Das Museum der Bildenden Künste Leipzig präsentiert in seiner neuen Sonderausstellung eine „Welt aus Fäden“. Gezeigt werden rund 50 Wandteppiche, von barocken Tapisserien bis zu monumentalen Werken der Klassischen Moderne. Zu den vertretenen Künstlern gehören unter anderem Pablo Picasso, Le Corbusier, Francisco de Goya, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Henri Matisse und Eduardo Chillida.

Jetzt besteht die Möglichkeit, die große Kunst eines Picasso, eines Jean Miró, hier ins Haus zu holen und damit einen Dialog zu dem aufzubauen, was im Haus ist.

Stefan Weppelmann
Direktor des Museum für bildende Künste Leipzig

Museumsdirektor Stefan Weppelmann sagte MDR KULTUR, er freue sich, trotz Sparkurs eine der größten Kunstausstellungen des Jahres präsentieren zu können. Die Idee zur Schau sei entstanden, weil man in der eigenen Sammlung eine Lücke festgestellt habe: „Jetzt besteht die Möglichkeit, die große Kunst eines Picasso, der eines Jean Miró, hier ins Haus zu holen und damit einen Dialog zu dem aufzubauen, was im Haus ist“, erklärte Weppelmann.

Teppiche treffen auf Neo Rauch und Max Klinger

Dementsprechend führt der Ausstellungsparcours durch alle vier Museumsgeschosse und ist in die historische Sammlung eingebettet. So hängt ein überdimensionaler Wandteppich von Tania Mouraud neben Großformaten von Neo Rauch. Auch Margret Eichers Tapisserie „Urteil des Paris“ findet sich in unmittelbarer Nähe zu Max Klingers gleichnamigen Werk.

Auf einer Museumsterrasse im Zweiten Obergeschoss mit Werken des Barock und der Renaissance ist ein Strickteppich der niederländischen Künstlerin Fanja Bouts zu sehen. Für MDR KULTUR-Kunstkritikerin Ulrike Thielmann kommentiert das Werk in der Bildsprache des Mittelalters die heutige Konsumwelt.

Kunst von Picasso bis zum DDR-Maler Willi Sitte

Die Ausstellung führt nicht nur die ästhetische Bandbreite von Wandteppichen vor Augen, sondern verknüpft zugleich verschiedene künstlerische Epochen. Kuratorin Sabine Hoffmann sagte MDR KULTUR, im Untergeschoss sei mit Henri Matisses übergroßem Bildteppich „Die Lautenspielerin“ ein typisches Werk der Klassischen Moderne vertreten. Zu sehen sind auch abstraktere Werke, etwa von Wassily Kandinsky oder Sonia Delaunay.

Im dritten Obergeschoss schlägt die Schau den Bogen zur DDR und versammelt Wandteppiche aus einer Zeit, in der es laut Museum durch staatliche Repräsentationsbedürfnisse zu einer Renaissance der Wandteppiche kam. Beispielhaft dafür stehe Willi Sittes von Picasso beeinflusster „Ikarus“ aus dem Jahr 1957.

Auch ein Werk der Halleschen Künstlerin Rosemarie Rataiczyk ist Teil der Schau. Sie betrieb eine eigene kleine Teppich-Werkstatt in der Talstraße in Halle und schuf unter anderem einen Teppich mit Tauben und Raubtieren, der ursprünglich für die DDR-Siedlung Wandlitz bestimmt war. Walter Ulbricht ließ das Werk später entfernen – nicht wegen handwerklicher Mängel, sondern weil ihn die metaphorische Aussage störte.

Ausstellung zeigt Welt der Teppiche von allen Seiten

Die Schau setzt auf eine eigens entwickelte Ausstellungsarchitektur aus freistehenden Holzgerüsten, die neue Blickwinkel auf die präsentierten Wandteppiche ermöglicht – auch auf deren Rückseiten. Laut Museumsdirektor Stefan Weppelmann hängen einige Werke frei, da die Teppiche auch von hinten spannend aussehen.

Im großen Raum des dritten Obergeschosses wird das Konzept besonders deutlich. Laut MDR KULTUR-Kunstkritikerin Ulrike Thielmann verdeutlicht ein Tapisserie-Entwurf des Bühnenbildners Hans-Jörg Hartung, warum die Schau „Welt aus Fäden“ heißt: Wandteppiche nur an die Wand zu hängen, sei heute zu simpel – eine skulpturale Ergänzung, von beiden Seiten einsehbar, sei zeitgemäß.