Das Aufsichtsgremium des US-Verteidigungsministeriums sieht Medienberichten zufolge erhebliche Risiken durch den Umgang von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth mit sensiblen Militärdaten. Ein Untersuchungsbericht kommt laut den Sendern CNN und ABC News zu dem Schluss, dass Hegseth im März während der Vorbereitungen für einen Angriff auf die Huthi-Miliz im Jemen hochsensible Einsatzdetails über die App Signal teilte und dabei möglicherweise US-Soldaten gefährdete.

Der Bericht ist zwar unter Verschluss, liegt aber dem Kongress vor und soll an diesem Donnerstag in geschwärzter Form veröffentlicht werden. Die Sender berufen sich auf Personen, die den ungeschwärzten Bericht kennen. Hegseth habe demnach „Risiken für die operative Sicherheit geschaffen“. Sein Vorgehen hätte zu „möglichen Schäden für US-Piloten führen können“.

Auch Vizepräsident JD Vance war im Signal-Chat

Ende März hatte das US-Magazin „The Atlantic“ Inhalte eines Chats öffentlich gemacht, nachdem dessen Chefredakteur – vermutlich versehentlich – vom damaligen Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz in die Signal-Gruppe eingeladen worden war. Der Journalist konnte die sensiblen Informationen in der kommerziell betriebenen App live mitlesen und machte die Sicherheitspanne später publik. Waltz wurde daraufhin als Nationaler Sicherheitsberater abberufen und wechselte als US-Botschafter zu den Vereinten Nationen nach New York.

Mitglieder des Gruppenchats waren die höchsten Entscheidungsträger der US-Sicherheitspolitik: Neben Hegseth unter anderen Vizepräsident JD Vance, Waltz, der Direktor des Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, und die Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard.

US-Präsident Donald Trump sitzt im Oval Office neben Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und dem damaligen Sicherheitsberater Mike WaltzUS-Präsident Donald Trump gemeinsam mit Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und dem damaligen Sicherheitsberater Mike Waltz (v.l.n.r. – Archivbild vom März) Bild: Mandel Ngan/AFP via Getty Images

In dem Chat ging es um den US-Militäreinsatz gegen die Huthi-Miliz Mitte März. Hegseth machte darin detaillierte Angaben über Waffen und Angriffszeiten – während der Journalist still mitlesen konnte. Später berichteten Medien zudem, er habe die Militärpläne auch mit seiner Ehefrau und weiteren Personen geteilt. Hegseth argumentierte damals, er habe keine kritischen Informationen preisgegeben. US-Präsident Donald Trump verteidigte seinen Minister.

Hegseth war von Anfang an umstritten

Nach Informationen des Senders NBC News entlastet der Pentagon-Bericht Hegseth in anderer Hinsicht: Er habe demnach keine internen Geheimhaltungsregeln verletzt, da er die Befugnis zur Freigabe von Informationen besitze. Pentagon-Generalinspekteur Steven Stebbins hatte die interne Untersuchung Anfang April eingeleitet.

Porträtbild von US-Verteidigungsminister Pete HegsethSeit wenigen Monaten nennt sich Pete Hegseth selbst „Kriegsminister“Bild: Lee Jin-man/REUTERS

Pentagon-Sprecher Sean Parnell sprach am Mittwochabend (Ortszeit) auf X von einer „vollständigen Entlastung von Minister Hegseth“. Die oppositionellen Demokraten hatten nach Bekanntwerden der Affäre seinen Rücktritt gefordert. Trump warf Kritikern eine „Hexenjagd“ vor und hielt an dem heute 45-Jährigen fest.

Hegseth gehörte von Beginn an zu den umstrittensten Personalien im Kabinett Trump. Bekannt wurde er in den USA als Moderator beim Sender Fox News, politische Erfahrung brachte er kaum mit. Nach seiner Nominierung waren Berichte über mutmaßlich rassistische und sexistische Äußerungen, Alkoholmissbrauch sowie sexuelle Übergriffe aufgetaucht, die er bestreitet.

Hegseth wegen Angriff in der Karibik in der Kritik

Aktuell steht Hegseth zudem wegen Medienberichten über ein umstrittenes Vorgehen des US-Militärs in der Karibik unter Druck: Am 2. September sollen Streitkräfte dort ein Boot, das mutmaßlich Drogen transportierte, zunächst angegriffen und zwei überlebende Männer anschließend durch eine zweite Attacke getötet haben.

Aufnahme des US-Militärs vor dem Angriff auf ein Boot von angeblichen Drogenschmugglern am 2. September 2025Aufnahme des US-Militärs vor dem Angriff auf ein Boot von angeblichen Drogenschmugglern am 2. September 2025Bild: truthsocial.com/@realDonaldTrump

Der zweite Angriff könnte nach Einschätzung von Experten gegen das Völkerrecht verstoßen haben – die Männer hatten sich laut der Zeitung „Washington Post“ an das schwelende Wrack geklammert und stellten keine unmittelbare Bedrohung dar.

Hegseth bestreitet eine direkte Verantwortung. Trump zeigte sich offen für die Veröffentlichung eines Videos des Angriffs. Auf die Frage, ob das Verteidigungsministerium bereit sei, das Material freizugeben, sagte er: „Ich weiß nicht, was sie haben, aber was auch immer es ist, wir würden es auf jeden Fall freigeben, kein Problem.“

pgr/se (dpa, afp, ap, rtr)