„Mysteriöser Unternehmer“, „rätselhafter Münchner“, „Immobilien-Phantom“: Die Medien haben viele Namen für den Mann gefunden, der hinter drei Mega-Immobilien-Deals in der Münchner Fußgängerzone steckt. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung über die Eigentümerwechsel berichtet (externer Link). Konkret geht es um das ehemalige Kaut-Bullinger-Haus nahe des Münchner Marienplatzes, für das laut Amtsgericht München knapp 85 Millionen Euro bezahlt wurden. Direkt gegenüber: Das Sport-Schuster-Haus – verkauft für 120 Millionen Euro. Und nur vier Tage später lag auch der Kaufvertrag für das Stammhaus des Herrenausstatters Hirmer vor. Kostenpunkt: 124 Millionen Euro. Im Fall der Hirmer-Filiale hatte ein Familienmitglied der Hirmers zwischenzeitlich eine einstweilige Verfügung gegen den Verkauf beim Landgericht München I eingereicht. Das Gericht hatte diese aber Ende Oktober zurückgewiesen, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.

Kritik aus der Branche: „Konzentration hochpreisiger Immobilien“

Alle drei Immobilien wurden jeweils von unterschiedlichen Firmen erworben, die aber einen gemeinsamen Nenner haben: Erich Schwaiger. Er ist der Geschäftsführer der jeweils persönlich haftenden Gesellschafter-Firmen. Die Wucht und Geschwindigkeit, mit der der Unternehmer auf dem Münchner Immobilienmarkt auftritt, lässt Branchenbeobachter aufhorchen: „Wir sehen die Konzentration von hochpreisigen Immobilien in der Hand eines Eigentümers oder eines Investors kritisch“, sagt Rudolf Stürzer, Vorsitzender von Haus und Grund München.

Spurensuche im Archiv: Schwaiger in der Branche bekannt

Doch wer ist der Mann, der diese millionenschweren Grundstücke im Herzen von München aufkauft – und woher kommt das Geld? Zu diesen Fragen äußert sich Schwaiger auf BR-Anfragen nicht. Doch der 57-jährige Unternehmer und Anwalt ist bereits seit Jahren auf dem Münchner Immobilienmarkt tätig. Im BR-Archiv finden sich Spuren von 2017, die den Bauunternehmer bei einem seiner Wohnbauprojekte in München-Fürstenried zeigen. Im Beitrag wird Schwaiger dafür gelobt, dass er Wohnungen für Mieter mit eingeschränktem Budget baue und so den angespannten Mietmarkt entlaste. Auch das Münchner Referat für Stadtplanung habe in der Vergangenheit schon mit dem Unternehmer bei Wohnbauprojekten zusammengearbeitet, teilt die Behörde auf Anfrage mit. „Diese Erfahrungen, die sehr positiv waren, liegen aber teilweise bereits einige Jahre zurück“, so das Referat.

Unternehmer nutzte mehrere Firmen für Immobilienkäufe

Über seine jüngsten Immobilienkäufe ist dagegen wenig bekannt: Grundbuch und Handelsregister zeigen lediglich, dass er für die Geschäfte mehrere Firmen nutzte. Das mag Laien seltsam vorkommen – sei in der Branche aber übliche Praxis, erklärt der Steuerberater und Vize-Präsident der Steuerberaterkammer München, Ferdinand Rüchardt.

Stiftungen in Liechtenstein involviert

Doch in den Registerunterlagen der Firmen steckt eine weitere Information: Die Firmen, über die der Unternehmer Erich Schwaiger seine drei jüngsten Immobiliendeals geschlossen hat, sind mit Stiftungen in Liechtenstein verflochten. Die Stiftungen sind die sogenannten Kommanditisten der einkaufenden Firmen.

Woher das Geld für die drei hochpreisigen Innenstadt-Käufe kommt, wird aus den öffentlich zugänglichen Quellen nicht ersichtlich. Das kritisiert Branchenexperte Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD) Süd: Die breite Öffentlichkeit verdiene diese Information auch, findet er. „Das ist unser München und nicht von irgendeinem Investor, der mit Schlüssel-Immobilien agiert“.

Nachgefragt in der Münchner Fußgängerzone, sieht so mancher die Stadtverwaltung in der Pflicht: „Ich verstehe da die Stadt nicht, dass sie da nicht mehr reguliert und bestimmte Spielregeln festlegt“, sagt ein Mann. „Ich erwarte mir eine genaue Prüfung vom Stadtrat“, ergänzt ein anderer.

