Er ist wieder da. Geputzt, ergänzt und grün angemalt. Auf der Lindwurmstraße, von der Innenstadt kommend, kann man ihn in Richtung Westen sehen: den restaurierten langhalsigen Drachen im ebenfalls grunderneuerten Geländer der Eisenbahnbrücke bei der U-Bahn-Haltestelle Poccistraße.

Auch die Durchfahrt unter den Gleisen ist nach wochenlanger Vollsperrung jetzt für Fußgänger und Radfahrer in beide Richtungen wieder möglich. Autos können von Mittwoch, 17. Dezember, an wieder stadtauswärts fahren. Stadteinwärts allerdings ist Geduld gefragt: Diese Fahrbahn bleibt gesperrt. Bis auf kleine Änderungen in der Verkehrsführung soll das bis August 2028 so bleiben.

Seit Juli 2024 waren das metallene Fabeltier sowie das gut 55 Meter lange Geländer in der Werkstatt von Schmiedemeister Johannes Pilz. Sein Auftrag: Die mehr als 120 Jahre alte Metallkonstruktion eingehend zu untersuchen, von alten Farbanstrichen zu befreien und nach modernen restauratorischen Gesichtspunkten zu ergänzen. „Die Sache war technisch sehr anspruchsvoll“, sagt Pilz. Es habe alles erstaunlich gut funktioniert, obwohl es dann doch einige Überraschungen für den Metallrestaurator gab.

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Auf dem Brückengeländer aus der Jugendstilzeit ranken sich mehr als 400 geschmiedete Blumen. Es sind geöffnete Blüten mit einzelnen Blättern und auch Tulpenkelche. Pilz und seine Mitarbeiterin Anna Tränkler gingen anfangs davon aus, dass sie etwas weniger als ein Viertel der floralen Ornamente ersetzen müssten. Am Ende waren es 98 Prozent, erzählt Pilz. Seine Mitarbeiterin habe sie alle nachgeschmiedet – allerdings in etwas vereinfachter Form. In jede Blume ist jetzt die Jahreszahl 2025 eingeschlagen. Ein Hinweis für die Nachwelt.

Die Restauratoren hingegen konnten sich auf keine aussagekräftige Dokumentation in den Archiven berufen. Es gibt sie schlichtweg nicht. Deshalb gossen sie Farbkrümel in Epoxidharz, betrachteten sie unter dem Mikroskop und rekonstruierten so neun Schichten inklusive einer bleihaltigen Grundierung: verschiedene Grün- und Grautöne und ein dunkles Blau, das vermutlich aus der Zeit der Olympischen Spiele in München stammte.

Im intensiven Austausch mit der Denkmalschutzbehörde wurde beschlossen, dem Geländer einen Anstrich in einem etwas dunkleren Grün zu geben. Pilz ist sich sicher: „Sonne und Regen werden die Farbe in ein paar Jahren aufhellen.“

Schmied und Restaurator Johannes Pilz mit dem Drachen vor der Restaurierung.Schmied und Restaurator Johannes Pilz mit dem Drachen vor der Restaurierung. (Foto: Robert Haas)Auch das Geländer wurde erneuert. Das Grün soll im Lauf der Jahre etwas aufhellen.Auch das Geländer wurde erneuert. Das Grün soll im Lauf der Jahre etwas aufhellen. (Foto: Johannes Pilz)

Um den Drachen – genauer gesagt: Lindwurm – stand es etwas besser als um die Blumen. Aber an Pfoten und Schwanz fanden die Restauratoren riesige Löcher. Die sind nun nach einem speziellen Klebeverfahren mit einem Edelstahlnetz sicher gestopft. Bei alten Metallarbeiten schweißt Pilz möglichst nicht, da die Legierungen das oft nicht zulassen. Das Tier ist übrigens nicht Namensgeber für die breite Straße zwischen Sendlinger-Tor-Platz und dem Sendlinger Bergerl. Der geht auf den Dermatologen Josef von Lindwurm (1824-1874) zurück. Er war etliche Jahre Direktor der Uniklinik für Innere Medizin in München.

Das aufwendig restaurierte Gitter ist nun vor allem Zierde. Da es nur 80 Zentimeter hoch ist, entspricht es nicht mehr den Vorschriften. Deshalb hängt es jetzt an einer höheren Absperrung neben den Gleisen. Zwischen diesem neuen Geländer und dem historischen fehlen noch Sichtschutzbleche, deshalb ist Pilz noch nicht ganz fertig.

Genaue Angaben über die Kosten für diese Arbeit sind von der Deutschen Bahn nicht zu erfahren. Überschlagsweise liegen sie in einem unteren bis mittleren sechsstelligen Bereich. Restaurierungsmaßnahmen seien stets teurer als eine Neuanfertigung, sagt der Metallrestaurator und antwortet auf die Fragen, ob es das denn wert sei: „So darf man nicht denken.“ Es gehe darum, etwas historisch Wertvolles zu erhalten.