Die Angeklagten beim Internationalen Militärgerichtshof gegen Kriegsverbrecher in Nürnberg, November 1945 [Photo: Raymond D’Addario]

Derzeit läuft in den amerikanischen Kinos der Spielfilm Nürnberg von Regisseur James Vanderbilt über den Nürnberger Prozess gegen die Nazi-Führer, der im November 1945 begann. Die Anklagepunkte lauteten Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Angriffskriege, Verbrechen gegen den Frieden sowie die Ausführung eines gemeinsamen Plans (Verschwörung) zur Begehung dieser Verbrechen.

In den Nürnberger Prozessen wurde der heutige Rahmen des Völkerrechts geschaffen. Nach diesem Vorbild tragen Politiker und Militärführer eine individuelle strafrechtliche Verantwortung, wenn sie Angriffskriege führen und Kriegsverbrechen begehen.

Das Thema des Films könnte aktueller nicht sein. Er erscheint inmitten der zugespitzten Krise in den USA, in der die Trump-Regierung eine Reihe von Mordanschlägen in der Karibik und im Pazifik verübt hat. Seit dem 2. September hat sie 21 Raketenangriffe auf 22 Boote angeordnet, die mit unbewaffneten und wehrlosen Menschen besetzt waren. Mindestens 83 Zivilisten wurden getötet, denen ohne jeden Beweis Drogenschmuggel vorgeworfen wurde.

Am Freitag berichtete die Washington Post, dass Kriegsminister Pete Hegseth bei dem ersten dieser Morde am 2. September den Befehl erteilt habe, „alle zu töten“. Daraufhin sei eine zweite Rakete abgefeuert worden, die die Überlebenden des ersten Angriffs tötete.

Diese Enthüllungen kommen ans Licht, während gleichzeitig eine Krise im Staatsapparat tobt, die sich am 18. November verschärfte. Eine Gruppe demokratischer Abgeordneter veröffentlichte ein Video, in dem sie US-Soldaten an ihre Pflicht erinnern, das Völkerrecht zu befolgen und illegale Befehle zu verweigern.

Senatorin Elissa Slotkin erläuterte am 23. November in der Talkshow „This Week“, dass das Video durch Trumps Luftangriffe in der Karibik und seinen Truppeneinsatz in US-Städten ausgelöst worden sei. Slotkin wies darauf hin, dass es „so etwas wie illegale Befehle gibt”, und sagte: „Schon seit Nürnberg gilt: ‚Tja, sie haben es mir befohlen, deshalb habe ich Menschen getötet‘ ist keine Entschuldigung.“

Die nackte Kriminalität der Trump-Regierung hat fast zwangsläufig die Frage nach Kriegsverbrechen und Völkerrecht aufgeworfen. Das Maß an Gangstertum und Verkommenheit, das aus dem Weißen Haus kommt, markiert einen neuen Tiefpunkt. Allerdings gibt es weder von Seiten der Demokratischen Partei noch von Seiten der Medien eine ernsthafte Diskussion über den tatsächlichen politischen und historischen Hintergrund und die Umstände, die Trump hervorgebracht haben.

Die World Socialist Web Site betont seit über 20 Jahren die Bedeutung des Nürnberger Präzedenzfalls im Zusammenhang mit der Aggression des amerikanischen Imperialismus.

Im Jahr 2004 hielt David North, der Chefredakteur der World Socialist Web Site, eine Rede bei einer Debatte an der Philosophical Society des Trinity College in Dublin, Irland. Darin ging er auf die Bedeutung der „Präventivkriegs“-Doktrin der Bush-Regierung ein. Die Nürnberger Prozesse hätten den Grundsatz festgelegt, dass ein Angriffskrieg „das höchste internationale Verbrechen“ sei, erklärte North.

Bei den Prozessen wurde ausdrücklich erklärt, dass die Urteile einen Präzedenzfall schaffen, der nicht nur für die besiegten Achsenmächte, sondern auch für die Alliierten, einschließlich der Vereinigten Staaten, gilt. North zitierte Robert Jackson, den Hauptankläger der USA und Richter am Obersten Gerichtshof:

Wenn bestimmte Verstöße gegen ein Abkommen ein Verbrechen darstellen, ist dies sowohl der Fall, wenn die Vereinigten Staaten sie begehen, als auch wenn Deutschland sie begeht. Wir sind nicht bereit, Regeln für kriminelles Verhalten gegen andere festzulegen, deren Anwendung wir nicht auch gegen uns zulassen würden.

Jackson fügte hinzu: „Wenn wir diesen Angeklagten einen vergifteten Kelch reichen, müssen wir ihn auch selbst an unsere Lippen setzen.“

Seitdem habe sich viel verändert, sagte North:

Der amerikanische Imperialismus ist in seinem Streben nach globaler Vorherrschaft der Hauptanstifter von Gewalt, Ausbeutung und Unmenschlichkeit in der heutigen Welt. Seine Außenpolitik hat den Charakter eines gewaltigen internationalen kriminellen Unterfangens angenommen.

