Die EU-Staaten wollen den Druck auf abgelehnte Asylsuchende erhöhen und Abschiebungen effizienter abwickeln. Dafür sollen Menschen ohne Bleiberecht neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation mit den Behörden erwarten müssen, wie die Mitgliedsländer nach einer Einigung bei einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel mitteilten. Zudem soll das Konzept der sogenannten sicheren Drittstaaten überarbeitet werden. 

Die Innenminister ebnen mit ihrer Einigung unter anderem den Weg für die Abfertigung von Asylsuchenden in sogenannten Rückführungszentren an den EU-Außengrenzen. Nach der überarbeiteten Drittstaatenregelung sollen Mitgliedsstaaten Asylanträge außerdem künftig leichter ablehnen können, wenn Schutz in einem sicheren Nicht-EU-Land möglich wäre – auch ohne persönliche Verbindung des Antragstellers zum Drittstaat. Ausreichend ist etwa die Durchreise oder ein bestehendes Abkommen. Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren. 

EU-Staaten einigen sich auf gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer

Zudem dürfen abgelehnte Asylsuchende während eines Einspruchs nicht automatisch in der EU bleiben. Die Innenminister einigten sich erstmals auch auf eine gemeinsame Liste an Staaten, die als sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollen. Dazu zählen Ägypten, Marokko, Tunesien, Indien, Kosovo, Bangladesch und Kolumbien. Für Asylsuchende aus diesen Staaten sollen künftig beschleunigte Verfahren gelten, etwa an Grenzen oder in Transitbereichen. Auch EU-Beitrittskandidaten sollen grundsätzlich als sicher gelten, sofern keine Kriegs- oder gravierenden Menschenrechtsrisiken bestehen.

© Lea Dohle

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Die Maßnahmen müssen noch vom EU-Parlament gebilligt werden. Kritiker zweifeln daran, dass beispielsweise Rückführungszentren in Drittstaaten mit europäischem Recht vereinbar sind.

Solidaritätsbeiträge sollen EU-Länder mit vielen Asylsuchenden entlasten

Weniger belastete EU-Länder sollen im Rahmen des Solidaritätsmechanismus, der mit der europäischen Asylreform 2024 beschlossen wurde, künftig außerdem 420 Millionen Euro bereitstellen. Zudem sollen innerhalb der Europäischen Union 21.000 Schutzsuchende
umgesiedelt werden, um besonders unter Druck stehende EU-Staaten zu
entlasten. In der Asylreform war zuvor eigentlich die Umsiedlung von mindestens 30.000 Asylsuchenden und die Bereitstellung von 600 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Die Summen liegen unter den ursprünglich in der Asylreform vorgesehenen Mindestwerten, weil diese erst ab Juli 2026 vollständig in Kraft treten.

Welche konkreten Solidaritätsbeiträge Deutschland nach der jüngsten EU-Einigung leisten muss, ist weiterhin offen. Nach einer Analyse von EU-Migrationskommissar Magnus Brunner kann sich die Bundesrepublik jedoch darauf berufen, bereits überdurchschnittlich viele Asylverfahren für Menschen übernommen zu haben, die eigentlich anderen Mitgliedsstaaten zugeordnet wären. Zusätzliche Verpflichtungen wie finanzielle oder sachbezogene Beiträge wären für Deutschland demnach nicht zwingend notwendig.

Die EU-Kommission stuft für das kommende Jahr Griechenland, Zypern, Spanien und Italien als Länder ein, die wegen besonders hohen Migrationsdrucks Anspruch auf Unterstützung haben. Staaten wie Schweden, Portugal, Ungarn, Rumänien und Luxemburg müssen nach den neuen Regeln voraussichtlich selbst Schutzsuchende aufnehmen oder andere Solidaritätsleistungen erbringen. Welche Länder Schutzsuchende aufnehmen sollen, teilte der Rat zunächst nicht mit.

Zahl der Asylsuchenden in der EU zuletzt zurückgegangen

Tatsächlich ist die Zahl der Asylanträge in Europa zuletzt deutlich gesunken. In der EU sowie in Norwegen und der Schweiz wurden im ersten Halbjahr insgesamt rund 399.000 neue Anträge registriert. Das entspricht einem Rückgang von 114.000 beziehungsweise 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

In Deutschland gab es bis Oktober 2025 zudem rund 18 Prozent mehr Abschiebungen als im Vorjahr

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