dass das ZPS dem Bezirksamt vorab geschildert habe, wie das Denkmal aussehen soll. „Und so wie es gestaltet ist, hat sich mein guter Eindruck bestätigt“, sagte sie. Dass es aus der CDU – auch von Bundestagsmitglied Michael Brand, einem Freund der Familie Lübcke – Kritik gebe, mache sie „traurig“. „Kunst liegt nun mal im Auge des Betrachters“, erklärte Reminger.
Stefan Pelzer vom ZPS forderte Politiker der CDU bei der Einweihung zur Anteilnahme auf. „Wenn ich in diesen Glaspalast reingucke, frage ich mich: Was kostet es euch, hier runter zu kommen und kurz innezuhalten?“, sagte Pelzer. Das Konrad-Adenauer-Haus – die Bundesgeschäftsstelle der CDU – befindet sich in unmittelbarer Nähe des Denkmals in der Klingelhöferstraße.
„Gestiftet von der Deutschen Zivilgesellschaft“ steht auf dem Walter-Lübcke-Denkmal. Das „Zentrum für politische Schönheit“ hatte einen Spendenaufruf zur Finanzierung gestartet.
© Dominik Lenze
„Warum ist es an dem Todestag von Walter Lübcke so ruhig im konservativen Lager?“, fragte Maximilian Schirmer (Linke). Er sehe nur eine Erklärung: „Weil das Andenken an Walter Lübcke stört. Es stört möglicherweise, wenn man über Regierungsbeteiligungen der AfD nachdenkt“, sagte Schirmer.
Freund der Familie Lübcke fordert Entschuldigung
CDU-Politiker hatten die Aktion zuvor als „Missbrauch“ bezeichnet und scharf kritisiert. Michael Brand, Freund der Familie Lübcke und CDU-Bundestagsabgeordneter sowie Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung, sagte dem Tagesspiegel auf Nachfrage: „Wer Walter kannte, der weiß, dass er als aufrechter Konservativer für menschlichen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten, aber zugleich eindeutig in der Frage von illegaler Migration war.“ Lübcke und Friedrich Merz seien von ihren Grundauffassungen sehr ähnlich, nämlich demokratisch, europäisch, konservativ und gegen Extremismus.
„Den ersten von Rechtsextremisten ermordeten Repräsentanten unseres Staates in einer solchen wirklich geschmacklosen Aktion missbrauchen zu wollen, macht nicht nur mich sehr wütend“, heißt es in der Stellungnahme von Brand, und außerdem: „Wir Demokraten bekämpfen die Extremisten von der AfD nicht durch den Missbrauch von ermordeten Demokraten.“
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verurteilte die Aktion. Es sei „absolut geschmacklos“, mit einem brutal ermordeten Politiker auf diese Art und Weise Politik zu machen, sagte er am Dienstag am Rande der Senatspressekonferenz.
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Die Familie Lübckes wollte sich auf Anfrage nicht zu der Aktion an der CDU-Parteizentrale äußern. Der Bezirk Mitte hatte am Dienstag mitgeteilt, dass für die Fläche vor dem Parteihaus ein Sondernutzungsrecht für zwei Jahre erteilt wurde. Faktoren wie Standsicherheit, polizeiliche Gefährdungsaspekte sowie verkehrstechnische Belange seien abgefragt worden, sagte ein Sprecher. Das Bezirksamt habe sich nach einer Prüfung dagegen entschieden, eine Aufstellung durch das ZPS zu verhindern.
Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf seiner Terrasse im nordhessischen Wolfhagen-Istha von dem Rechtsextremisten Stephan E. ermordet worden – aus dessen Ablehnung von Lübckes liberaler Haltung zur Flüchtlingspolitik. Der Täter verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe. Er soll die AfD etwa im Wahlkampf unterstützt haben.