Gürtelrose-Impfung beugt Demenz vor
Dieses aus der Not geborene Setup machten sich Demenzforschende um Pascal Geldsetzer von der Stanford University zunutze. In den sieben Jahren nach Beginn der Impfkampagne untersuchten sie den Gesundheitsstatus der Teilnehmenden sowie der Nicht-Teilnehmenden. Sie verglichen, welche der geimpften und ungeimpften Personen Demenz entwickelten – unabhängig von anderen möglichen Einflussfaktoren wie Alter, Ernährung, körperlicher Fitness, weiteren Impfungen oder Gesundheitspräventionen.
Die Ergebnisse dieser Studie wurden bereits im Frühjahr veröffentlicht und ergaben: Die Geimpften erkrankten in den Folgejahren nicht nur seltener an Gürtelrose, sondern auch 20 Prozent seltener an Demenz als die Ungeimpften. Gesundheitsdaten aus England, Australien, Neuseeland und Kanada, wo ähnliche Impfkampagnen stattfanden, bestätigten die Befunde aus Wales. Das bedeutet, dass die Gürtelrose-Impfung als Nebeneffekt einer Demenzerkrankung vorbeugen kann. Die Studien bestätigten zudem frühere Befunde, wonach Herpesviren wie Varicella-Zoster das Demenz-Risiko erhöhen.
Gürtelrose-Vakzin bremst auch Demenz aus
Nun hat ein Team um Geldsetzer und Erstautor Min Xie vom Universitätsklinikum Heidelberg in einer Folgestudie untersucht, ob die Gürtelrose-Impfung auch bei einer bereits bestehenden Demenz-Erkrankung helfen kann. Dafür werteten die Forschenden erneut die Gesundheitsdaten der walisischen Impfstudie aus. Diesmal verglichen sie, wie oft in den neun Folgejahren nach Impfbeginn milde und schwere Demenzsymptome auftraten.
Die Auswertung ergab: Bei den geimpften Personen wurde später seltener eine leichte kognitive Beeinträchtigung diagnostiziert als bei Ungeimpften. Die Häufigkeit dieser frühen Demenz-Beschwerden lag in der geimpften Gruppe um drei Prozentpunkte niedriger. Zudem starben die Teilnehmenden, welche den Impfstoff erst nach der Diagnose einer Demenz erhielten, seltener daran als ungeimpfte Demenz-Kranke. Die Häufigkeit tödlicher Verläufe dieser Erkrankung war in der geimpften Gruppe um 30 Prozentpunkte niedriger.
Frauen profitieren stärker
Das Team schließt daraus, dass das Gürtelrose-Vakzin tatsächlich den Krankheitsverlauf verlangsamen kann und sowohl im frühen als auch im späten Stadium diese neurodegenerative Krankheit ausbremst. „Die Befunde deuten darauf hin, dass der Gürtelrose-Impfstoff nicht nur vorbeugende Vorteile bietet und den Ausbruch von Demenz verzögert, sondern auch ein therapeutisches Potenzial für diejenigen besitzt, die bereits an Demenz leiden“, sagt Geldsetzer.
Aus den Daten geht zudem hervor, dass Frauen stärker von der Gürtelrose-Impfung profitieren als Männer: Bei ihnen war der Schutzeffekt vor Demenz ausgeprägter. Das Team vermutet, dass dies auf Geschlechterunterschiede im Immunsystem oder bei der Demenzentwicklung zurückgeht. Beispielsweise bilden Frauen nach einer Impfung mehr Antikörper als Männer. Eine Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus wird dadurch unwahrscheinlicher. Möglicherweise sinkt so auch das Risiko, dass das Virus Demenz auslöst, spekuliert das Team um Xie.
Schutzmechanismus noch unklar
Wie genau das Gürtelrose-Vakzin vor Demenz schützt, ist allerdings noch unklar und muss in Folgestudien näher erforscht werden. Dabei soll dann auch der Rolle des Virus, des Immunsystems und des Geschlechts nachgegangen werden. „Die Erforschung dieser Mechanismen könnte zu Durchbrüchen in der Behandlung und Prävention führen“, sagt Geldsetzer. Zudem soll untersucht werden, ob verschiedene Gürtelrose-Impfstoffe denselben Effekt auf Demenzerkrankungen haben. (Cell, 2025; doi: 10.1016/j.cell.2025.11.007)
Quelle: Stanford Medicine
4. Dezember 2025
– Claudia Krapp