Hamburg – Wer in eine dieser Wohnungen einziehen möchte, soll verzichten. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga aus Hamburg will in einer Neubausiedlung Wohnungen nur vermieten, wenn die Interessenten sich per Vertrag dazu verpflichten, kein Auto zu haben.

Das Unternehmen will zwei Gebäude mit 58 Wohnungen (Kaltmiete: 7,25 Euro pro qm) im Quartier „Georgswerder Kirchenwiese“ in Hamburg-Wilhelmsburg errichten. Doch wer hier einziehen möchte, der sollte kein Autofan sein. Denn die Saga verfolgt bei den Vermietungen eine sehr spezielle Idee: ein „autoarmes Quartier“.

Parkplätze für 20 Lastenräder

Das Mietangebot richte sich laut Saga an Personen, die „aus Überzeugung“ auf einen eigenen Pkw verzichten. Die Bewohner sollen lieber Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen. Deshalb sind eine Carsharing-Station sowie Stellplätze für 20 Lastenräder und 140 Fahrräder geplant.

Der SPD-Mann Kay Gätgens leitet die stadteigene IBA GmbH, der das Grundstück gehört hat

Der SPD-Mann Kay Gätgens leitet die stadteigene IBA GmbH, der das Grundstück gehört hat

Foto: Bina Engel/Bezirksamt HH

Doch Juristen haben Bedenken. Nach Einschätzung des Fachanwalts Thomas Pliester darf die Saga potenziellen Mietern den Besitz von Autos nicht untersagen. „Ich habe Zweifel, dass es wirksam ist, Mietern den Autobesitz zu verbieten“, sagte Pliester der Deutschen Presse-Agentur.

Autobesitzverbot ist Eingriff in die Privatsphäre

Ein pauschales Autobesitzverbot für Mieter sei ein Eingriff in die Privatsphäre. Je angespannter die Lage auf dem Wohnungsmarkt sei, desto schwerer wirke dieser. Pliester gehört der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht im Deutschen Anwaltverein an.

Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) sitzt im Aufsichtsrat der Saga

Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) sitzt im Aufsichtsrat des Wohnungsunternehmens Saga

Foto: picture alliance / dts-Agentur

Der Chef des Hamburger Mietervereins, Rolf Bosse, teilt die Kritik. Schon in der Vergangenheit sei der Versuch einer Wohnungsgesellschaft in Münster gescheitert, das Besitzen von Autos zu untersagen, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“.

„Die sind alle verrückt geworden“

Der Hamburger CDU-Fraktionsvize Richard Seelmaecker (52) findet zum Auto-Verbot deutliche Worte: „Die sind alle verrückt geworden. Das ist pure Gängelei. Die rechtswidrige Praxis ist sofort zu stoppen.“

Sehr pikant: Das Grundstück gehörte vorher dem stadteigenen Immobilienentwickler IBA-GmbH. Sie hatte das Areal an die Saga verkauft, angeblich mit der Verpflichtung, dort nur Mieter ohne Auto aufzunehmen. Das streitet die IBA ab. Deren Sprecher Arne von Maydell sagte zu BILD, die Saga habe schlicht keine Tiefgarage bauen wollen.

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CDU-Mann Seelmaecker: „Das riecht verdächtig danach, dass sich zwei Stadt-Unternehmen gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben.“ Für beide Unternehmen ist die Senatorin der Baubehörde, die SPD-Politikerin Karen Pein (52), zuständig.

Vermietung vorerst gestoppt

Laut Saga sollten die 2- bis 5‑Zimmer-Wohnungen im Februar bezogen werden. Doch das geplante Autoverbot hat zu so viel Protest geführt, dass das Unternehmen vorerst die Vermietung gestoppt hat. Saga-Sprecher Michael Ahrens zu BILD. „Wir wollen diesbezüglich noch mit dem Verkäufer des Grundstücks reden.“