In Berlin gehen die Verhandlungen ohne russischer Beteiligung um ein Ende des Ukraine-Kriegs weiter. In Brüssel beraten die EU-Außenminister über Sicherheitsleistungen für die Ukraine.

Das diplomatische Ringen um ein Ende des Ukraine-Kriegs geht heute, Montag, in Berlin auf höchster Ebene weiter. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij und die vom Sondergesandten Steve Witkoff angeführte US-Delegation wollen ihre intensiven Gespräche fortsetzen. Am Abend steht ein europäisches Spitzentreffen unter anderem mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britischen Premierminister Keir Starmer an.

Die US-Seite hatte sich am Sonntagabend nach mehrstündigen Gesprächen mit der ukrainischen Delegation im Kanzleramt positiv geäußert. Es seien „viele Fortschritte“ erzielt worden, schrieb Witkoff auf der Plattform X. Der 20-Punkte-Friedensplan, Wirtschaftsthemen und andere Fragen seien intensiv erörtert worden. Man werde sich am Vormittag wieder treffen. Zur US-Delegation gehört auch der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner.

Über welche Vorschläge beide Seiten im Detail verhandelten, war öffentlich zunächst nicht bekannt. Selenskij verließ das Kanzleramt nach etwa fünfeinhalb Stunden wieder. Beide Seiten erklärten, die Gespräche sollten am heutigen Montag fortgesetzt werden. In welchem Format war zunächst unklar.

Es gehe bei den aktuellen Gesprächen weiterhin um die zentralen Fragen der von Russland geforderten Gebietsabtretungen, die Sicherheitsgarantien für Kiew und um die Frage der Verwendung der in der EU eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank, hieß es.

Russland nimmt nicht an den Gesprächen teil. Sollte es demnächst einen zwischen den USA, der Ukraine und den Europäern abgestimmten Friedensplan geben, wird zunächst weiter völlig offen sein, ob und inwieweit Moskau den Vorschlägen zustimmen wird. Vor den jüngsten Gesprächen hatte sich Russland eher argwöhnisch geäußert. Die Beiträge der Europäer und der Ukraine zu Trumps Friedensplan würden „wohl kaum konstruktiv sein“, meinte der außenpolitische Berater von Kremlchef Wladimir Putin, Juri Uschakow.

Selenskij wird auch vom deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) empfangen, am Nachmittag werden Merz und Selenskij bei deutsch-ukrainischen Wirtschaftsgesprächen erwartet. Für den Abend hat Merz europäische Staats- und Regierungschefs sowie Spitzen von EU und Nato ins Kanzleramt eingeladen, um über den Stand der Ukraine-Gespräche zu beraten.

Die EU-Außenminister kommen am Montag unterdessen in Brüssel zusammen, um unter anderem über Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu beraten. Auf der Agenda steht zudem die Situation im Nahen Osten sowie das Verhältnis zu China. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) wird ebenfalls teilnehmen. In den Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs werden derzeit auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine für die Zeit nach dem Krieg diskutiert. Dabei ist nach wie vor unklar, wie diese konkret aussehen könnten. Mit Blick auf den Nahen Osten werden die Minister mögliche europäische Unterstützungsmaßnahmen für den Friedensprozess im Gazastreifen erörtern.

Weiters wollen die Ministerinnen und Minister weitere Verschärfung des Vorgehens gegen die sogenannte russische Schattenflotte beschließen. Nach Angaben von Diplomaten sollen etwa 40 weitere Tanker auf die Liste mit Schiffen kommen, die nicht mehr in europäische Häfen einlaufen und nicht mehr versichert werden dürfen. Zudem sind Sanktionen wie Vermögenssperren gegen Akteure vorgesehen, die den Betrieb der Schattenflotte unterstützen.

Weiterhin ist geplant, die Aufnahme von Gesprächen mit solchen Staaten zu vereinbaren, unter deren Flagge die Schattenflotten-Schiffe registriert sind. Sie sollen im Idealfall ihr Einverständnis geben, dass Tanker von Marinekräften aus EU-Ländern kontrolliert werden dürfen.

Auf dem Weg nach Berlin hatte Selenskij einen kleinen Einblick in die aktuellen Verhandlungspositionen der ukrainischen Seite gegeben. Demnach sei es derzeit aussichtslos als Sicherheitsgarantie auf einem Nato-Beitritt zu beharren. Als neues Verhandlungsziel gab er daher verbindliche „bilaterale Sicherheitsgarantien“ mit den USA und anderen Ländern aus.

Die Garantien sollten dabei in etwa dem Artikel fünf des Nato-Vertrages entsprechen, also zumindest die Möglichkeit eines direkten militärischen Beistands im Falle einer erneuten russischen Invasion eröffnen. „Das ist bereits ein Kompromiss von unserer Seite“, teilte Selenskij mit.

Kiew kann sich Selenskij zufolge nicht erlauben, an ein Scheitern des derzeitigen Verhandlungsprozesses zu denken. Falls dieser doch scheitere, dann „müssen wir uns zusammenreißen, einen anderen Weg finden und erneut alles dafür tun, dass dieser Krieg endet“, sagte der Präsident.

Geht es nach der deutschen Wirtschaft, sollen Ukraine-Hilfen künftig stärker an Aufträge für heimische Firmen geknüpft werden. „Deutschland und die EU geben sehr viel Geld für die Ukraine, und dann gewinnen am Ende oft chinesische, indische und türkische Firmen die Ausschreibung, weil die nur nach dem Preis geht“, sagte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses, Michael Harms, im Gespräch mit „Politico“. „Wir würden als deutsche Wirtschaft an unseren Hilfen für den Wiederaufbau gern stärker partizipieren.“ Andere Länder seien hier cleverer. Die stärkere Lieferbindung der Hilfen ist eine Forderung an die Politik anlässlich des 8. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforums in Berlin an diesem Montag. Es gehe auch um transparentere Ausschreibungen in der Ukraine. „Da beschweren sich viele deutsche Firmen“, berichtete Harms. Deutschland habe genug Einfluss, um in der Ukraine „entsprechend einzuwirken“.

Die Wirtschaftsbeziehungen zur Ukraine seien ein großer Erfolg. Die deutschen Exporte in die Ukraine seien bis Oktober 2025 „noch einmal um 14 Prozent gewachsen“, sagte Harms. Dabei gehe es um mehr als Waffen. „Der Export wächst auch, wenn man ausschließlich zivile Güter betrachtet“, betonte er.

Selenskij betonte dabei, dass es derzeit keinen direkten Dialog mit der russischen Seite gebe. Vielmehr übermittle die amerikanische Seite, die russischen Positionen. Kiew wiederum bespreche mit den USA nicht nur die bilateralen Beziehungen, sondern auch die ukrainische Reaktion auf die „Signale der Russen“. Kompromisse von der russischen Seite seien nur zu erwarten, wenn die USA und andere Verbündete Druck ausübten.

Washington versucht seit November, den seit fast vier Jahren andauernden russischen Angriffskrieg mit einem neuen Friedensplan zu beenden. Die erste Fassung des Plans wurde von Kiew und den Europäern als viel zu russlandfreundlich kritisiert. Nach verschiedenen Verhandlungsrunden kam es zu neuen Entwürfen des vorgeschlagenen Friedensplans. (APA/DPA/Reuters)

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