Forderung nach mehr Transparenz

Die Stadt selbst kann aber kaum Einfluss nehmen bei privaten Immobiliendeals. So schreibt etwa das Referat für Stadtplanung: „Neben den planungs- und bauordnungsrechtlichen Möglichkeiten bestehen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, von Seiten der Stadt München steuernd in private Immobiliengeschäfte einzugreifen“. Und das Kommunalreferat ergänzt, dass Käufer bei privatwirtschaftlichen Geschäften keine Transparenzpflichten gegenüber der Stadt hinsichtlich der Finanzierung oder der künftigen Nutzung hätten.

Auch Münchens zweiter Bürgermeister, Dominik Krause (Grüne) wünscht sich mehr Transparenz: „Gerade bei der Veräußerung von Grundstücken mit herausragender Bedeutung oder dem Erwerb einer gewissen Anzahl an Grundstücken in zentraler Lage wäre eine Transparenzverpflichtung sinnvoll“, findet er. Jedoch müsste diese durch den Bund erlassen werden.

Hirmer: „Langfristiger Mietvertrag und marktgerechte Miete“

Was genau in Zukunft mit den verkauften Immobilien passieren wird, bleibt abzuwarten. Laut einem Sprecher der Hirmer Gruppe soll zumindest der Herrenausstatter auch weiterhin in dem Haus bleiben. „Dafür sorgen ein langfristiger Mietvertrag und eine wie auch bisher schon marktgerechte Miete.“ Sport Schuster äußert sich auf BR-Anfrage nicht.

Alte Akademie könnte auch Eigentümer wechseln

Doch die Gebäude von Sport Schuster, Hirmer und Kaut-Bullinger sind nicht die einzigen exklusiven Immobilien, die ihren Eigentümer wechseln: Auch die Alte Akademie in der Fußgängerzone in unmittelbarer Nähe des Stachus soll in neue Hände wandern. Der Freistaat Bayern hatte das Areal ursprünglich im Erbbaurecht an René Benko verkauft. Nach der Pleite seiner Signa-Gruppe will der Insolvenzverwalter das alte Jesuitenkolleg wieder verkaufen. Nur: Dieses Mal ist der Freistaat wohl bereit, das gesamten Eigentum zu verkaufen, statt die Alte Akademie wie bislang nur im Erbbaurecht abzugeben. Das bestätigte die Hammer AG gegenüber dem BR. Die Münchner Projektentwicklungsfirma von CSU-Stadtrat Hans Hammer verhandele derzeit exklusiv mit dem Insolvenzverwalter über den Verkauf, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Als Investor soll demnach die Heinz Hermann Thiele Familienstiftung im Spiel sein, die das Erbe des verstorbenen Milliardärs und Knorr-Bremse-Großaktionärs Heinz Hermann Thiele verwaltet.

Der Anwalt Aribert Wolf vertritt einen Bieter, der sich dabei ausgeschlossen fühlt. Denn: Ihm zufolge hat es keine öffentliche Ausschreibung gegeben. „Im Moment ist daran gedacht, dass man das Grundstück freihändig verkauft an einen Bieter, der noch dazu weniger bietet als unser Mandant“, erklärt Wolf. Sein Mandat habe sowohl mehr Geld für das Eigentum des Grundstücks als auch für den Erwerb des Erbpachtrechts geboten. Sollte der Freistaat das Eigentum ohne öffentliche Ausschreibung vergeben, erwäge sein Mandant eine Klage. Zu der genauen Identität seines Mandanten will sich Wolf aber nicht äußern.

Nun will der Haushaltsausschuss im Bayerischen Landtag über den Verkauf diskutieren. Ein erster anberaumter Termin dafür wurde kurzfristig verschoben. In dem Ausschuss sieht so mancher den Verkauf der exklusiven Immobilie kritisch: „Top-Immobilien in der Innenstadt in Staatshand wollen wir Grüne nicht verkaufen, sondern nur noch in Erbpacht vergeben“, betont etwa die Landtagsabgeordnete Claudia Köhler (Die Grünen). Wie der Haushaltsausschuss über die Causa Alte Akademie entscheidet, bleibt also vorerst abzuwarten. Fest steht nur so viel: Die Filetstücke in der Münchner Innenstadt sind und bleiben heiß begehrt.