Steuerbetrug Cum/Cum-Fälle
Über eine Milliarde Euro offen: Linke kritisiert den Senat scharf
03.12.2025 – 17:00 UhrLesedauer: 3 Min.
Linken-Politiker David Stoop (Archivbild): Er kritisiert den Hamburger Senat in der Aufarbeitung von Cum/Cum-Fälle. (Quelle: Georg Wendt/dpa)
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Mehr als eine Milliarde Euro aus Cum/Ex- und Cum/Cum-Fällen ist offen. Die Linke wirft dem Senat zu wenig Härte bei Rückforderungen und Bußgeldern vor.
Die Hamburger Finanzbehörde untersucht weiterhin zahlreiche Vorgänge im Zusammenhang mit den umstrittenen Cum/Ex- und Cum/Cum-Aktiengeschäften. Aus einer aktuellen Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linksfraktion geht hervor, dass sich derzeit insgesamt 1,124 Milliarden Euro an Steuerabzugsbeträgen in der Prüfung befinden.
Dabei geht es um 483 Millionen Euro im Bereich Cum/Ex und 641 Millionen Euro bei Cum/Cum. Ob und in welchem Umfang daraus endgültige Rückforderungen entstehen, ist noch offen.
Bereits seit 2015 wurden nach Angaben des Senats 122,3 Millionen Euro rechtskräftig zurückgefordert. Zusätzlich seien 18,8 Millionen Euro an Zinsen festgesetzt worden. Bußgelder hingegen wurden bisher nicht verhängt, wie die Linksfraktion in einer Mitteilung am Mittwoch kritisiert.
Die Aufarbeitung der Fälle erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Köln, die deutschlandweit zentral für Cum/Ex- und viele Cum/Cum-Verfahren zuständig ist. Das Hamburger Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen ist laut Senat in 36 laufende Strafverfahren wegen Cum/Cum-Gestaltungen eingebunden. Zwei weitere Sachverhalte befinden sich in Vorermittlungen.
Eine eigene strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft Hamburg findet nicht statt.
Die Linksfraktion bewertet die bisherigen Maßnahmen des Senats kritisch und fordert ein deutlich strengeres Vorgehen. „Der von Banken organisierte Steuerraub durch Cum/Ex und Cum/Cum hat den Staat Milliarden gekostet“, sagt David Stoop, haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion. Expertinnen und Experten schätzten den bundesweiten Schaden allein durch Cum/Cum-Geschäfte auf rund 28,5 Milliarden Euro.
Vor allem bei Sanktionen sieht Stoop Nachholbedarf: „Bei den Bußgeldern hat Hamburg sich bisher völlig rausgehalten. Wer den Staat – und damit unser gesamtes Gemeinwesen – um Milliarden betrügt, muss dafür nach Recht und Gesetz bestraft werden.“
Ein Großteil der heute noch relevanten Cum/Cum-Fälle bezieht sich auf die Jahre 2015 und 2016, also auf die Zeit vor einer Gesetzesänderung, die solche Modelle weitgehend unterbunden hat.
Nach Kenntnis des Senats wurden in den Veranlagungszeiträumen seit 2015 keine neuen Cum/Ex-Geschäfte und seit Inkrafttreten der Gesetzesänderung keine neuen Cum/Cum-Geschäfte in Hamburg festgestellt. Die offenen Vorgänge betreffen daher überwiegend ältere Strukturen, deren Aufarbeitung weiterhin andauert.
Die Aufklärung gilt als besonders komplex. Die Modelle waren international organisiert, an ihnen beteiligt waren Banken, Fonds, Investmentgesellschaften und spezialisierte Anwälte. In vielen Fällen müssen Behörden rekonstruieren, welche Geschäfte tatsächlich stattgefunden haben und welche steuerlichen Erklärungen abgegeben wurden.
Der Bundesfinanzhof hat erst in den vergangenen Jahren mehrere Grundsatzentscheidungen gefällt, die nun als Grundlage für Rückforderungen dienen – auch in Hamburg.
Der bekannteste Cum/Ex-Fall mit Bezug zu Hamburg betrifft die Warburg Bank, die über Jahre hinweg Dividendenstrukturen genutzt haben soll, die zu mehrfachen Steuererstattungen führten. Inzwischen sind Rückforderungen in dreistelliger Millionenhöhe rechtskräftig geworden. Der Fall sorgte bundesweit für politische Diskussionen – auch, weil es um Entscheidungen der Hamburger Finanzverwaltung ging.
