Italiens Premierministerin Giorgia Meloni hat eine Schlüsselrolle in Europa. Italien ist EU-Gründungsmitglied, G-7-Mitglied und drittgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union. Die Rechtspopulistin hat zudem ein privilegiertes Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump, der kaum eine Gelegenheit auslässt, die 48-jährige zu loben. Seit das Weiße Haus Anfang Dezember die neue Sicherheitsstrategie der USA veröffentlicht hat, ist Italiens Bedeutung für die USA noch einmal deutlicher geworden. 

Alarmistisch diagnostizierte die Trump-Administration nicht nur die „zivilisatorische Auslöschung“ der europäischen Kultur und einen bevorstehenden „Verlust nationaler Identitäten und des Selbstvertrauens“. In der US-Strategie lässt vor allem ein Satz im Hinblick auf Europa aufhorchen. Er lautet: „Wir wollen mit verbündeten Ländern zusammenarbeiten, die ihre frühere Größe wiedererlangen wollen.“ 

USA wollen vertiefte Partnerschaft zu Ungarn, Polen, Italien und Österreich

In einer längeren, später dementierten, aber deswegen nicht weniger plausiblen Version des Papiers ist sogar von einem Club privilegierter Länder mit bereits vollzogenem oder noch bevorstehendem Rechtsruck die Rede. Genannt werden Österreich, Ungarn, Polen und Italien. Die USA wollten mit jenen Ländern „stärker zusammenarbeiten – mit dem Ziel, sie von der EU loszulösen“, zitierte das US-Portal defenseone.com aus dem Text. Es ist ein beunruhigendes, teilweise Wirklichkeit werdendes Szenario. 

Vor allem in Italien trifft die amerikanische Diagnose einen Nerv. Melonis Rhetorik ist durchtränkt von dem Versprechen, Italien wieder Größe zuteil werden zu lassen. Ihre Mission sei es, „dass Italien wieder den ihm zustehenden Platz in der Welt einnimmt, stark, stolz, aufrichtig, loyal, in einem Wort angesehen“, sagte Meloni im Sommer.  

Melonis postfaschistische Fratelli d‘Italia und Trump liegen auf einer Wellenlänge

Politisch liegen die rechtsextreme Meloni und ihre postfaschistische Partei Fratelli d‘Italia mit US-Präsident Donald Trump auf einer Wellenlänge. Italiens Regierung wird von der US-Regierung als Modell im Kampf gegen illegale Migration, gegen eine vermeintlich linke Kulturhegemonie und für ihr Eintreten für traditionelle Werte gepriesen. „Die italienische Regierung erfüllt alle erforderlichen Voraussetzungen und wird daher als trojanisches Pferd wahrgenommen, das es den Vereinigten Staaten ermöglicht, seinen Einfluss in Europa geltend zu machen“, schreibt die Zeitung Il Fatto Quotidiano. 

Italiens langsames Abrücken von der EU zeigt sich vor allem in der Ukraine-Politik. Obwohl Meloni formal die Position der EU unterstützt, schloss sie sich nicht der sogenannten Koalition der Willigen an. Die italienische Regierung ist seither nicht mehr unmittelbar an den Gesprächen der führenden europäischen Nationen über die Ukraine beteiligt. Im Laufe des Jahres berieten sich Frankreich, Großbritannien und Deutschland mehrfach im E3-Format – ohne Italien. 

Meloni und Selenskyj stimmen sich direkt ab

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist Meloni dennoch ein wichtiger Gesprächspartner, nicht zuletzt wegen ihrem privilegierten Zugang zu Trump. Meloni und Selenskyj stimmten sich vergangenen Dienstag in Rom ab. Offiziell hob Meloni nach dem Gespräch die Bedeutung der „Einigkeit zwischen europäischen amerikanischen Partnern“ hervor. Hinter den Kulissen nahm die Premierministerin aber eher Trumps Position als diejenige der Europäer ein.

Berichten zufolge soll Meloni Washingtons Eile bei den Gesprächen teilen und Selenskyj auf „schmerzhafte Zugeständnisse“ eingestimmt haben, etwa im Hinblick auf territoriale Zugeständnisse im Donbas. Meloni übe „moralischen Druck“ auf den ukrainischen Präsidenten aus. Das dürfte ganz im Sinne Washingtons (und auch Moskaus) sein. Von einer gemeinsamen EU-Strategie kann deshalb keine Rede mehr sein.

Dabei weiß die italienische Regierungschefin um die wirtschaftliche Bedeutung der europäischen Integration für Italien. Das Land profitierte wie kein anderer Staat vom Pandemie-Fonds der EU, Italiens Einbindung ist eine Garantie für die hohe Staatsverschuldung, ein formeller EU-Austritt ausgeschlossen. Die Ministerpräsidentin sagte es im März so: „Die Idee, zwischen den USA und Europa wählen zu müssen, ist kindisch und oberflächlich.“ 

Und dennoch gibt es weitere Anzeichen für eine Verschiebung der Prioritäten. Matt Schlapp, Vorsitzender der Conservative Political Action Conference, eine Schlüsselfigur in Trumps Bewegung, versucht derzeit eine große Konferenz in Italien zu organisieren. Wie es heißt, bemüht sich Schlapp um Finanzierungshilfen der Regierung Meloni. Sie wird sich überlegen müssen, wie weit sie auf die Avancen aus Washington eingehen will.

  • Julius Müller-Meiningen

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