Zwei Mal im Monat, immer an einem Mittwoch, kommt der „Straßenwölfe“-Bus nach Halle auf den Hallmarkt. Der blaue Robur, Baujahr 1971, mit dem großen „Straßenwölfe“-Logo an der Seite, ist unverkennbar. Er bietet genug Platz für jede Menge Hundefutterdosen, Katzenfuttertüten, Leckerlis, Heu für Kaninchen und Meerschweinchen, Winterdecken und Zubehör für Vierbeiner. Um die 15 Bedürftige mit ihren Tieren erwarten ihn.
Mitgefühl und Liebe zum Tier und zum Menschen motivieren das Team
Jens Anders, Gründungsmitglied des Vereins „Straßenwölfe e.V.“ sitzt am Steuer und freut sich darauf, sie alle zu treffen. Er und weitere zehn Vereinsmitglieder haben sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu unterstützen, die sich aufgrund finanzieller Engpässe nicht ausreichend um ihre geliebten Haustiere kümmern können. Der hauptberufliche Hundetrainer hat genauso ein Herz für Tiere wie für Menschen. „Ich habe mich gefragt, was ich als Hundetrainer tun kann. Für die Menschen nicht allzu viel, aber für ihre Tiere. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas tun zu müssen. Der Bus, die Tiere, die Obdachlosen, die Armen, so schloss sich der Kreis und die Idee wurde geboren“, erzählt er. Es sei auch nicht schwer gewesen, Mitstreiter zu finden.
Wir sind sehr dankbar, dass wir unterstützt werden.
Nutzerinnen Yvonne und Katrin aus Halle
So gut wie jeder Tierfreund, der einmal die Hilfe der Tiertafel in Anspruch genommen hat, kommt wieder. Yvonne und Katrin aus Halle haben natürlich ihre beiden Hunde dabei, wenn sie zur Futterausgabe kommen. Die Hunde sind Geschwister und so klein und leicht, dass sie getragen werden. Ellis und Alina haben es warm in den Armen ihrer Besitzerinnen und sind aufgeregt, schnüffeln neugierig ins Innere des Busses hinein. Ihre beiden Frauchen nehmen eine große Tüte Hundefutter entgegen. Das reicht für die nächsten zwei Wochen. „Wir kommen seit einem halben Jahr hierher und sind durch Facebook darauf gekommen. Wir sind sehr dankbar, dass wir unterstützt werden. Wir haben insgesamt acht Tiere – fünf Katzen und drei Hunde“, erzählen die beiden Frauen, bevor sie gut versorgt und nach einem kleinen Schwatz mit Jens Anders wieder nach Hause gehen.
Bedürftigkeit nachweisen: Wer hat Anspruch auf Hilfe von der Tiertafel?
Schicksale von Meschen und Tieren sind vielfältig. Tiere sind von der Fürsorge ihres Halters abhängig. Finanzielle Not darf kein Grund sein, sich von einem geliebten vierbeinigen Familienmitglied zu trennen oder es ins Tierheim abzugeben. Darin sind sich alle Vereinsmitglieder einig. Sonja Thielemann sitzt auf den Eingangsstufen des Busses und lässt sich von den Gästen Formulare zeigen, denn nicht jeder, der gerade mal knapp bei Kasse ist, kann die Tiertafel in Anspruch nehmen. „Im Grunde kann jeder kommen, der ein oder zwei Haustiere hat und bedürftig ist und das auch nachweisen kann. Zum Beispiel mit einem Leistungsbescheid vom Jobcenter oder von der Arbeitsagentur – oder auch Leute, die nachweisen können, dass sie eine extrem geringe Rente beziehen. Wir unterstützen pro Haushalt maximal zwei Tiere“, sagt sie. Unterstützung heißt aber nicht nur Futterausgabe, sondern auch tierärztliche Beratung oder spezielle Hilfe in Notlagen. So kümmert sich der Verein zum Beispiel darum, dass für das Haustier ein Ersatz zu Hause gefunden wird, wenn der Besitzer ins Krankenhaus muss. Aber nicht nur Sorgen um das Tier treiben die Bedürftigen zum „Straßenwölfe“-Team, sie haben auch andere, persönliche Sorgen und freuen sich über ein offenes Ohr.
Genau wie bei den Tafeln für bedürftige Menschen braucht es Spender. Jens Anders hat zum Start der Tiertafel in Halle einige Futtermittelhändler angeschrieben und auf seinen Verein aufmerksam gemacht. Er fährt los und trägt die Futterspenden zusammen. Zuletzt hat das Futterhaus in Querfurt vier große Tüten Hunde- und Katzenfutter übergeben. „Wer zu uns kommt“, sagt Jens Andres, „der bekommt auch etwas. Aber, wenn wir richtig Werbung für unser Projekt machen und deswegen noch mehr Leute kommen würden, würde es nicht ausreichen.“
Ein Winterquartier für die Straßenwölfe und ihre Gäste
Die Bedürftigen und der Verein sind gut vernetzt. Über das Internet erfahren die Gäste der Tiertafel, wann und wo der blaue Robur-Bus wieder vorfährt. Und nun war für alle etwas Neues auf der Facebookseite des Vereins zu lesen: Der Winter steht vor der Tür. Die fleißigen Helfer vom „Straßenwölfe“-Verein, die Bedürftigen und ihre Tiere sehnen sich nach einem warmen Unterschlupf. Den hat der Verein nun gefunden. Ab Dezember findet die Futterausgabe in der so genannten „Himmelsstube“ in Halle statt. Das ist eine Begegnungsstätte, die auch durch Spenden finanziert wird. Dort sieht es gemütlich aus wie in einem Wohnzimmer, es gibt auch ein heißes Getränk für die Gäste. Die sind dankbar und freuen sich auf den nächsten Besuch bei den „Straßenwölfen“. Zum Dank brachten sie schon selbst gebackenen Kuchen oder Obst aus dem eigenen Garten für die Ehrenamtlichen vom „Straßenwölfe“-Team mit.