Hamburg – In Handschellen, nur mit einer Unterhose bekleidet, rennt ein Mann auf die Straße, schreit verzweifelt um Hilfe. So dramatisch endete ein brutales Geiseldrama im Hamburger Stadtteil Billstedt. Jetzt startete der Prozess gegen einen der mutmaßlichen Geiselnehmer.
Dem Angeklagten Richard G. (29) wirft die Staatsanwaltschaft eine ganze Reihe schwerer Verbrechen vor: gemeinschaftliche Geiselnahme, gefährliche Körperverletzung, Verstöße gegen das Waffengesetz und bewaffneten Drogenhandel in nicht geringer Menge.
Opfer in Wohnung gelockt – dann eskaliert alles
Laut Staatsanwaltschaft lockten Richard G. und mindestens vier Komplizen ihr Opfer aus den Niederlanden unter dem Vorwand eines Autokaufs nach Hamburg. Am Abend des 7. Juni 2025 betrat E. das Wohnhaus in der Legienstraße in Billstedt – und geriet direkt in einen Hinterhalt.
Drei maskierte Männer prügelten laut Anklage auf ihn ein, bedrohten ihn mit einer Schusswaffe, setzten einen Elektroschocker ein und warfen ihn anschließend gefesselt und geknebelt in eine Badewanne.
SEK-Beamte legen dem Geiselnehmer Richard G. auf dem Gehweg vor dem Haus in Hamburg-Billstedt Handschellen an
Foto: NEWS5
Geisel soll für Drogenschulden Kumpel locken
In den folgenden Tagen wurde E. in der Wohnung festgehalten, ohne Essen, mehrfach geschlagen und bedroht – auch direkt von Richard G. Das Ziel der Täter: E. sollte seinen Bekannten R. nach Deutschland locken – einen Mann, der offenbar Drogenschulden hatte. Unter massivem Druck schickte E. mehrere Nachrichten an ihn.
Nach acht Tagen gelang E. am 15. Juni 2025 die Flucht. Halbnackt und in Handschellen rannte er auf die Straße und schrie um Hilfe. Laut NDR trug er nur eine Unterhose.
SEK stürmt Wohnung – Zugriff mit Knallpatrone
Die Polizei rückte sofort an. Einsatzkräfte sperrten die Straße ab. Das SEK positionierte sich. Mit einer Knallpatrone stürmte das Spezialeinsatzkommando die Wohnung und legte dem Verdächtigen Richard G. Handschellen an. Auch eine Waffe wurde sichergestellt.
Schwer bewaffnet geht das Spezialeinsatzkommando in Stellung
Foto: NEWS5
Drogenlager in der Geiselwohnung
Doch damit nicht genug: G. soll in derselben Wohnung ein Drogenlager betrieben haben. Die Ermittler fanden rund vier Kilogramm Kokain, offenbar verkaufsfertig. Außerdem: eine geladene Pistole, zwei Outdoormesser und einen Teleskopschlagstock. Vieles spricht dafür, dass die Waffen der Absicherung seiner Drogengeschäfte dienten.
Der Angeklagte Richard G. mit seinem Anwalt Kai Walden
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Richard G. äußerte sich im Prozess bisher nicht. Sein Verteidiger kündigte jedoch eine Erklärung an, die frühestens Anfang 2026 zu erwarten ist. Grund: Eine neue, überraschend aufgetauchte DNA-Analyse. Dadurch sind die Akten derzeit unvollständig. Nach BILD-Informationen stehen die neuen Spuren in Verbindung mit weiteren bereits festgenommenen mutmaßlichen Tätern.