Jahrelang mussten Bahnreisende den schmutzigen und beschmierten Fußgängertunnel am Güstrower Bahnhof ertragen. Nun zeigt sich ein anderes Bild: bunte Graffiti. Junge Freizeitkünstler aus dem Jugendklub „Alte Molkerei“, dem Filmklub Güstrow und dem Kinder-Jugend-Kunsthaus haben den Tunnel gestaltet.
Auch Ernst Barlach am Güstrower Bahnhof verewigt
Tobias Stein entschied sich für ein Motiv von Ernst Barlach: den „Singenden Mann“. „Wir wollten den Tunnel Güstrow-typisch gestalten, da gehört Barlach dazu“, erklärt er. Dazu kamen seine Lieblingstiere – Mäuse und Ratten.

Tobias Stein sprühte den „Singenden Mann“ von Ernst Barlach auf eine Wand zu den Bahnsteigen 2 und 3 am Bahnhof Güstrow. (Foto: Hans-Jürgen Kowalzik)
Weitere Künstler wie Piet König, Maxi Schuhardt und Jan Erik Holm sprayten große, bunte Buchstabenkürzel, sogenannte Tags. Auf der 30 Meter langen Tunnelwand prangt jetzt der Schriftzug „Güstrow“, im „O“ ist das Schloss verewigt. Tobias Stein plant, hinter dem „W“ noch den Borwinbrunnen zu integrieren. Auch die Stadt Rostock findet sich wieder mit „Wellenbrechern“, Strandmotiven und Hansa-Fan-Wänden.

Tobias Stein, Maxi Schuhardt und Jan Erik Holm (v.l.) gehören zu den Graffiti-Künstlern, die den Bahnhofstunnel in Güstrow verschönert haben. (Foto: Hans-Jürgen Kowalzik)
Graffiti erinnert an getöteten Fabian
Ein besonders emotionales Graffiti erinnert an Fabian. Der Achtjährige verschwand am 10. Oktober. Seine Leiche wurde vier Tage später am Ufer eines Tümpels südlich von Güstrow gefunden. Fabian war zwei Jahre im Jugendklub aktiv. „Wir wollen damit Fabi gedenken“, sagt Heike Mittelstädt, Leiterin des Jugendklubs. Phillip Cerman, der das Gesicht des Jungen als Graffiti verewigt hat, ergänzt: „Mein Bruder kannte Fabian. Deshalb habe ich diese Idee gern umgesetzt.“

Auf Wunsch des Jugendklubs und der Mutter ziert ein Bild von Fabian den Tunnel. Der Achtjährige wurde im Oktober 2025 getötet. (Foto: Hans-Jürgen Kowalzik)
Die Übergabe des Tunnels stieß auf breite Zustimmung, auch bei Lothar Fetzer, Leiter des Polizeihauptreviers Güstrow, der das Graffiti-Projekt im Präventionsrat vorgestellt hatte. Die Finanzierung war anfangs unklar, da der Tunnel der Bahn gehört. Bürgermeister Sascha Zimmermann schildert die Situation: „Der Tunnel gehört der Bahn und die will ja wohl nicht unbedingt in Bilder investieren, wenn sie ganz andere Sachen baulich zu gestalten hat.“ Schließlich einigte man sich pragmatisch: Aus einem städtischen Topf für Brücken- und Bauwerksinstandhaltung kamen 5.000 Euro, die Bahn tat ihrerseits 5000 Euro dazu.
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Zimmermann betont, dass das Projekt zeigt, wie Stadt, Bahn, Polizei und Bundespolizei beim Thema Güstrower Bahnhof zusammenarbeiten, Schritt für Schritt das Ensemble aufwerten und das subjektive Sicherheitsgefühl verbessern. „Mit der Polizei schauen wir aber auch, wie wir das objektive Sicherheitsgefühl verbessern können. Dafür haben wir Arbeitsgruppen und Schwerpunktkontrollen mit der Polizei, der Bundespolizei sowie dem Kommunalen Ordnungs- und Sicherheitsdienst auf dem Bahnhof und auf dem Gelände. Das werden wir verstärken.“ Außerdem gebe es, so Zimmermann, einen Auftrag der Stadtvertretung, weitere Maßnahmen zu prüfen. Ohne den Antrag hatte der Bürgermeister schon für Ende Januar einen Termin mit der Bundespolizei vereinbart. Da soll es um Videoüberwachung und Waffenverbotszonen am Bahnhof gehen.
Dirk Beyer von der Deutschen Bahn sieht das Graffiti als größte Maßnahme der Ordnungspartnerschaft, verweist aber auch auf weiter Maßnahmen. „Wir haben nach der mangelhaften Beleuchtung sowie nach Schäden am Bahnhofsgebäude und auf dem Vorplatz geschaut und wir waren bei Waffenkontrollen dabei. Das setzen wir fort.“