Peking – Nach rund elf Stunden Flugzeit ohne Schlaf ist Außenminister Johann Wadephul in China angekommen – und ging erst mal spazieren.

Im Anschluss an ein Auftakt-Gespräch mit Handelsminister Wang Wentao (61) bestieg Wadephul den Aussichtshügel im Jingshan-Park neben Pekings Kaiserpalast, besser bekannt als Verbotene Stadt. Er staunte über Wacholderbeeren unter einem Baum („Wird der auch im Winter gegossen?“), kunstvolle Deckenbemalung in einem Tempel („Ah, das typische Grün!“) – und ließ sich von einer Germanistik-Professorin am Beispiel seiner Heimat Molfsee erklären, warum fließendes Wasser besseres Chi (Lebensenergie) bedeutet als stehendes.

Nach seinem kurzfristig abgesagten Besuch Ende Oktober, der in China für große Verärgerung gesorgt hat, scheint Wadephul nun bemüht, einen möglichst ungefährlichen öffentlichen Termin zu absolvieren – und nebenbei Begeisterung für Land und Leute zu zeigen.

Wirklich Wacholder? Wadephul prüft persönlich

Wirklich Wacholder? Wadephul prüft persönlich

Foto: Nadja Aswad

Dabei sind die Zeiten alles andere als rosig.

Während in Deutschland fast täglich Hiobsbotschaften von Stellenstreichungen und Firmenschließungen verkündet werden, ist der Handelsüberschuss Chinas erstmals über die Billionen-Marke gestiegen. Die Exporte von Waren aus der Volksrepublik in die gesamte Welt übertrafen die Importe von dort in den ersten elf Monaten des Jahres um mehr als eine Billion Dollar. Das teilte die Pekinger Zollbehörde mit, während Wadephul bei Handelsminister Wang Wentao war.

Die Nachfrage im Land ist derweil schwach – zulasten Deutschlands und der EU: Während China im November auch aufgrund des Zoll-Zoffs mit den USA 15,5 Prozent mehr in die Bundesrepublik ausfuhr, importierte es 4,2 Prozent weniger. Gleichzeitig kauft jeder fünfte Deutsche Weihnachtsgeschenke bei den China-Ramschläden „Temu“, „Shein“ und Co. – Geld, das dann dem deutschen Einzelhandel fehlt.

Mehr zum ThemaWadephul: Botschaft ist „angekommen“

Auch im Rohstoff-Zoff und in der Chip-Krise: nur minimale Bewegung! Wadephul hat die Hoffnungen der deutschen Industrie auf zügige „Generallizenzen“ für den Export von Seltenen Erden aus China gedämpft. „Signale habe ich bekommen, aber da muss noch ganz viel Arbeit geleistet werden“, sagte der Minister im ZDF-Morgenmagazin. Was konkret sich hinter den in Aussicht gestellten Lizenzen verbirgt? Bleibt unklar.

Der Minister betont: „Wir bestehen darauf, dass es faire Handelsbedingungen, faire Wettbewerbsbedingungen gibt für deutsche, für europäische Unternehmen.“

▶︎ Wadephuls Worte werden von seinen Gesprächspartnern zwar höflich mitgeschrieben – doch es gibt keine festen Zusagen, keine konkreten Pläne. Fast so, als würde man damit bis zum Besuch des Kanzlers Anfang kommenden Jahres warten. Dennoch glaubt Wadephul, seine Botschaft sei „angekommen“.

Wadephul begrüßt Chinas Außenminister Wang Yi (72). Er ist zugleich Direktor des Büros der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei

Wadephul begrüßt Chinas Außenminister Wang Yi (72). Er ist zugleich Direktor des Büros der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei

Foto: IMAGO/AA

Der wichtigste Termin des Tages fand am Montagabend (17 Uhr Ortszeit) statt. Da ist der deutsche Außenminister seit mindestens 28 Stunden wach. Wadephul trifft sich mit seinem Amtskollegen Wang Yi zum Abendessen – jetzt findet das Gespräch statt, das Wadephul im Oktober nicht als Reisegrund gereicht hatte. Dennoch speisten die beiden Minister zusammen, verbrachten zweieinhalb Stunden miteinander und tauschten sich unter vier Augen aus.

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Bei Pekingente und mindestens fünf weiteren Gängen, von denen Teilnehmer schwärmen, kamen die beiden sich „ergebnisorientiert“ näher. Wadephul spricht hinterher von einem „offenen und konstruktiven“ Austausch. Der Schlafmangel fordert seinen Tribut: Bei einer anschließenden Pressekonferenz liest der Minister seine Worte von Zetteln ab.

Eine gute Nachricht hat Wadephul ganz am Rande seines Besuchs nebenbei verkündet: Als sich das Pekinger Botschafts-Team mit den aus Deutschland mitgereisten Mitarbeitern des Auswärtigen Amts zum Gruppenfoto aufstellt, erblickt der Minister eine hochschwangere Mitarbeiterin und schmunzelt. Seine Tochter (insgesamt hat er drei) sehe gerade genauso aus, scherzt Wadephul. Er habe sie nur darum gebeten, dass „es nicht passiert“, während er sich in China aufhält.