Im Aufenthaltsraum leuchtet ein Schwibbogen am großen Fenster. Um zwei Tische herum sitzen zwölf Frauen und zwei Männer. Einige haben Kittelschürzen um. Sie reden, lachen. Wo bleibt denn der Plätzchenteig? Die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeservices „Mit Aussicht“ in Altenberg wollen Plätzchen formen. Die Teige dafür haben sie schon zusammengefügt, einmal Mürbeteig, einmal Mandelteig für ein italienisches Gebäck. Damit wollen sie den 9. Wettbewerb zum Plätzchenkönig auf dem Weihnachtsmarkt in Altenberg gewinnen, der am Sonnabend stattfindet. Das Motto heißt diesmal: „Mandel und/oder Marzipan“.

Neues Rezept für gestandene Hobby-Bäckerinnen

Da bringt die soziale Betreuerin Sylke Kumpf den Teig in Schüsseln aus der Küche. Drei, vier Frauen stehen sofort auf, streuen Mehl auf die Tischplatten und greifen sich Nudelhölzer. Am rechten Tisch sollen kleine Kügelchen für die Mandelkekse geformt werden. „Sind die gut so?“, fragt eine Seniorin. Ihre Nachbarin ist sich nicht sicher. „Müssten die nicht erst einmal gezuckert werden?“ Und: „Was ist mit den Löchern?“

Vom Wert guter Butter und Zutaten

Marianne Schurig rollt flink die Kügelchen. Früher hat die Rehefelderin für drei Kinder und sieben Enkel gebacken. Was sie jetzt fertigt, „kann ich nicht genau sagen. Es soll ein italienisches Mandelgebäck sein. Ob es schmeckt, werden wir dann sehen. Ich habe nicht genascht“, betont sie augenzwinkernd. Früher habe sie immer viel für Kinder, Enkel, Urenkel gebacken. „Ich habe immer sehr viel Wert auf gute Zutaten gelegt, möglichst reichlich Butter und viele Mandeln. Nicht so 0815-Zeug.“ Ihre Familie müsse dieses Jahr selber backen. „Da haben sie echt ’nen Zapfen. Vielleicht kriege ich dann auch mal ein paar zum Naschen.“

Ich habe immer sehr viel Wert auf gute Zutaten gelegt, möglichst reichlich Butter und viele Mandeln. Nicht so 0815-Zeug.

Marianne Schurig
87-Jährige über ihre Ansprüche als Bäckerin früher

Neben Marianne Schurig steht Helga Schönberger aus Geising. Sie wacht mit strengen Augen über das Backblech und ordnet die Kügelchen aus Marzipan, Eiweiß, Zucker und Zitronenabrieb ordentlich in Reihen an. Für die Backaktion hat sie extra ihre Dederonschürze aus dem Schrank geholt. „Die hab ich selbst genäht“, erzählt sie. Früher, „ach, da haben wir acht Vierpfund-Stollen beim Bäcker backen lassen. Richtig mit viel Butter. Die haben wir zu zweit gegessen. Wenn wir von Arbeit kamen, hatten wir Hunger, da schmeckte der Stollen.“

Dann widmet sich die 87-Jährige aus Geising wieder dem Gebäck. „Es wäre schon schön, wenn wir gewinnen würden. Aber ich glaube es nicht. Es gibt bestimmt Bessere. Lassen wir uns überraschen“, sagt sie. Jemand antwortet: „Klar, wir wollen gewinnen.“ Alle lachen.

Es wäre schon schön, wenn wir gewinnen würden. Aber ich glaube es nicht.

Helga Schönberger
Hobbybäckerin in Altenberg

Küchenarbeit und Ehemänner?

Am anderen Tisch helfen auch zwei Männer mit. Einer davon ist Manfred Schönberger. Der 90-Jährige muss über seine Frau Helga vom Nachbartisch lachen. „Ja, manchmal ist die Frau streng, aber lieb!“ Er erinnert sich an die Ehejahre früher: „Ich hab‘ immer die Kartoffeln geschält, abgetrocknet und gerne geholfen. Wir haben auch zusammen gebacken“, erzählt der Geisinger.

Walter Kretzschmer hat in seinen 60 Ehejahren auch in der Küche mit angepackt. „Die Frauen mussten ja arbeiten gehen, auch in Schichten. Da musste der Mann schon im Haushalt mitmachen.“ Am liebsten habe er Schnitzel zubereitet – mit krossem Rand. „So pappige Schnitzel habe ich nicht gerne gehabt, da musste der Vater die eben selber machen.“ In der Weihnachtsbäckerei habe er auch mitgeholfen, als dann die Enkel backen wollten.

Angetreten, um zu gewinnen

Die Frage zum Plätzchenwettbwerb beantwortet der gebürtige Breslauer, der jahrezehntelang in Schmiedeberg lebte, mit fester Stimme: „Wenn wir etwas machen, dann ist es mit Sieg dabei! Jeder, der etwas vom Backen versteht, der wird sagen: ‚Das ist der Stern! Etwas Besseres gibt es nicht.‘ Wenn wir in die Runde sehen, dann sind das hier alles Hausfrauen, die mit Auszeichnung Plätzchen gebacken haben.“

Jeder, der etwas vom Backen versteht, der wird sagen: ‚Das ist der Stern! Etwas Besseres gibt es nicht.‘

Walter Kretzschmer
über die Siegchancen seiner Mitbewohner

Nach einer guten Viertelstunde bringt Sozialbetreuerin Sylke Kumpf die ersten zwei Bleche mit Plätzchen und Mandelgebäck rein. Vorsichtig greifen die Senioren zu. „Hm, heiß, lecker.“ „Genau richtig und goldbraun“, ist allgemeines Lob zu hören. Nach dem Dekorieren gehen je zehn Plätzchen verpackt an die Jury, die die besten Kreationen küren wird. Wenn das Wetter mitspielt, wollen die Bewohner am Sonnabend hingehen. „Es ist ja nicht weit“, meint Marianne Schurig. Sie ist sich mit den Hobby-Bäckerinnen und -Bäckern einig: „Es hat Freude gemacht, in der Runde gemeinsam zu backen.“

Altenberg sucht den Plätzchenkönig
– Zum 9. Mal kürt Altenberg die Plätzchenkönigin oder den Plätzchenkönig.
– Preisverleihung ist am Sonnabend, 13. Dezember um 18 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Bahnhofsvorplatz.