Berlin – Was war das bitte? Bei der ARD-Sendung „Die 100 – Was Deutschland bewegt“ (hier abrufbar in der ARD-Mediathek) am Montagabend mit dem Moderator Ingo Zamperoni (51) ging es um die Frage: „Wird Deutschland gut regiert?“ 100 Menschen im Studio und zwei Journalisten debattierten darüber – scheinbar.
Anna Planken (45) argumentierte FÜR die Regierung („Merz hat geliefert wie bestellt“), Till Nassif (54) GEGEN sie. Das Stimmungsbild am Anfang: 76 der 100 Teilnehmer sagen: Nein, wir werden nicht gut regiert (15 Prozent sagen: Ja, wir werden gut regiert).
Jubel für Mega-Schulden, Kritik
Gleich darauf entstand der Eindruck: Die Sendung soll die Bürger umstimmen!
Schlandi, das Deutschland-Maskottchen, sorgte für Laola-Jubel
Foto: ARD
Wie? Durch eine Jubel-Party! Anna Planken heizt mit einem Deutschland-Maskottchen („Schlandi“) ein, es läuft Fußball-Partymusik („Oh, wie ist das schön!“), schwarz-rot-goldene Fahnen werden geschwenkt, und selbst ein Pappaufsteller von Friedrich Merz trägt eine schwarz-rot-goldene Aloha-Kette. „Deutschland hat viel Grund zu Party!“, ruft Planken.
Einige ihrer Gründe, jeweils von Laola-Jubel begleitet: ▶︎ „Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt!“ ▶︎ Wohlstand! „Zwei Drittel der Deutschen sind zufrieden“, sagt die Moderatorin. ▶︎ Und schließlich: Das XXL-Schuldenpaket! „500 Milliarden Euro, das größte Investitionspaket, das Deutschland je gesehen hat! Das soll gehen in unsere Wirtschaft!“
„Merz, der Macher!“
Planken ist von den XXL-Schulden begeistert – und vergisst zu erwähnen, welche Schulden- und Zinslast sie für die Steuerzahler der Zukunft bedeuten. „Der Friedrich Merz, am Anfang, ne, in der Opposition, da hat er sich noch ein bisschen geziert und gesagt, ne, so viel Geld ausgeben, das will er nicht. Aber jetzt, als Kanzler, der Macher!“
Den größten Jubel gab’s für das 500-Milliarden-Euro-Schuldenpaket – als würden die Milliarden einfach vom Himmel fallen
Foto: ARD
Und weiter: „Er will das Geld raushauen, will investieren und will uns damit nach vorne bringen. Und wenn man auf Wirtschaftsinstitute guckt, die sagen: Davon merken wir im Moment noch nichts, aber nächstes Jahr! Deutschland hat Grund zu feiern!“
Danach kam Nassif – doch der frühstückte seine Rolle als Miesmacher schnell ab, erwähnte steigende Lebensmittel- und Energiepreise, zunehmende Insolvenzen und Rekord-Arbeitslosigkeit. „So wankt Deutschland 2025 auf den Abgrund zu“, sagte er.
Weniger Flüchtlinge, aber …
Titel der nächsten Argumenten-Runde: „gehaltene Regierungsversprechen“. Planken zeigt an leeren Flüchtlingsheim-Betten plakativ, dass weniger Flüchtlinge kommen. Heißt: „weniger Stress in den Schulen, auf dem Wohnungsmarkt und weniger Spannung in der Gesellschaft, dafür ein Plus am Gefühl: ‚Der Staat hat die Kontrolle.‘“
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Hier kommt der Regierungsmiesmacher Nassif ins Spiel – und erwähnt nicht etwa die miese Integrationsbilanz (überproportional hohe Kriminalitätsraten oder Bürgergeld-Quoten bei Migranten), sondern harte Kritik an Merz für seine „Stadtbild“-Aussage bis hin zu Rassismus-Vorwürfen („auch hier, zwei Seiten der Medaille“).
Es folgt eine Viertelstunde Diskussion mit den Teilnehmern, die alle einer Meinung sind. Eine Frau, die im Flüchtlingsheim arbeitet, sagt: „Es gibt nicht DIE Flüchtlinge, es gibt nicht DIE Migranten, es gibt nur Menschen.“ Ich habe ein Problem mit dem Wort ‚Migrationsproblem‘“, sagt eine andere Frau. „Ich finde, wie die Diskussion geführt wird, ist einfach unmenschlich“, sagt einer, der offenbar Migrationshintergrund hat. „Wir reden immer nur über Migration, aber nicht darüber, was wir damit erreichen können“, ein weiterer.
Auch ein skurriler „Hautfarbentest“ wurde gemacht: Dieser Teilnehmer wurde gefragt, wie es sich anfühlt, da „durchzufallen“
Foto: ARD
„Kompromiss statt Kettensäge“
Sie sei froh, dass es hierzulande keine Bürokratie-Kürzungen „mit der Kettensäge“ wie in Argentinien gebe – eine wenig überraschende Aussage für eine gebührenfinanzierte Sendung
Foto: ARD
Schließlich wirbt Planken für „Kompromiss statt Kettensäge“ und lobt, dass sich die Regierung intern praktisch genauso zofft wie vor ihr die Ampel. Trotzdem hätten schwarz-rot „Kompromisse“ gefunden und nennt dabei ausgerechnet das Rentenpaket.
Haben die Argumente im Laufe der Sendung die Meinung der Teilnehmer verändert? Am Ende der Sendung stand es 74 zu 17 – Anna Planken hat also zwei Teilnehmer offenbar davon überzeugt, dass wir doch gut regiert werden …