Da fühlten sich auch die Leipziger Ratsfraktionen überrumpelt, als die Verwaltung im Oktober unverhofft ankündigte, die Bürgerbüros im Zentrum Südwest in Großzschocher sowie Böhlitz-Ehrenberg zum Jahresende schließen zu wollen. Dazu gab es dann schon in der Oktober-Ratsversammlung eine kleine Debatte. Die Fraktionen von Linken und Grünen ließen es sich trotzdem nicht nehmen, noch einmal nachzufragen, auch wenn am Ende trotzdem die Aussage steht, dass es hier ganz allein um die Handlungshoheit des OBM geht.

Die Grünen formulierten ihr Anliegen in der Ratsversammlung am 26. November auch noch als Dringliche Anfrage. Sie waren regelrecht verärgert, dass diverse Stadtratsanträge zu diesen geplanten Schließungen von der Verwaltung einfach als rechtswidrig eingestuft wurden und die Anträge deshalb gar nicht erst zur Behandlung kamen.

Das Verwaltungsdezernat hatte dazu in seiner Antwort erklärt: „Im Rahmen der regulären Vorprüfung wurden die benannten Anträge vor der Aufnahme für die Beratung und Beschlussfassung in der Ratsversammlung auf ihre Zulässigkeit geprüft. Anträge sind insbesondere dann nicht zulässig, wenn die Ratsversammlung für die vorgeschlagenen Beschlussinhalte nicht zuständig ist. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt noch keine inhaltliche Bewertung der Rechtmäßigkeit der vorgeschlagenen Beschlüsse.“

Das betraf sowohl einen Antrag der Grünen als auch einen der Linken. Aber über Rechtsauffassungen kann man sich streiten, fanden die Grünen und fragten: „Wurde die Rechtsauffassung der Landesdirektion Sachsen dabei proaktiv eingeholt und berücksichtigt?“ Worauf das Verwaltungsdezernat erwiderte: „Nein. Hierfür bestand keine Veranlassung, da keine Zweifel an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit bestanden.“

Auch am 26. November lag eine Stellungnahme der Landesdirektion noch nicht vor. Und möglicherweise gibt sie Leipzigs Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning recht, dass es hier um reine Verwaltungsentscheidungen geht und der OBM bzw. der für Verwaltung zuständige Bürgermeister den Stadtrat nicht fragen muss, ob Bürgerbüros geschlossen werden. Auch wenn das in diesem Fall direkt mit den Sparbemühungen der Stadt im Zusammenhang mit der dramatischen Finanzsituation zusammenhängt.

Ein bisschen weniger Verwaltungsaufwand

Aber machen Einsparungen von 75.000 Euro bei den Mieten der beiden Bürgerbüros eigentlich beim Millionendefizit der Stadt irgendeinen Sinn? So konnte man die Frage der Grünen durchaus verstehen. Das Verwaltungsdezernat erwiderte dazu: „Die benannte Summe von 75.000 € umfasst lediglich die laufenden Mietkosten. Wie den Vorlagen zu den Schließungen zu entnehmen ist, gibt es weitere Effizienzeffekte, die eine Schließung der Bürgerbüros notwendig machen:
– Einsparung der Nebenkosten (Bewachung, Reinigung)
– Vermeidung von Kosten für Modernisierungen und zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit.

Neben den Effizienzeffekten gibt es weitere Gründe für die Schließung: Die Mitarbeiter/-innen der Bürgerbüros werden vor Überlastung und Alleinarbeit (Arbeitssicherheit) geschützt. Der Organisationsaufwand für den Betrieb von 13 Standorten im Stadtgebiet ist mit den vorhandenen Ressourcen und unter Berücksichtigung eines sich wandelnden Dienstleistungsangebots und Kundenverhaltens nicht wirtschaftlich vertretbar. Nicht umsonst haben andere Städte vergleichbarer Größe ebenfalls deutlich weniger Standorte.

Daher ist es insbesondere in der aktuellen Haushaltslage unsere Pflicht, Einsparungen vorzunehmen, wo sie ohnehin nötig sind.“

Eine noch immer knappe Personaldecke

Zu den Mitarbeiter/-innen in den Bürgerbüros hatte Grünen-Stadtrat Marvin Frommhold dann noch einige Nachfragen. Denn dass es in einzelnen Bürgerbüros immer wieder zu Personalengpässen kommt, bekommen die Leipziger ja mit. Dazu genügt schon eine Grippewelle, so Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning.

Dann muss er das Bürgerbüro so lange schließen, denn wirklich viel Personal, das dann als Springer eingesetzt werden kann, hat er nicht, auch wenn die Bsetzung in den Bürgerbüros in letzter Zeit aufgestockt wurde. Um mehr als acht Stellen, wie Hörning anmerkte. Aber die frei verfügbaren Mitarbeiter werden zum Beispiel auch für den Bürgerservicebus gebraucht, der im Dezember in Betrieb geht und ab Januar auch an den Standorten der geschlossenen Bürgerbüros zum Einsatz kommen soll.

Oder mit den Worten des Verwaltungsdezernats aus der Antwort auf die parallele Anfrage der Linksfraktion: „Der Bürgerservicebus wird im Januar 2026 in Betrieb genommen. Grundlage ist der Ausführungsbeschluss VII-DS-07260 Bürgerservicebus, der am 13.09.2022 im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung und am 28.09.2022 im Verwaltungsausschuss beschlossen wurde. Die Einsatz- und Routenplanung befinden sich derzeit in Konzeption. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann bereits bestätigt werden, dass das Einzugsgebiet Böhlitz-Ehrenberg regelmäßig abgedeckt wird.“

Zur Nutzung der Leipziger Bürgerbüros 2024 / 2025. Grafik: Stadt LeipzigDie Nutzung der Leipziger Bürgerbüros 2024/2025. Grafik: Stadt Leipzig

Die Linksfraktion hatte auch noch alle möglichen Zahlen zur Nutzung der Bürgerbüros abgefragt. Denn die Schließung der beiden Bürgerbüros in Böhlitz-Ehrenberg und Großzschocher hatte die Verwaltung ja auch mit der geringen Nutzungsfrequenz begründet. Ergebnis ist eine regelrechte Hitliste der Bürgerbüros, unter denen die zentrale Einrichtung in der Otto-Schill-Straße eindeutig die am stärksten ausgelastete ist, gefolgt vom Paunsdorf-Center und der Connewitzer Wiedebach-Passage.

Die beiden nun zur Schließung vorgesehenen Bürgerbüros gehören danach zu den eher schwächer frequentierten, auch wenn es noch schwächer besuchte gibt. Die Entscheidung, gerade diese beiden Bürgerbüros zu schließen, ist also bestenfalls ein Kompromiss.

Ansonsten – so Hörning – hätte Leipzig mit seinen Bürgerbüros im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten dann noch immer eine einmalige Präsenz in der Fläche.