North gab diese Einschätzung vor dem Hintergrund der illegalen Invasion des Irak, die 2003 unter der Bush-Regierung begann. Sie folgte auf eine Reihe von Angriffskriegen während und nach der Auflösung der Sowjetunion, darunter der erste Golfkrieg 1991 unter George Bush Senior und der Krieg gegen Serbien 1999 unter Bill Clinton.

Der Irakkrieg war Teil des „Kriegs gegen den Terror“, der 2001 begann und als Rechtfertigung für Angriffskriege – zuerst gegen Afghanistan, dann gegen den Irak – und Mord, Folter und massenhafte Überwachung der eigenen Bevölkerung diente. Vizepräsident Dick Cheney erklärte damals: „Wir müssen auf der dunklen Seite arbeiten … Wir werden Zeit im Schatten verbringen.“

David North

30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020

Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.

Im Rahmen des Zweiten Golfkriegs richtete die Bush-Regierung weltweit eine Reihe sogenannter „Black Sites“ ein – geheime Gefängnisse, in die sie Tausende Menschen verschleppte, die im Rahmen der Politik der „außerordentlichen Überstellungen“ illegal entführt worden waren. Das Weiße Haus schuf ein System der Folter und bezeichnete „Waterboarding“, „Walling“ und „rektale Rehydrierung“ als „Verhörtechniken“.

Der ehemalige Präsident Barack Obama fasste die Verbrechen der Bush-Regierung lapidar mit den Worten zusammen: „Wir haben einige Leute gefoltert.“ Aber Obama führte seine eigenen Neuerungen ein, darunter Hunderte von Drohnenangriffen, bei denen zwischen 2.500 und 4.000 Menschen getötet wurden. Die Politik der Ermordung ohne Gerichtsverfahren, auch von US-Bürgern, war so weit verbreitet, dass ein komplexes bürokratisches System zur Auswahl der Opfer bei wöchentlichen „Terror-Dienstags“-Sitzungen geschaffen wurde.

Die erste Trump-Regierung baute auf diesem kriminellen Erbe auf. Trump begnadigte den Elitesoldaten Eddie Gallagher, der einen jungen Gefangenen erstochen und sich dann mit der Leiche fotografiert hatte. Gleichzeitig eskalierten die USA die Gewalt im Ausland und ermordeten den iranischen Kommandeur Qasem Soleimani in Bagdad.

Es blieb der Biden-Regierung überlassen, den Völkermord wieder einzuführen – das schrecklichste und prägendste Verbrechen der Nazi-Führung. Biden finanzierte, bewaffnete und verteidigte den israelischen Völkermord in Gaza. Er versorgte das israelische Regime mit tausenden 2.000-Pfund-Bomben, mit denen mindestens 60.000 Palästinenser massakriert wurden. Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant – der dieses Jahr wegen Kriegsverbrechen angeklagt wurde – bezeichnete die Bevölkerung in Gaza als „menschliche Tiere“.

Die zweite Trump-Regierung sitzt auf diesem Leichenberg. Trump, ein Bewunderer Adolf Hitlers, verteidigt offen Folter, Mord und ethnische Säuberungen in einem Ausmaß, das in der amerikanischen Geschichte beispiellos ist. Dass er an die Spitze des amerikanischen Staates befördert wurde, ist ein Zeugnis all jener Verbrechen, die seinem Aufstieg vorausgingen.

Der Mord an unbewaffneten Zivilisten in der Karibik hat eine Krise innerhalb des politischen Establishments der USA ausgelöst, weil Teile des Militärs fürchten, dass eine derart zügellose Kriminalität das gesamte Vorhaben der weltweiten US-Vorherrschaft diskreditieren könnte. Die weitsichtigeren Kreise der herrschenden Klasse sind der Ansicht, dass der amerikanische Imperialismus den Schein wahren müsse, das Völkerrecht zu achten, wenn er die Welt mit militärischer Gewalt beherrschen will.

Aber dieser Schein ist ein Betrug. Die kriminellen Methoden, die der amerikanische Imperialismus zur Erreichung seiner globalen Vorherrschaft einsetzt, ergeben sich aus seinen kriminellen Zielen. Das gesamte strategische Vorhaben des amerikanischen Imperialismus – seine militärische Macht einzusetzen, um den eigenen Abstieg aufzuhalten – läuft auf eine Verschwörung zur Führung von Angriffskriegen hinaus, also auf das, was in den Nürnberger Prozessen als „Verbrechen gegen den Frieden“ bezeichnet wurde. Und genau diese Politik hat Donald Trump und seine faschistische Clique hervorgebracht.

Die arbeitende Bevölkerung in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt muss ihre Lehren aus den Erfahrungen mit dem amerikanischen Imperialismus ziehen. Die Verteidigung der demokratischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Arbeiter erfordert den Kampf gegen imperialistische Kriege und den Aufbau einer globalen Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse.