Auf Gut Scheifenhaus an der Vohwinkeler Straße 37 in Gruiten gibt es mehrfachen Grund zu feiern: Zum einen ist es 40 Jahre her, dass Karl-August Niepenberg dort den ersten in Gruiten herangewachsenen Weihnachtsbaum verkaufen konnte. Und zum anderen steht eine Betriebsübergabe bevor: In Kürze wird Niepenberg seinen Betrieb auf Tochter Eva und Enkel Peer überschreiben. Damit bleibt das Gut weiterhin in Familienhand — was schon seit mehr als 250 Jahren der Fall ist.

45 Jahre ist es her, seit Karl-August Niepenberg die ersten künftigen Weihnachtsbäume pflanzte. Auf den anfangs 1000 Quadratmetern im Garten des Guts setzte der promovierte Agrarwissenschaftler zur Hälfte Blaufichten und Nordmanntannen. Mittlerweile ist die Anbaufläche auf 3,5 Hektar (das 35fache der Startgröße) angewachsen. Alte Ackerflächen sind umgewidmet worden. Die Behörden haben die nach Landschaftsgesetz nötigen Genehmigungen zur Weihnachtsbaumkultur unbefristet erteilt. Im Kreis gibt es Weihnachtsbaum-Produktion zusätzlich nur auf drei Betrieben in Hilden, Ratingen und Wülfrath

Die Kultur unterliegt auf Gut Scheifenhaus festen Regeln. Die Bäume werden in einer Reihe im Abstand von einem Meter gesetzt. Zwischen den Reihen bleiben 1,20 Meter Platz. Somit können auf einer Fläche von einem Hektar rund 8000 Bäume gedeihen. Die überwiegend aus Norddeutschland bezogenen Setzlinge sind beim Pflanzen schon drei Jahre alt. Das Pflanzen geschieht im September/Oktober — eine Reaktion auf den auch hierzulande feststellbaren Klimawandel. Denn durch oft lange Trockenperioden im Frühjahr gab es Jahre, in denen es viele junge Bäume nach der damals üblichen Frühjahrspflanzung nicht schafften. „Wichtig ist, dass die Anbauflächen unkrautfrei gehalten werden“, sagt Karl-August Niepenberg. In den ersten drei Jahren wird zwischen den Baumreihen gespritzt, danach nur noch gemäht. Im Januar/Februar steht das „Formieren“ auf dem Arbeitsplan. Dann werden die Bäume, wenn nötig, etwas geschnitten. Im Frühjahr wird jeder Baum in Sachen Neuaustrieb kontrolliert. Mit einer Spezialzange kann der Endtrieb so beeinflusst werden, dass der Baumaufbau erhalten bleibt. Aktive Schädlingsbekämpfung sei gar nicht nötig, sagt Niepenberg, der froh ist, die Bäume so besonders nachhaltig anbauen zu können.

Wie kam es zur Weihnachtsbaumkultur in Gruiten? In den späten 1970er Jahren war Karl-August Niepenberg für die Landwirtschaftskammer als Unternehmensberater tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit besuchte er einmal einen Weihnachtsbaumbetrieb in der Kölner Bucht. Das Gesehene überzeuge derart, dass die Idee in Gruiten umgesetzt wurde — und funktionierte. Später gründete Niepenberg einen Unternehmerkreis und schuf damit ein Forum zum Erfahrungsaustausch.

Jede Weihnachtsbaumkultur wird drei Jahre genutzt. In dieser Zeit werden Jahr für Jahr Bäume zwischen 1,50 und zwei Metern Größe entnommen und so den anderen Platz zum Gedeihen gegeben. Damit das System unterstützt wird, beschloss die Familie vor Jahren schon, das früher so beliebte Selbstschlagen der Bäume aufzugeben. Denn dabei entstanden oft auch erhebliche Schäden. Jetzt läuft der Verkauf nur noch auf dem Hof. Glühwein, Glühsaft und Kekse, kostenlos angeboten, machen den Baumkauf immer wieder auch zu einem Erlebnis.

Karl-August Niepenberg freut sich, dass Enkel Peer trotz seiner erst 17 Jahre schon seit Jahren aktiv mitarbeitet. „Er ist handwerklich geschickt, geht routiniert mit den großen Maschinen um und zeigt auch Interesse an den betriebswirtschaftlichen Abläufen“, sagt der Großvater. Nach dem Abitur ist ein Studium in Richtung Betriebswirtschaft/Agrarwissenschaft angepeilt. Peer wird den Betrieb im Nebenerwerb (für einen Haupterwerb wäre ein Baum-Anbaufläche von 40 bis 50 Hektar nötig) führen. Mutter Eva bleibt, wie bisher, als Gartenbau-Fachfrau und Pferdewirtin tätig. Derzeit hilft ein Minijobber noch bei der Kulturpflege. An den Verkaufswochenenden (um den dritten und vierten Advent herum) stocken Verwandte und Freunde den Mitarbeiterstamm auf rund zehn Personen auf, die sich um Verkauf, Verpacken und Beraten kümmern oder Nachschub aus den Kulturen holen.

Und was macht Karl-August Niepenberg bald mit seiner ganzen Freizeit? Der 75-Jährige lacht. Da gäbe es zum einen seine historischen Traktoren, an denen er gern schraubt. Und wenn er gefragt würde, hätte er sicher manchen Rat parat.