Dresden – Um 15.45 Uhr geht‘s für Beate Zschäpe (50) zurück in den Knast. Eine Justizbeamtin führt die NSU-Terroristin aus dem Dresdner Oberlandesgericht in den Gefangentransporter, der sie zurück in den Frauenknast nach Chemnitz bringt. Es ist das erste Foto seit Jahren, das Zschäpe zeigt. Sie sieht aus wie früher, will aber eine andere geworden sein …

Denn fast acht Jahre nach der Verurteilung zu lebenslanger Haft steht Zschäpe wieder vor Gericht. In Dresden soll sie als Zeugin gegen ihre ehemals beste Freundin Susann E. (44) aussagen. Laut Anklage habe diese der verurteilten Mörderin u.a. mit ihrer Krankenkarte ausgeholfen. Sie ist deshalb wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt.

Susann E. (44) hier zum Prozessauftakt im November 2025. Sie soll Zschäpe laut Bundesanwaltschaft ihre Krankenkarte überlassen haben

Beate Zschäpe und Susann E. Das Foto fanden Ermittler in der ausgebrannten Wohnung des NSU-Trios

Im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichtes ist die Angeklagte am Mittwoch aber allenfalls Beiwerk. Alle Augen ruhen auf Zschäpe, die um 9.11 Uhr auftritt. Langes lockiges Haar, Schaltuch, gepunktete Bluse, Jeans und schwarze Sneaker – das Böse wirkt wie die nette Kindergärtnerin.

Zschäpe macht Ausbildung zur NäherinZum ersten Prozesstag gab es eine Demonstration vor dem Gericht

Foto: Dirk Sukow

Dabei will Zschäpe nicht mehr die Böse sein: „Ich schäme mich“, sagt sie. Einmal in der Woche spricht sie mit einem JVA-Psychologen, macht im Gefängnis eine Ausbildung zur Modenäherin. Ihr Urteil habe sie inzwischen angenommen. Eine klare Entschuldigung an die Opferfamilien fehlt jedoch bis heute. „Wenn ich mich melden würde, würde ich das als übergriffig empfinden“, erklärt sie.

Bei einem NSU-Bombenanschlag in Köln 2004 wurde 22 Menschen zum Teil schwer verletzt

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Foto: picture alliance / dpa

Als Richterin Simone Herberger sie später fragt, wann sie sich letztmals mit ihren Taten auseinandergesetzt habe, wird Zschäpe dünnhäutig: „Ich habe den Eindruck, dass ich hier jetzt die Angeklagte bin“, moniert sie – die Verhandlung wird daraufhin kurzzeitig unterbrochen.

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Susann E., die Frau, die wirklich angeklagt ist, wird zuvor von ihrer ehemals besten Freundin belastet: Zschäpe bestätigt, dass sie mit ihrer Krankenkassenkarte mehrfach beim Zahnarzt war und auch die Bahncard mit dem Foto der NSU-Terroristin auf E.s Namen lief. Einmal habe Zschäpe sich sogar bei der Polizei als ihre Freundin ausgegeben. Damals ging es um eine Zeugenaussage wegen eines Wasserschadens. „Susann wusste von den Banküberfällen, aber nicht von den anderen Sachen“, sagt Zschäpe und meint mit den anderen Sachen die Nazi-Morde an zehn unschuldigen Menschen. Die Mörderbande bedankte sich auch bei ihrer Helferin: Unter anderem gab es eine Reise ins Disneyland nach Paris für Familie E. geschenkt.

Zschäpe am Donnerstag erneut vor Gericht

Donnerstagfrüh wird Zschäpe erneut in den Gefangenentransporter steigen, von Chemnitz wieder nach Dresden fahren. Ab 9 Uhr wird der Prozess fortgesetzt. Und sie soll weiter aussagen.