Behördensprache in Stuttgart: Gans schön bürokratisch! Nilgans – das Landwirtschaftsministerium strebt eine „harmonische Koexistenz“ an. Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Achtung, Behördensprache kann Ohrenschmerzen verursachen! Ein Beispiel sind die Ausführungen des Landwirtschaftsministerium zum „Wildgänsemanagement“. Eine Glosse von Jan Sellner.

Wenn wir von Gänsen sprechen, dann hat das in dieser Jahreszeit vor allem einen kulinarischen Aspekt. Unwillkürlich taucht vor unserem geistigen Auge eine dampfende Weihnachtsgans auf samt Rotkraut und Klößen – was bei Vegetariern zu einem Klos im Hals führt. Sie beharren auf einer „harmonische Koexistenz“. Und nicht nur sie. Der Begriff stammt aus dem Landwirtschaftsministerium. Mit „harmonischer Koexistenz“ meint es das Verhältnis von Mensch und Gans. Allerdings nicht von Mensch und Weihnachtsgans. Hier geht’s um Wild- und Nilgänse, die in Zusammenhang mit Weihnachten nichts zu fürchten haben.

Allergisch gegen Behördensprech

Befürchtungen müssen eher wir haben, die Vertreter der Spezies Mensch. Speziell jene, die allergisch gegen Behördensprache sind. Denn was da jetzt vom Ministerium rund ums Thema Gänse und Menschen an Kauderwelsch verbreitet wurde, ruft beim Leser Dauer-Kopfschütteln und -Augenrollen hervor. Da ist die Rede vom „urbanen Wildgänsemanagement im Stadtgebiet Stuttgart“. Alsdann erklärt das Ministerium, das auch für Verbraucherschutz zuständig ist und damit eigentlich auch für Fälle von Sprachverhunzung: „Im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojektes sollen verschiedene Managementmaßnahmen die lokalen Konflikte mit Wildgänsen minimieren und ein konfliktfreies Zusammenleben mit Nil- und Graugänsen erreicht werden“. Was wohl die Gänse dazu sagen würden, wenn sie’s verstünden? Doch auch vernunftbegabte Wesen verstehen’s nicht. „Managementmaßnahmen“ helfen vermutlich aber irgendwie immer. Auch bei Weihnachts- . . . pardon Wildgänsen.

OB Nopper versteht sich auf Klartext

Doch hören wir erst mal, was uns Minister Peter Hauk dazu noch sagen will: „Die Auswahl und Durchführung der jeweils geeigneten Managementmaßnahmen erfolgt in Bezug auf die lokalen Gegebenheiten sowie das lokale Konfliktpotenzial mit Gänsen. Sie sind in einzelnen Managementkonzeptionen hinterlegt. Im Vorfeld wurden einzelne, flächenbezogene Managementkonzeptionen durch die betroffenen liegenschaftsverwaltenden Stellen beauftragt.“

Spätestens an dieser Stelle fragt man sich, ob eines unserer Probleme in Deutschland vielleicht auch in der verquasten Ausdrucksweise besteht? Wie wär’s mit einem Pilotprojekt „Verständliche Sprache“ – ganz ohne „Managementmaßnahmen“ und „liegenschaftsverwaltende Stellen“? Denn Bürokratieabbau braucht’s auch in der Sprache!

OB Frank Nopper ist in dem Fall schon weiter. Er formuliert fortgeschritten: „Da die Nilgänse vor allem am Eckensee im Schlossgarten, am Max-Eyth-See und in den Stuttgarter Freibädern große Schäden und Verunreinigungen verursachen, müssen wir alles im Rahmen unserer Möglichkeiten unternehmen, um die Nilgans-Population zu reduzieren.“ Das versteht sogar eine Gans und sucht besser das Weite!