Ausgerechnet in Florida könnte Donald Trump am Dienstag eine Wahl verlieren. Zwar steht sein Name nicht auf dem Stimmzettel, doch die Bürgermeisterwahl in Miami könnte zu einem Warnsignal für den Präsidenten werden.
Erstmals seit 30 Jahren könnten die Demokraten die Stadt übernehmen. Für Trump ist Miami wichtig: Hier will er die Präsidentenbibliothek bauen, die nach dem Ende der Amtszeit alle Dokumente seiner Regierungszeit ausstellt. Außerdem liegt seine Residenz Mar-a-Lago ganz in der Nähe.
Entsprechend hatte sich Trump bereits im November in das Rennen eingemischt und öffentlich den Kandidaten Emilio González unterstützt, der den Republikanern nahesteht. Am Sonntag rief der Präsident noch einmal zur Wahl auf, die eine „große und wichtige“ sei.
Bürgermeisterwahl als Stimmungsmesser
Lokalwahlen gelten als verlässliches Indiz, ob sich politische Mehrheiten verändern. Wie stark die Stimmung kippen kann, zeigte sich vergangene Woche in Tennessee.
Dort wurde außerplanmäßig ein neuer Abgeordneter für den Wahlkreis um Nashville gewählt. Der Republikaner Matt Van Epps gewann zwar mit neun Punkten Vorsprung – im Jahr zuvor hatte die Partei jedoch noch mit 22 Punkten geführt. Ein Minus von 13 Punkten innerhalb eines Jahres, trotz Sieg.
Bei den Republikanern in Florida sorgte das für Nervosität. Gouverneur Ron DeSantis, der in Miami den Kandidaten González unterstützt, sprach von einem „großen Warnsignal“.
Donald Trump im November in Miami, beim American Business Forum. Er sprach dem republikanischen Bürgermeisterkandidaten der Stadt seine Unterstützung aus.
© Reuters/Jonathan Ernst
Auch Trumps eigene Umfragewerte sind ein Jahr nach seiner Wiederwahl im Keller: Laut zusammengefasster Umfragedaten des Wahlanalysten Nate Silver lehnen 55 Prozent der Amerikaner seine Arbeit ab. Das färbt auf die gesamte Partei ab.
Spannend an der Stichwahl in Miami ist nun vor allem eine Frage: Wie entscheidet sich die Latino-Gemeinschaft? Sie hatten 2024 einen entscheidenden Anteil daran, dass der Präsident ins Amt gewählt wurde. Bei Gouverneurswahlen im November in New Jersey und Virginia aber stimmten viele Latinos für die demokratischen Kandidatinnen.

Mike Madrid ist ein amerikanischer Politikberater, einer der führenden Experten für lateinamerikanische Wähler und Mitbegründer des Trump-kritischen Lincoln Project.
Der Politikberater und Republikaner Mike Madrid ist Experte für das Wahlverhalten von Latino-Wählern. Miami ticke durch die starke kubanische Exil-Community politisch anders als andere Regionen und habe eine traditionell republikanische Wählergruppe, sagt Madrid dem Tagesspiegel. Wenn diese „zu bröckeln beginnt, dann sieht man sehr deutliche Risse in Trumps Machtbasis“.
Die Chancen für die Demokratin stehen gut
Die besondere demografische Struktur in Miami gibt Hinweise auf ein überregionales Muster: Latino-Wähler in den USA wählen nicht entlang ethnischer Identität, sondern nach wirtschaftlichen Interessen. So erklärt es Madrid.
„Ökonomische Sorgen sind mit weitem Abstand das wichtigste Thema für Latino-Wähler“, sagt er. Das Thema Immigration spiele bei dieser Gruppe eine weit geringere Rolle, als viele Experten annähmen. „It’s the economy, stupid“ – wie Bill Clinton einst sagte.
Laut einer Umfrage der Latino-Aktivistenorganisation Somos Votantes aus dem November, durchgeführt mit dem Forschungsinstitut Global Strategy Grour, bewerten derzeit 64 Prozent der Latinos die Wirtschaft als schlecht. 58 Prozent erwarten, dass sie sich weiter verschlechtert. Besonders ins Gewicht fallen die Zölle: 69 Prozent sagen, Trumps Zollpolitik habe die Preise für Produkte erhöht, die sie kauften.
Ökonomische Sorgen sind mit weitem Abstand das wichtigste Thema für Latino-Wähler.
Mike Madrid, Politikberater
Außerdem sagen auch 36 Prozent der Latino-Wähler, die 2024 für Trump stimmten, dass sie ihre Wahl bereuen oder zumindest enttäuscht sind.
Madrid spricht von einer Verschiebung. Die alte Bindung der Arbeiterklasse an eine Partei löse sich auf. „Latinos wählen nicht mehr aus Loyalität oder kultureller Identität, sondern danach, ob eine Regierung ihre wirtschaftlichen Sorgen ernst nimmt“, sagt er.
Die Demokratin Eileen Higgins könnte die Wahl gewinnen.
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Diese Entwicklung könnte weitreichende Folgen für die Midterms in den USA haben. Latinos seien heute „die einzigen echten ökonomischen Swing-Wähler – viel weniger polarisiert und viel weniger parteigebunden“, erklärt Madrid. Weil sie Politiker nicht automatisch mit Wiederwahl belohnen, erhöht sich der Druck im Wahlkampf: Wer einen schlechten Job macht, wird abgewählt.
Mit Blick auf die Wahlen in Miami ergibt sich daraus eine Chance für die Demokraten. Ihre Kandidatin Eileen Higgins hat gute Aussichten, die erste Frau an der Spitze der Stadt zu werden. Die erste Wahlrunde Anfang November mit insgesamt 13 Kandidaten gewann sie deutlich mit 36 Prozent der Stimmen. Republikaner González kam nur auf 19 Prozent.
Emilio González tritt in der Stichwahl gegen Eileen Higgins an.
© IMAGO/ZUMA Press Wire
In der Stadt selbst ist in den Tagen vor der Wahl dennoch wenig Interesse an den anstehenden Stichwahlen spürbar. Entsprechend dürfte die Wahlbeteiligung niedrig ausfallen. Auf die Abstimmung angesprochen, zucken viele nur mit den Schultern.
Eine junge Frau, die gerade an einer Ampel in der Innenstadt wartet, sagt, sie sei noch unentschlossen. Donald Trump habe seine Versprechen nicht eingehalten, sagt sie. Ihre Krankenversicherung sei jetzt teurer geworden, die Mieten immer noch hoch.
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In Miami geht es also um die Wirtschaft, und so auch um Trump. Der hatte im Wahlkampf 2024 versprochen, Preise zu senken und die USA bezahlbarer zu machen. Bisher ist das nicht gelungen. Für die Republikaner könnte das 2026 zum Problem werden – weit über Miami hinaus.