Der letzte Weihnachtsmarkttag, erzählt Sabine Regele, sei oft ihr bester. „Spätestens da sichten die Leute, was sie an Baumschmuck haben und rennen los, um noch was zu besorgen.“ Am Stand der Regeles gibt es in Sachen Baumschmuck kaum etwas, das es nicht gibt: Basketbälle, Eishockeyspieler oder Coffee-to-go-Becher zum Beispiel – und beinahe jede Hunderasse, die je gezüchtet wurde.
Viele Stammkunden kommen am Stand der Regeles auf dem Marktplatz vorbei. Regele & Sohn gibt es dort schon seit über 60 Jahren. Damals betrieben Karl-Heinz Regeles Eltern den Stand, verkauften vor allem Bürsten und andere Haushaltsgegenstände. Irgendwann stieg der Sohn mit ein, seit 20 Jahren führt der 66-Jährige nun mit seiner Frau allein die Geschäfte.
Es gebe einige Familien, die seit Generationen auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen, sagt Dennis Hamann von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. „Derzeit findet bei vielen ein Generationswechsel statt. Die Eltern ziehen sich zurück, die Kinder – oder häufig auch die Enkelkinder – führen die Geschäfte weiter.“
Auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt bieten zwei Drittel aller Stände Spielzeug, Dekoartikel, Schmuck und andere Handwerkskunst oder Haushaltsartikel an. Ein Drittel hat Speisen und Getränke im Angebot. Die in.Stuttgart schaut, dass dieses Verhältnis auch so bleibt – auch wenn die Zahl der Bewerbungen von Händlern, die Waren anbieten wollen, rückläufig sei, während die Bewerbungen für Gastroangebote immer mehr werden.
Ob Spielzeug, Deko, Haushaltsgegenstände oder Wellnessprodukte – bei Neuzulassungen schaut die Veranstaltungsgesellschaft darauf, „ob das angebotene Produkt bereits vorhanden ist und ob der Markt auch zwei identische Stände vertragen würde“, erklärt Hamann. Bei jeder Bewerbung werde die Produktpalette ganz genau angeschaut und dann „vertraglich festgelegt, was letztendlich angeboten werden darf“. Im kommenden Jahr werden die Standgebühren von 105 auf 115,50 Euro pro Quadratmeter steigen – die Gastronomen werden deutlich stärker zur Kasse gebeten.
Auf dem Weihnachtsmarkt Stuttgart: „Alle drei Quadratmeter steht ein Fachverkäufer“
„Das schönste Kaufhaus Stuttgarts“ sei der Weihnachtsmarkt, findet Tilman Blezinger, der am Schillerplatz Namenstassen und andere Keramik aus der Weinsberger Töpferei Hasenmühle verkauft. „Und alle drei Quadratmeter steht ein Fachverkäufer.“ Hier gebe es Spezialprodukte, „die man in Stuttgart sonst gar nicht mehr kaufen kann.“ Und da könne auch das Internet nicht mit, denn „die Leute wollen die Sachen live sehen, in die Hand nehmen – und sie kommen auch wegen der persönlichen Ansprache. Die gibt es auf Temu nicht.“ Für Blezinger, dessen Vater bereits Ende der 1960er Jahre hier einen Stand hatte, ist der Weihnachtsmarkt „die letzte Bastion der Heimeligkeit“.
Tilman Blezinger und Marei Tomsu-Blezinger vom Töpferhaus Hasenmühle. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko
Dass bei der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart immer weniger Bewerbungen für Krämer- und Handwerksstände eingingen, habe vor allem demografische Gründe, sagt Dennis Hamann: „Es findet sich, wie nahezu in allen Branchen, auch hier nicht mehr so viel Nachwuchs.“ Auch Sabine und Karl-Heinz Regele würden ihr Geschäft langsam gerne in jüngere Hände geben: „Aber einen Nachfolger zu finden, ist wirklich schwierig.“