Wer die knarzenden Dielen der Ehemaligen Synagoge Kriegshaber betritt, wird mit einer Bildfolge namens „Schalom Schalom“ des isrealischen Künstlers Larry Abramson begrüßt – übersetzt: „der Friede sei mit dir“. Ein schöner Willkommensgruß und einer, der genau das wiedergibt, um was es in der neuen Sonderausstellung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben geht: Frieden.

Die Ausstellung entstand schon 2023 im Jüdischen Museum Wien, wo sie bis vergangenes Jahr zu sehen war. Anlass war der russische Überfall auf die Ukraine, wobei es einen Monat vor Eröffnung zum Massaker der Hamas am 7. Oktober kam. Nun, zwei Jahre später, nutzte die Augsburger Kuratorin Monika Müller die Gelegenheit, um den Nahostkonflikt in der Ausstellung genauer zu thematisieren. „Das Ganze ist hoch emotionalisiert. Es gibt sowohl mehr antisemitische als auch antimuslimische Vorfälle“, erklärt sie. Genau deshalb geht die Ausstellung auch auf das Sprechen über den Nahostkonflikt ein.

Die Friedensausstellung zeigt israelische wie auch palästinensische Werke

Die Schau beleuchtet das Thema Frieden in unterschiedlichen Perspektiven. Zunächst geht es um die jüdische Sicht, wozu auch Abramsons „Schalom Schalom“ zählt. „Es geht um Vollkommenheit, Heil-Sein und Frieden“, beschreibt Kurator Tom Juncker vom Jüdischen Museum Wien den Ausdruck. Zugleich wolle der Künstler anregen, sich mit der Bedeutung des Begriffs auseinanderzusetzen. Danach folgt die Skulptur „Isaiah #1“ des Palästinensers Osama Zatar, die sich auf die Weisung „Schwerter zu Pflugscharen schmieden“ aus dem Buch Jesaja bezieht. Gemeint ist damit eine Zukunft ohne Waffen, weshalb der Künstler, der mit einer jüdischen Israelin verheiratet ist, Waffen in nützliche Alltagsgegenstände verwandelt. In der Ausstellung selbst ist ein Spaten zu sehen – dessen Griff zuvor ein Gewehr war.

Halb Gewehr, halb Spaten: Mit der Skulptur „Isaiah #1“ verdeutlicht der palästinensische Künstler Osama Zatar seinen Wunsch von einer abgerüsteten Welt.

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Halb Gewehr, halb Spaten: Mit der Skulptur „Isaiah #1“ verdeutlicht der palästinensische Künstler Osama Zatar seinen Wunsch von einer abgerüsteten Welt.
Foto: Osama Zatar

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Halb Gewehr, halb Spaten: Mit der Skulptur „Isaiah #1“ verdeutlicht der palästinensische Künstler Osama Zatar seinen Wunsch von einer abgerüsteten Welt.
Foto: Osama Zatar

Darüber hinaus wird die feministische Perspektive auf Frieden beleuchtet. So gibt es etwa eine Fotocollage mit Frauen aus verschiedenen Ländern, die sich von der Vergangenheit bis jetzt für Frieden eingesetzt haben. Von der ersten Friedensnobelpreisgewinnerin Bertha von Suttner bis zur Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer. Zudem können Besucher ein besonderes Musikvideo sehen: „Prayer of the Mothers“ der Songwriterin Yael Deckelbaum, das auf Hebräisch, Arabisch und Englisch verfasst ist und die Sehnsucht nach Frieden von sowohl israelischen als auch palästinensischen Frauen verdeutlicht.

Das Jüdische Museum erforscht die Debatte über den Nahostkonflikt

Wer an Frieden denkt, hat oft auch das Gegenteil Krieg vor Augen, worauf die Schau ebenfalls eingeht. Die ukrainisch-israelische Künstlerin Zoya Cherkassky-Nnadi stellt eindrucksvoll das Vor und Danach eines Krieges in zwei Bildern dar. Das obere zeigt ihre Kindheit in der Sowjetunion: Ein Kind steht mit der Mutter auf einem Balkon und blickt auf Häuser, Bäume, Straßen hinaus. Darunter dieselbe Szene, nur in düsteren Farben aus Schwarz und Rot, Panzer, die über die Straße rollen, Häuser, die niederbrennen, und ein verängstigtes Kind, das sich nun an seine Mutter drückt. Die Bilder veranschaulichen den Überfall Russlands auf die Ukraine, zeigen aber auch „wie Krieg Erinnerungen beeinflusst, es ist sozusagen ein Überfall auf die Kindheit der Künstlerin“, so Juncker.

Geht man weiter, entdeckt man ein weiteres Kapitel, das aktuell die Welt bewegt: Das Sprechen über den Nahostkonflikt. In diesem Zuge zeigt das Jüdische Museum ein Video des Trialog-Projekts der Deutsch-Palästinenserin Jouanna Hassoun und des deutsch-isreaelischen Juden Shai Hoffmann. Dabei sprechen sie mit Schülern über den 7. Oktober und seine Folgen, wobei sie einen Raum zum offenen Austausch schaffen und den Schülern beibringen möchten, Ambivalenzen auszuhalten.

Was ist ein gerechter Krieg? Der Sozialpsychologe und Friedensforscher Herbert C. Kelman bei einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg in Washington, D. C..

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Was ist ein gerechter Krieg? Der Sozialpsychologe und Friedensforscher Herbert C. Kelman bei einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg in Washington, D. C..
Foto: Herbert C. Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation

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Was ist ein gerechter Krieg? Der Sozialpsychologe und Friedensforscher Herbert C. Kelman bei einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg in Washington, D. C..
Foto: Herbert C. Kelman Institute for Interactive Conflict Transformation

Frieden ist auch in der Stadt Augsburg ein Dauerthema

Neben den genannten Perspektiven geht die Schau auf den Zusammenhang zwischen Politik und Frieden ein. So äußert beispielsweise die isrealische Künstlerin Andi Arnovitz ihre Verzweiflung über die Situation in Nahost, indem sie die Osloer Verträge – eine Reihe von Abkommen zwischen Israel und der PLO zur Beendigung des Konflikts – auf Klorollen druckt. Darüber hinaus werden die Besucher dazu eingeladen, sich am Frieden zu beteiligen. So gibt es in der Mitte des Raumes einen Verhandlungstisch, an dem man das japanische Friedenssymbol basteln und aufhängen kann: den Origamikranich.

Zum 375-jährigen Jubiläum des Hohen Friedensfests in Augsburg setzt die Ausstellung auch einen Bezug zum Thema Frieden in Augsburg. Der Besucher kann sich zum Beispiel an eine kleine Friedenstafel setzen oder Fotos von Augsburger Friedensmärschen betrachten. Eine umfassende Ausstellung also, die das Thema in vielen Perspektiven betrachtet, wobei man sich als Besucher fast wünscht, sich noch intensiver mit einzelnen Facetten auseinandersetzen zu können. „FRIEDEN“ läuft bis zum 13. September 2026 in der Ehemaligen Synagoge Kriegshaber.

  • Kathrin Heimlich

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  • Augsburg

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  • Krieg in Nahost

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